Thomas Müller stand im weißen DFB-Trikot mit der Nummer 13 und mit einiger Wehmut auf dem Sportplatz des TSV Pähl. Dort, wo vor gut 30 Jahren "die riesige Begeisterung für den Fußball begonnen hat", beendete der Weltmeister von 2014 nun auch seine beeindruckende Karriere in der deutschen Nationalmannschaft.
"Als ich vor über 14 Jahren mein erstes Länderspiel absolvieren durfte, hätte ich mir all das nicht erträumen lassen. Nach 131 Länderspielen mit 45 Toren sage ich dem Bundesadler heute Servus", teilte der 34-Jährige am Montag in einer emotionalen Videobotschaft mit, die er mit schwarz-rot-goldenen Herzchen-Emojis unterlegte.
Es ist längst keine Überraschung mehr, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann nach Toni Kroos auch den nächsten Rio-Helden verliert.
Dass seine Zeit gekommen ist, hatte Müller schon nach dem schmerzvollen Aus im Viertelfinale der Heim-EM gegen Spanien (1:2 n.V.) angedeutet - und nun den Abschied im DFB-Team endgültig vollzogen. Beim FC Bayern hat die Vereinsikone dagegen noch ein Jahr Vertrag.
Nagelsmann und Völler verneigen sich vor Müller
Seine Entscheidung sorgte beim DFB für die ein oder andere Träne. "Keiner ist wie Thomas Müller. Seinen Wert für den deutschen Fußball kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Mit Thomas hat jedes Team neben einem Topstürmer immer auch ein Gesicht bekommen, einen vorbildlichen Charakter", lobte Sportdirektor Rudi Völler.
Nagelsmann würdigte den sympathischen und bodenständigen Bayern als "leidenschaftlichen Profi, der für den Fußball noch immer genauso brennt wie am ersten Tag". Müller sei "Anführer, Vorbild, Identifikationsfigur" gewesen: "Wir werden ihn sehr vermissen."
Es habe im Nationalteam, betonte Müller, "großartige Siege und bittere Niederlagen" gegeben: "Manchmal am Boden zerstört, um dann wieder aufzustehen - im Wettkampf mit den besten Spielern der Welt und an der Seite von fantastischen Mitspielern, mit denen ich viele unvergessliche Momente erlebt habe."
Müller bei den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 überragend
Müller nahm an vier Welt- und Europameisterschaften statt - mit dem Höhepunkt, "den WM-Pokal in die Luft zu strecken". Besonderen Wert legte er aber auch auf die Beziehung zu den Fans, deren "Zuneigung" er immer gespürt habe.
"Das hat mich immer sehr stolz gemacht." Und nun? "Nehmt die Begeisterung dieser EM mit und drückt dem Team auf dem Weg zur WM 2026 die Daumen", forderte Müller: "Das mache ich auch, als Fan auf der Tribüne."
Das hatte Müller schon im März 2019 vor, doch der damalige Bundestrainer Joachim Löw holte ihn nach der zwischenzeitlichen Ausbootung zur EM 2021 noch einmal zurück. Ein EM-Tor blieb ihm bei seinen 17 Einsätzen verwehrt, seine Bühne war ohnehin die WM.
Zumindest 2010 und 2014. Beim Debüt auf der Weltbühne holte sich der unbekümmerte Himmelsstürmer mit erst 20 Jahren als Torschützenkönig sogar den goldenen Schuh. Doch Müller gehörte auch den Mannschaften an, die 2018 und eben 2022 krachend in der Gruppenphase scheiterten.
Kroos über Müller: "Glaube, dass er Trainer wird"
Bei der Heim-EM reichte es bei zwei Kurz-Einsätzen nur noch zu einem Assist, Müller stand eher am Rand - und war doch mittendrin.
"Er hat einen Blick für das große Ganze", sagte Nagelsmann über den "verlängerten Arm" des Trainerteams. Zudem ging es Müller stets darum, "Spaß vorzuleben und Lockerheit reinzubringen".
Das wird er künftig nur noch bei "seinem" FC Bayern tun. Das "Finale dahoam 2.0" in der Champions League ist sein letztes großes Ziel. Danach haben DFB und Bayern großes Interesse, ihn in anderer Funktion einzubinden.
Kroos wüsste auch schon, wie. "Ich glaube", sagte er am Rande der EM, "dass er Trainer wird, weil er das Spiel versteht und weil er Bock auf Fußball und Erfolg hat." Den Startschuss gab es einst beim TSV Pähl.