Vor 48.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion in Danzig erzielten Philipp Lahm (39.), Sami Khedira (61.), Miroslav Klose (68.) und Marco Reus (74.) die Tore für die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw. Georgios Samaras (55.) traf für Griechenland zum zwischenzeitlichen Ausgleich, Dimitris Salpingidis traf kurz vor dem Ende per Elfmeter zum Endstand (89.).
Mit 34 Jahren und 13 Tagen ist Miroslav Klose in seinem 120. Länderspiel nun ältester deutscher Torschütze bei einer EM-Endrunde geworden.
Reaktionen:
Joachim Löw (Bundestrainer Deutschland): "Das war eine Klasseleistung. Wir können stolz sein auf die Mannschaft. Griechenland ist ein kurioses Team: Sie hatten wieder eine Chance und machen zwei Tore. Wir sind nach dem 1:1 nicht hektisch geworden. Und die Tore sind dann fast zwangsläufig gefallen. Für uns war es heute der Tag der Veränderungen. Ich wollte nach drei Siegen frischen Wind rein bringen. Es war heute reif, was zu verändern. Ozil hat absolut klasse gespielt. Er hat die wichtigen Impulse gesetzt."
Fernando Santos (Trainer Griechenland): "Ich möchte den Deutschen gratulieren. Das deutsche Team war richtig gut, sie haben das Spiel klar bestimmt. Wir hätten uns ein paar Chancen mehr
herausspielen können. Die Deutschen hatten mehr Ballbesitz und haben uns unter Druck gesetzt."
Philipp Lahm (Linksverteidiger Deutschland): "Wir haben es uns unnötig schwer gemacht. Wir hatten Riesenmöglichkeiten. Wir gehen dann 1:0 in Führung und schenken es wieder her. Wir können uns freuen, dass wir noch die Tore gemacht haben und im Halbfinale stehen. Wir haben sehr, sehr gut angefangen. Miro hat sein Tor gemacht, Marco hat sein Tor gemacht. Wir können zufrieden sein."
Marco Reus (Mittelfeldspieler Deutschland): "Wir sind glücklich, dass wir gewonnen haben und eine Runde weiter sind. Wir haben verdient gewonnen. Der Bundestrainer hat mir signalisiert, dass meine Chance kommen würde. Der Sieg wird uns nochmals viel Selbstvertrauen geben."
Miroslav Klose (Stürmer Deutschland): "Ich habe mich gefreut, das Tor gemacht zu haben. In der ersten Halbzeit haben wir super kombiniert, das hat schon sehr nach Fußball ausgeschaut. Mich hat's sehr gefreut, dass ich von Anfang an spielen durfte. Unsere Bank ist schon sehr, sehr stark. Das zeichnet unsere Mannschaft aus."
Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Glückwunsch, weiter so. Es war wie immer aufregend. In der Anfangsphase habe ich gebibbert. Aber dann habe ich den Eindruck gehabt, dass die deutsche Mannschaft überlegen war."
Wolfgang Niersbach (DFB-Präsident): "Wir freuen uns über den Sieg und können alle stolz auf diese Mannschaft sein. Für mich war es eine persönliche Freude, zwischen der Kanzlerin und dem Innenminister eingequetscht zu sein. Die Mannschaft hat es einfach verdient, beim fünften Turnier unter den letzten vier Mannschaften zu sein. Das ist natürlich noch nicht das Ende, wir werden bis zum kommenden Donnerstag abwarten. Über den Gegner zu spekulieren ist müßig, so oder so werden wir ein spannendes Spiel sehen."
Sokratis (Griechenland): "Wir spielten gegen eines der besten Teams - nicht nur heute, sondern in den letzten fünf Jahren. Okay, wir haben zwei Tore gemacht, aber vielleicht hätten wir etwas vorsichtiger agieren sollen. Wir danken allen Griechen und hoffen, dass wir ihnen schöne Momente bereitet haben. Wir werden noch viele Turniere machen und hoffentlich immer besser werden. Es ist schon eine große Leistung, unter die ersten Acht Europas zu kommen: Denken Sie mal an Holland, ein so gutes Team ist so früh ausgeschieden."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff:
Vier Änderungen im deutschen Team: Boateng kehrt nach seiner Gelbsperre für Bender auf die Rechtsverteidigerposition zurück. Zudem spielen Klose, Reus und Schürrle für Gomez, Müller und Podolski.
