Ohne Torjäger ist für Spanien wieder früh Schluss
Wirft man ein Blick auf die Statistiken, könnte man annehmen, der EM-Auftakt sei den Spaniern an diesem Abend in Sevilla durchaus geglückt. Die Zahlen zeugen von einer Rückkehr zu Tugenden, die sie einst zur besten Nationalmannschaft der Welt gemacht hatten.
419 erfolgreiche Pässe in der ersten Halbzeit und 85,1 Prozent Ballbesitz insgesamt: Beides sind EM-Bestwerte seit Beginn der Datenerfassung 1980. Doch einmal mehr zeigte diese Partie, dass nur Ballbesitz und dominante Spielweise keine Spiele entscheiden. Die Tore, sie fehlten der Furia Roja.
Chancen hatten die Spanier mehr als genug. Nach einer Viertelstunde war es Leipzigs Dani Olmo, danach der zweifache Koke und der freistehende Alvaro Morata, die den Ball nicht über die Torlinie bekamen. Vor allem der 28-jährige Morata agierte erneut unglücklich.
Bereits in den vergangenen Wochen wurde er von den spanischen Fans aufgrund seiner ausbaufähigen Chancenverwertung kritisiert und sogar als personifizierter Sündenbock ausgepfiffen. Der Atletico-Angreifer, der auf Leihbasis bei Juventus Turin spielt, hatte in der vergangenen Saison in 44 Spielen immerhin 20-mal getroffen. Mit 19 Länderspieltoren ist er außerdem der erfolgreichste Spanier im Kader vor Verteidiger Jordi Alba (8).
Nationaltrainer Luis Enrique nahm ihn nach 66 Minuten vom Feld und probierte es acht Minuten lang ohne eine echte Spitze. Da in dieser Zeit keine Chance entstand, reagierte er erneut und wechselte Villarreals Gerard Moreno ein. Der 29-Jährige machte im schwedischen Sechzehner eine Menge Alarm, dennoch verpasste auch er die Chance auf das Siegtor. Er hat sich aber wohl vorerst in der Rangordnung vor Morata gespielt und könnte im zweiten Gruppenspiel starten.
Rückendeckung erhielt Morata derweil von Innenverteidiger Aymeric Laporte: "Du darfst einen solchen Stürmer wie Alvaro nicht anzweifeln. Er hat es schon allen gezeigt. Er wird nächstes Mal drei Tore schießen und alle Kritiker verstummen lassen." Morata befindet sich dennoch vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Polen an einem Scheideweg.
Seine Flaute fällt aktuell auch deshalb so ins Gewicht, weil in der Hochzeit des Tiki-Taka noch offensive Mittelfeldspieler wie Cesc Fabregas, Andres Iniesta und David Silva die fehlenden Stürmertore im Falle einer Flaute von David Villa oder Fernando Torres wettmachten. Doch diese offensiven Zentrumsspieler mit eingebauten Torjägerqualitäten gibt es nicht mehr in Hülle und Fülle im spanischen Kader.
Das Remis gegen die Schweden zeigte: Ohne Torjäger ist für Spanien wie schon so oft in den vergangenen neun Jahren früh Schluss. Nach dem EM-Sieg 2012 wäre es die Fortsetzung einer sportlicher Talfahrt (Gruppenaus bei der WM 2014, Achtelfinal-Aus bei EM 2016 gegen Italien und Achtelfinal-Aus bei der WM 2018 gegen Gastgeber Russland).
Spanien - Schweden: Die Statistiken
Spanien | Statistik | Spanien |
17 | Schüsse insgesamt | 4 |
5 | Schüsse aufs Tor | 1 |
6 | Ecken | 1 |
7 | Fouls | 11 |
47 | Gewonnen Zweikämpfe | 30 |
61.0% | Zweikampfquote | 39.0% |
917 | Pässe insgesamt | 161 |
90.5% | Passgenauigkeit | 55.3% |
85.1% | Ballbesitz | 14.9% |