Doch der Erklärungsansatz, das verzweifelte Oranje-Team sei schlicht ausgekontert worden, mündete in eine Sackgasse.
Die mutigen Portugiesen kombinierten sich nach dem unglücklichen Rückstand nach elf Minuten durch Rafael van der Vaarts Schlenzer einfach unbeirrt nach vorne, Ronaldo schien dabei jeden einzelnen seiner Kritiker persönlich an die Wand spielen zu wollen - sehr zur Unbill des bemitleidenswerten Rechtsverteidigers Gregory van der Wiel.
Er musste sich bei den ganzen Übersteigern und sonstigen Finten, die auf ihn einsausten, fühlen wie ein rostiger Brummkreisel auf einem Amsterdamer Antiquitätenmarkt. "Zwei Tore, ein Pfostenschuss - Ronaldo hat heute seinen Wert gezeigt", sagte der Stuttgarter Khalid Boulahrouz, der sich die wilde Hatz des "CR7" bequem aus der ersten Reihe der Ersatzbank anschauen durfte.
"Wir hatte eine Identität"
Ronaldos Außenpfostentreffer nur fünf Minuten nach dem Führungstor der Niederländer diente als Symbol für das, was kommen sollte. "Wir haben immer den Glauben, dass es möglich ist, Spiele zu drehen", sagte Portugals Trainer Paulo Bento.
Und genau das tat Cristiano Ronaldo mit seinen ersten beiden Treffern bei diesem Turnier. Hinterher, bei der obligaten Pokalübergabe, beschränkte sich der "Man of the Match" auf einige Standardfloskeln und dankte "der ganzen Mannschaft, ohne die das nicht möglich gewesen wäre".
Bentos Elf hatte in der Tat als Mannschaft überzeugt und den Gegner nicht nur spielerisch, sondern auch kämpferisch klar dominiert. "Wir hatten eine Identität, bestimmte Ideen, und die Spieler haben das umgesetzt", sagte der zufriedene Coach.
Auch sein Kollege war beeindruckt. "Ronaldo hat so viel Kritik nach dem letzten Spiel bekommen, und jetzt ist er zurück", sagte Bert van Marwijk. "So schnell können sich die Dinge ändern."
Im wichtigsten Spiel dieser Gruppenphase fand der zuvor Geschmähte zu seiner Führungsrolle - und das Team hielt ihm den Rücken frei. Hollands zwei Topstürmer, Robin van Persie und Klaas-Jan Huntelaar, die erstmals zusammen von Beginn an spielen durften, kamen dagegen inmitten von Einzelkämpfern nie ins Spiel.
Während die Vize-Weltmeister nach drei Niederlagen in den verfrühten Urlaub düsen, treffen die Portugiesen am Donnerstag in Warschau im Viertelfinale auf Tschechien - als Stammgast, denn zum fünften Mal in Folge nehmen sie an der Runde der letzten Acht teil.
"Leicht wird das nicht", sagte Bento: "Wir müssen genauso gut spielen wie heute, um das Halbfinale zu erreichen." Die Niederländer hätten ihrerseits einiges dafür gegeben, überhaupt nach vorne blicken zu dürfen.
Cristiano Ronaldo im Steckbrief