Griechenland ersetzt den gesperrten Kapitän Karagounis durch Makos, Ninis rückt für Gekas ins Team. Die Binde trägt Katsouranis.
4.: Khedira schießt aus 17 Metern, Sifakis lässt nach vorne abprallen und Klose staubt ab. Beim Schuss stand der Angreifer aber im Abseits - zu Recht kein Treffer.
11.: Zuckerpass von Khedira aus dem Mittelfeld in den Lauf von Reus, der am Strafraum freie Schussbahn hat. Doch der Ball rutscht ihm über den linken Schlappen und geht neben das Tor.
23.: Schnelle Kombination über Klose und Reus, der dann Özil freispielt. Frei vor Sifakis schiebt er einen Flachschuss aber aus acht Meter in die Arme des Keepers.
25.: Wieder Reus: Dieses Mal zieht er aus 14 Metern mit Dampf ab, die Kugel geht knapp am rechten Pfosten vorbei.
32.: Ninis hat am rechten Flügel zu viel Platz und hält vor dem Strafraumeck drauf. Neuer taucht ab und lässt den Flachschuss abklatschen.
39., 1:0, Lahm: Lahm zieht von links in die Mitte und schließt aus 18 Metern mit rechts ab. Der Ball flattert, dreht vom Gehäuse weg und schlägt im langen Eck ein.
55., 1:1, Samaras: Fehlpass Schürrle und Konter über Salpingidis, der von rechts nach innen flankt. Samaras ist vor Boateng am Ball und schiebt aus kurzer Distanz ein.
61., 2:1, Khedira: Özil legt rechts rüber zu Boateng. Dessen Flanke auf den Elfmeterpunkt verfehlt Klose, doch Khedira kommt mit Tempo angerauscht und haut die Kugel per Spannschuss unter die Latte.
68., 3:1, Klose: Fresitoß Özil auf Höhe der rechten Eckfahne. An der Fünfmeterraumlinie ist Klose vor Sifakis und Papadopoulos am Ball und köpft ein.
74., 4:1, Reus: Özil mit einem klasse Zuspiel in den Lauf von Klose. Der scheitert jedoch frei vor Sifakis am Schlussmann, doch den Abpraller knallt Reus volley aus zwölf Metern an die Unterkante der Latte, von wo der Ball ins Tor springt.
89., 4:2, Salpingidis (Elfmeter): Flanke Torosidis von links, der Ball springt Boateng an den Arm. Salpingidis schiebt ins rechte Ecke ein.
Fazit: Verdienter Sieg für das deutsche Team, das die Partie in Teilen der zweiten Halbzeit unnötig spannend machte. Griechenland war offensiv zu schwach, um mehr als ein Tor zu erzielen.
Der Star des Spiels: Mesut Özil. Startete gut in die Partie, war sofort viel in Bewegung und wählte die richtigen Räume. Rochierte auch viel auf die Seitenlinien. Von dort zog er sein Tempo auf oder passte die Kugel in die Tiefe. Zudem mit beinahe zwei Torvorbereitungen und einer guten Chance nach einem herrlichen Solo.
Der Flop des Spiels: Michalis Sifakis. Ließ früh einen Ball prallen, der beinahe zur deutschen Führung durch Klose geführt hätte. Sah auch beim 0:1 von Lahm nicht ideal aus, mit einer schnelleren Reaktion hätte man den Ball noch bekommen können. Das vorentscheidende 1:3, als er gegen Klose zu spät kam und durch den Strafraum segelte, war jedoch ganz eindeutig sein Fehler.
Der Schiedsrichter: Damir Skomina aus Slowenien. Samaras' Einsteigen gegen Khedira nach zwei Minuten hätte er bereits mit Gelb verwarnen müssen, zwölf Minuten später lag er bei seiner Entscheidung jedoch richtig (Samaras' Foul an Schweinsteiger). Auch korrekt, Kloses Treffer in der vierten Minute wegen Abseits nicht anzuerkennen und den Elfmeter für Griechenland zu geben. Ansonsten in einem relativ fairen Spiel ohne Probleme.
