Es lebe das Tiki-Taka!
Am 21. September 2013 gelang Rayo Vallecano im Liga-Heimspiel gegen den FC Barcelona etwas, das Barcas Gegnern in 315 Spielen zuvor in Folge nicht vergönnt war: das Ballbesitz-Monopol der Katalanen zu brechen. 48 Prozent Ballbesitz für Barcelona wies die Statistik am Ende des Spiels aus. Zuletzt war Real Madrid im Mai 2008 in einem Spiel länger am Ball als Barca; damals standen die Königlichen bereits als spanischer Meister fest.
Das Ende des Tiki-Taka wurde in sämtlichen spanischen Medien beschworen. Eine Übertreibung, die den wahren Gegebenheiten nicht entspricht. Zum einen gehört Rayo Vallecano zu den Mannschaften mit dem meisten Ballbesitz in ganz Europa. In dieser Saison liegen die Madrider Vorstädter bei 63 Prozent - der zweithöchste Wert in Spanien.
Bereits in den letzten beiden Jahren kam Rayo im direkten Duell mit Barca zuhause an die 50-Prozent-Marke heran. Insofern ist der Wert vom 21. September keineswegs revolutionär.
Zum anderen handelt es sich dabei um eine absolute Ausnahme. Barcelona hat in Spanien weiterhin das Monopol auf den Ballbesitz: durchschnittlich 68 Prozent in den ersten neun Ligaspielen.
Martino hat den Ballbesitz orientierten Fußball keineswegs abgeschafft. Das würde auch seine Philosophie konterkarieren. "Meine Spieler sollten immer den Ball haben", sagte er vor Saisonbeginn.
40 Prozent mehr Torchancen
Martino hat das Tiki-Taka nicht eingestampft - er hat es modifiziert. Der FC Barcelona geht weniger verschwenderisch mit seinem Ballbesitz um und sucht stattdessen häufiger das Risiko des finalen Passes. In der letzten Saison erspielte sich Barca in der Primera Division durchschnittlich zehn Torchancen pro Spiel, in dieser Saison sind es bislang 14 - eine Steigerung von 40 Prozent.
Martinos Plan, mehr Risiko im letzten Drittel zu gehen, verursacht per se mehr Fehlpässe und eine kürzere Ballbesitzzeit als zu früheren Barca-Zeiten. "Es kann schon sein, dass wir vielleicht etwas weniger den Ball haben, aber wir produzieren dafür mehr Torchancen", sagt Andres Iniesta.
Er und Xavi bilden nach wie vor das Schaltzentrum im Mittelfeld. Einen Angriff, an dem weder Xavi noch Iniesta beteiligt ist, gibt es Barca nicht. Beide weisen in etwa die gleiche Pass-Statistik wie in der Saison 2012/13 auf. Da Iniesta der offensivere der beiden ist, bestreitet er auch deutlich mehr Zweikämpfe.
Die bisherige Saisonbilanz von Xavi und Iniesta
Martino hatte nie vor, das Spiel des FC Barcelona zu revolutionieren. Er hat lediglich nach Details gesucht, um das Spiel wieder unberechenbarer zu machen. "Meine Aufgabe war und ist es, Alternativen zu schaffen, damit wir nicht vorhersehbar sind", sagte der Coach.
Hierzu gehört auch mal ein langer Ball, wie bei Neymars Torchance nach dem Sprint in den Raum dargestellt. Die Erkenntnis der ersten Spiele unter Martino ist aber: Barca spielt grundsätzlich keinen anderen Fußball. Sie haben ihr Portfolio nur um ein paar Dinge erweitert. Alles Dinge, die den FC Barcelona wieder ein Stück besser machen sollen.