SPOX und Goal beantworten die wichtigsten Fragen zum Chelsea-Eklat.
Kepa-Eklat: Was war passiert?
Es lief die Schlussphase der Verlängerung, als sich Chelseas Ersatzkeeper Willy Caballero bereit machte zur Einwechslung. Arrizabalaga aber weigerte sich vehement gegen seine Auswechslung, wollte unbedingt im Elfmeterschießen zwischen den Pfosten stehen. Sarri gefiel das gar nicht, hatte sich Arrizabalaga doch noch kurz zuvor minutenlang von Chelseas Ärzten behandeln lassen und den Eindruck erweckt, körperlich nicht mehr voll auf der Höhe zu sein.
Sarris Entscheidung pro Caballero fußte außerdem auch auf taktischen Gründen: Der Argentinier hatte bereits im Carabao-Cup-Finale 2016 drei Strafstöße gehalten und seinem Team damit den Titel gesichert - damals ausgerechnet noch im Trikot von Manchester City.
Da Arrizabalaga jedoch immer wieder mit erhobenem Finger deutlich machte, er werde den Platz nicht verlassen, platzte Sarri der Kragen. Wütend stapfte der 60 Jahre alte Übungsleiter aus Italien zur Bank, riss sich seine Jacke fast kaputt, lief in die Katakomben, kam wieder zurück.
Ein beispielloses Tohuwabohu - ohne Happy End. Die Blues verloren das Elfmeterschießen mit 3:4, Sarri und sein Keeper würdigten sich keines Blickes mehr. Nationalspieler Antonio Rüdiger musste seinen fuchsteufelswilden Vorgesetzten sogar davon abhalten, auf den Torwart loszugehen.
Kepa-Auswechslung: Warum griff der Schiedsrichter nicht ein?
Ganz einfach: Er hatte nicht das Recht dazu. In Regel 3 der offiziellen Spielregeln der FIFA heißt es unter Punkt 3 ("Auswechselvorgang"): "Weigert sich ein Spieler, der ausgewechselt werden soll, das Feld zu verlassen, läuft die Partie weiter."
Chelsea: Wie reagierten die Beteiligten?
Nachdem sich die erhitzten Gemüter im Wembley ein wenig beruhigt hatten, spielten sowohl Sarri als auch Arrizabalaga den Eklat herunter, sprachen unisono von einem "großen Missverständnis".
"Es war zu keinem Zeitpunkt meine Absicht, den Anweisungen des Trainers nicht Folge zu leisten. Der Trainer dachte einfach, dass ich nicht weitermachen kann und ich habe im Prinzip nur versucht zu erklären, dass es mir körperlich gut geht", lautete die Erklärung des 24-jährigen Spaniers.
Sarri nahm Arrizabalaga sogar in Schutz: Das Benehmen des Schlussmannes sei zwar nicht korrekt gewesen, aber er "hatte Recht, dass er weitermachen konnte". Stattdessen habe er, Sarri, sich nicht richtig verhalten: "Ich muss jetzt mit ihm reden."
Kepa-Eklat: Wie reagierten die Außenstehenden?
Die englische Presse sah in dem Vorfall alles, nur kein als Missverständnis ausgelegtes Kommunikationsproblem. "Furchtbar", "peinlich" und "respektlos" betitelten die Zeitungen die Geschehnisse in der Verlängerung.
"Kepa sollte nie wieder für Chelsea spielen", forderte Ex-Blues-Profi Chris Sutton. "Es ist widerlich. Wie soll er so ein Vorbild für Kinder sein?" Der Torhüter habe Sarri "vor der ganzen Welt zum Trottel gemacht", urteilte die englische Stürmer-Legende Alan Shearer. Chelsea-Legende John Terry meinte: "In dem Moment, wenn deine Nummer auf der Auswechseltafel angezeigt wird, musst du ein bisschen Respekt zeigen, dann gehst du raus. Um alles andere kannst du dich hinterher kümmern."
Einer der wenigen, die auch für Verständnis für Arrizabalaga äußerten, war Jose Mourinho, der das Spiel für DAZN Spanien als Experte kommentiert hatte. "Mit so einer Aktion will ein Spieler seine Persönlichkeit und sein Selbstvertrauen zeigen, er will zeigen, dass er da ist und im Elfmeterschießen Bälle parieren will. Das mag ich", sagte der portugiesische Star-Coach.
Da Mourinho bei Chelsea aber einst selbst Probleme mit seinen Spielern bekommen hatte, rügte er Kepa auch: "Er bringt seinen Trainer in eine schwierige Situation. Das hat mich traurig gemacht."
Welche Folgen hat der Eklat für Arrizabalaga?
Bis auf ein gestrichenes Wochengehalt keine. Wenngleich er die Öffentlichkeit, speziell einen Großteil der Chelsea-Fans, verärgert hat, ist eine sportliche Strafe nach Informationen von SPOX und Goal ausgeschlossen. Darauf deutete auch bereits das bizarre, möglicherweise von oben herab angeordnete Eingeständnis von Sarri hin, er und nicht etwa Arrizabalaga sei der Schuldige an dem Wirrwarr.
Da sich die Blues zum einen in einer schwierigen sportlichen Situation befinden und zum anderen mit dem 37 Jahre alten Caballero keinen gleichwertigen Ersatz in der Hinterhand haben, dürfte Arrizabalaga auch im nächsten Premier-League-Spiel gegen Tottenham Hotspur (Mittwoch ab 21 Uhr LIVE auf DAZN und im LIVETICKER) an der Stamford Bridge ganz normal zwischen den Pfosten stehen.
Arrizabalaga, im vergangenen Sommer für die Torhüter-Rekordsumme von 80 Millionen Euro von Athletic Bilbao verpflichtet, muss keinerlei Konsequenzen für seine Karriere befürchten. Wohl auch deshalb blieb er so stur, als gegen City seine Nummer auf der Auswechseltafel aufleuchtete.
Welche Folgen hat der Eklat für Sarri?
Die BBC formuliert es treffend: "Dass Sarri jetzt so tut, als sei gar nichts passiert und alles nur ein Missverständnis, spricht für ihn, aber das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Die Aktion war eine sehr schmerzliche, öffentliche Demütigung und wird als solche sicherlich auch in der Vorstandsetage Chelseas vermerkt worden sein."
Der seit Wochen in der Kritik stehende Coach des Tabellensechsten ist der große Leidtragende des Kepa-Eklats. Die Aktion des Keepers steht sinnbildlich für Sarris Mangel an Autorität in der Kabine. Das Spiel gegen Tottenham wird maßgeblich über seine Zukunft entscheiden.
Dass Chelsea gegen City gut mithielt, war eigentlich der Beweis dafür, dass die Mannschaft nicht gegen ihn spielt. Eine weitere empfindliche Niederlage könnte sein Aus aber besiegeln. "Dafür hat er im neuen Jahr einfach zu viele Punkte liegen lassen", sagt Nizaar Kinsella, Chelsea-Korrespondent von Goal: "Die Laune bei Chelsea ist im Keller. Sarri steht unter Druck, der Klub droht die Champions-League-Qualifikation zu verpassen."
Nach gutem Saisonstart stehen die Blues derzeit auf Rang sechs, drei Punkte hinter dem Vierten Arsenal, hat aber ein Spiel weniger ausgetragen. Allerdings hat man drei der letzten vier Ligaspiele verloren.