Die Trainer:
Dass Joachim Löw in der Offensive das Risiko einging, drei neue Spieler zu bringen, überraschte. Klose für Gomez einzusetzen machte jedoch Sinn, da ein spielstarker und beweglicher Stürmer gegen einen defensivstarken Gegner effektiver ist als ein im Strafraum lauernder Angreifer. Mit Reus und Schürrle war weniger zu rechnen, doch da der Bundestrainer zuletzt gegen Dänemark die offensiven Laufwege und das Anlaufen beim Pressing kritisierte, sah er sich hier gezwungen, neue Impulse zu setzen. Und erneut muss man konstatieren: Löw lag mit seinen Maßnahmen richtig, besonders Reus war sofort drin im Spiel und zeigte eine starke Leistung. Auch Klose enttäuschte nicht, wich oft auf die Flügel aus und leistete wervolle Defensivarbeit. Trotz des defensiv eingestellten Gegners lief das Kombinationsspiel in einigen Situationen sehr flüssig.
Um der DFB-Elf keinen Zentimeter Platz zu gewähren, baute Fernando Santos wie erwartet ein Defensivbollwerk par excellence auf, Salpingidis rückte aus dem Mittelfeld nach vorne und war einzige nominelle Spitze. Das Rezept war klar: Kompakte Defensivarbeit ohne, blitzschnelle Konter mit Ball. Dies klappte im ersten Abschnitt aber nur bedingt, Griechenland ging die Kompaktheit ab, die sie noch gegen Russland auszeichnete. In der Pause wechselte er offensiv und ließ den gelernten Stürmer Gekas auflaufen, Salpingidis rückte auf den rechten Flügel. Bei Ballbesitz wurde daraus ein verkapptes 4-3-3, das zunächst funktionierte. Als Deutschland nach dem Ausgleich schnell zurück schlug, agierte sein Team jedoch zu statisch.
Das fiel auf:
- Deutschland beherrschte das Spielgeschehen im ersten Durchgang mit über 70 Prozent Ballbesitz und hatte gute Chancen für mehr als einen Treffer. Die DFB-Elf machte das Spiel schnell breit, um die griechischen Ketten auseinander zu zerren und Lücken entstehen zu lassen. Besonders Khedira und Özil waren sehr dominant und holten sich viele Bälle. Özil rotierte viel, war dank seiner effizienten Laufwege häufig anspielbar und verlor sich vor dem Tor nicht wie zuletzt in Aktionen, die dem Spiel das Tempo nahmen.
- Griechenland spielte in einem kompakten 4-5-1 gegen den Ball, einzig Salpingidis störte den Aufbau der Deutschen. Hatte Deutschland den Ball, schauten die Griechen erst nur zu und verschoben im Verbund. Pressing fand erst 25, 30 Meter vor dem eigenen Kasten statt. Dennoch gewährte man dem Gegner besonders auf den Flügeln deutlich zu viel Platz. Der Impuls zur rechtzeitigen Attacke wurde meist verpasst.
- Während Schürrle seine Position auf dem linken Flügel durchgängig hielt und darauf wartete, ins Eins-gegen-Eins geschickt zu werden oder hinter die letzte griechische Linie einzulaufen, war sein Pendant Reus besser ins Spiel eingebunden. Der Bald-Dortmunder wechselte häufig von rechts in die Mitte und sorgte für Probleme bei den Griechen, die Gegenspieler zu richtig übergeben. Negativ: Schürrle verlor den Ball vor dem 1:1 unnötig.
- Schon im ersten Abschnitt beschlich die deutsche Mannschaft eine gewisse Lethargie im Aufbauspiel, dies setzte sich zu Beginn des zweiten Durchgangs fort. Das DFB-Team verlor zu einfach den Ball in der Vorwärtsbewegung, auch weil das Tempo in den Aktionen fehlte und sich zu wenig ohne Ball bewegt wurde. Die Mannschaft schien die Partie mental zu früh abgehakt zu haben und versuchte sich zu sehr im Klein-Klein auf engem Raum.
- Der plötzliche Ausgleich diente Deutschland jedoch als Hallo-Wach-Effekt: Die Ziellosigkeit im deutschen Spiel besserte sich durch konsequentes Besetzen der Flügel und schärferes Offensivspiel. Griechenland agierte in der Defensive zu fahrlässig, so dass die Partie am Ende zu einem deutschen Schaulaufen geriet.
Deutschland - Griechenland: Daten zum Spiel