"Ich sitze hier kurz nach einem sehr wichtigen Spiel mit einem enttäuschenden Ergebnis. Mit meiner Zukunft beschäftige ich mich noch nicht", sagte van Marwijk nach der Partie. Vor zwei Jahren noch Vizeweltmeister in Südafrika, jetzt ohne einen einzigen Punkt als Gruppenletzter zurück in die Heimat.
Dort wird die Kritik am Trainer immer lauter, auch wenn er bereits eine Jobgarantie vom Verband bekommen hat. "Der Trainer ist ein Kämpfer, unabhängig davon, wie er über seine Zukunft entscheidet", sagte van Bommel, der eigentlich zur EM gefahren war "um mit dem Pokal eine Grachtenrundfahrt zu machen".
Sneijder: "Der Trainer muss bleiben"
Van Marwijk wird vor allem vorgeworfen, in der Offensive nicht schon von Beginn an auf Robin van Persie und Klaas-Jan Huntelaar gesetzt zu haben. Gegen Portugal probierte der Coach diese Variante, beide blieben blass. "Von Anfang an wird verlangt, dass beide zusammen spielen. Heute war das auch nicht gut", sagte Rafael van der Vaart.
"Es ist einfach schlecht. Du verlierst drei Mal, dann verdienst du es auch nicht", sagte der selbstkritischer van der Vaart, der erstmals für van Bommel in der Startelf stand und mit einem frühen Tor (11.) letzte Hoffnungen befeuert hatte.
Danach besiegelte Cristiano Ronaldo mit zwei Treffern (28., 74.) das Aus der Holländer. "Wir haben alle zusammen versagt. Van Marwijk hat hervorragend für die Mannschaft gearbeitet. Er muss bleiben", sagte Wesley Sneijder. Verbandsdirektor Bert van Oostveen sagte: "Das ist nicht anständig, jetzt über den Bondscoach zu sprechen."
Das erste Mal seit Einführung der Gruppenphase 1980 bei einer EM schied das Team dort sieg- und punktlos aus. Van Marwijk wollte nicht eindeutig Stellung zu seiner Zukunft beim niederländischen Fußballverband KNVB beziehen, Arjen Robben deutete zumindest an, dass vieles im Team im Argen liegt. "Schwierig zu erklären. Im Team sind allerhand Dinge passiert, die aber unter uns bleiben", sagte der Bayern-Stürmer.
Van Marwijk: "Einige Spieler außer Form"
Joris Mathijsen war sich mit seinem Trainer einig, dass der Schlüssel zum historisch schlechten EM-Abschneiden in der Niederlage zum Auftakt gegen Dänemark liegt. "Wir sind nicht heute ausgeschieden, sondern im ersten Spiel. Das müssen wir gewinnen. Man kann solche ein Spiel zwar verlieren, aber danach kommen eben Deutschland und Portugal", sagte der ehemalige HSV-Profi.
"Einige Spieler hatten nicht die Form, die für eine Europameisterschaft notwendig ist", sagte van Marwijk nach einer Erklärung für das blamable Aus der vor dem Turnier als Favorit auf den Titel gehandelten Niederländer suchend.
Nach 1988 sollte der zweite europäische Titel her. Die internationalen Stars um Robben, Huntelaar, van Persie, Sneijder und van der Vaart sollten es richten. "Am Ende hat uns der Glaube gefehlt", sagte van Marwijk, der seine Spieler offensichtlich nicht mehr erreichte, ihren Glauben nicht bestärken konnte, keine Gemeinschaft formen konnte.
Vor allem fehlte den Holländern der Glaube ans Team. Das Turnier war ein Rückfall in alte Zeiten, in denen die großen Egos der einzelnen Stars nicht unter einen Hut zu bringen waren. Und bei aller Stärke in der Offensive, die Defensive war stets anfällig.
Ob mit oder ohne Kapitän Mark van Bommel, der in den ersten beiden Spielen auch keine Akzente setzen konnte und mit 35 Jahren seinen Zenit deutlich überschritten hat. "Jetzt heißt es Sachen packen und dann ab in den Urlaub", sagte Joris Mathijsen traurig. Was danach passiert, weiß noch niemand.
Die Gruppe B im Überblick