EM

Polen darf weiter träumen

Von Daniel Börlein / Ronald Tenbusch
Russland und Polen trennten sich im zweiten Gruppenspiel unentschieden
© Getty

Russland hat den vorzeitigen Einzug ins EM-Viertelfinale verpasst. Das Team von Trainer Dick Advocaat trennte sich von Polen 1:1 (1:0). Die Gastgeber haben damit ihrerseits noch alle Chancen aufs Weiterkommen.

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Im ausverkauften Warschauer EM-Stadion brachte Alan Dsagojew Russland mit seinem dritten Turnier-Tor in Führung (37.). Jakub Blaszczykowski glich nach der Pause für Polen aus (57.).

Russland führt die Gruppe A nun mit vier Punkten an. Polen liegt mit zwei Zählern auf Rang drei hinter Tschechien (3 Punkte). Am letzten Spieltag kommt es zum Duell zwischen Polen und Tschechien.

Die Partie wurde überschattet von schweren Ausschreitungen in der Warschauer Innenstadt, bei denen ein russischer Fan ums Leben gekommen sein soll.

Reaktionen:

Dick Advocaat (Trainer Russland): "Das 1:1 ist ein faires Ergebnis. Es war ein schweres Spiel, auch der Platz war schwer zu bespielen. Wir hatten eigentlich schon die größten Spielanteile und haben zwischenzeitlich auch ausgezeichnet gespielt. Ich bin überzeugt, dass wir den fehlenden Punkt noch holen. Vielleicht stehen am Samstag auch die polnischen Fans hinter uns."

Robert Lewandowski (Polen): "Das letzte Spiel wird nun am wichtigsten. Natürlich müssen wir gewinnen. Ich glaube, Tschechien wird das Spiel offensiver angehen als heute. Ich freue mich für Kuba. Das war ein Traumtor, eine super Aktion."

Andrej Arschawin (Russland): "Nach der Führung haben wir viel zu offen gespielt, vor allem nach der Pause. Polen hat dann seine erste Chance genutzt. Weil wir etwas müde waren, konnten wir nicht mehr dagegen halten. Wir waren dann auch ganz zufrieden mit dem Unentschieden."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Polen mit zwei Änderungen: Der defensive Dudka rückt für den offensiven Rybus ins Team. Im Tor steht Elfmeter-Killer Tyton für den gesperrten Szczesny. Russland beginnt mit der Elf, die Tschechien 4:1 schlug.

7.: Obraniak zieht einen Freistoß von rechts vors russische Tor. Boenisch streift den Ball noch, Malafejew kriegt gerade noch einen Fuß dran.

37., 0:1, Dsagojew: Arschawin bringt aus dem linken Halbfeld einen Freistoß nach innen. Das Ding hat viel Schnitt zum Tor - da muss der einlaufende Dsagojew nur noch den Kopf hinhalten. Tyton hat keine Abwehrchance.

57., 1:1, Blaszczykowski: Obraniak passt auf rechts zu Blaszczykowski. Der nimmt den Ball mit Zug in die Mitte mit und hämmert das Ding mit links in die lange Ecke.

68.: Schöner Doppelpass zwischen Dsagojew und Kerschakow. Dsagojew zieht den Ball ins linke Eck, doch Tyton ist zur Stelle.

69.: Auf der Gegenseite setzt sich Polanski im Strafraum gut durch und scheitert aus spitzem Winkel an Malafejew.

81.: Konter der Polen über Kuba und Lewandowski, der spielt nach links zu Obraniak. Der Zehner zieht sofort ab, aber Malafejew ist im rechten Eck.

Fazit: Russland bis zum Ausgleich die bessere Mannschaft. Die Advocaat-Elf verpasste es aber, das Spiel frühzeitig zu entscheiden.

Der Star des Spiels: Robert Lewandowski. Der BVB-Stürmer hatte zwar keine spielentscheidende Szene, zeigte aber dennoch eine ganz starke Leistung. Behauptete viele Bälle, setzte seine Nebenleute gut ein und war ein ständiger Unruheherd.

Der Flop des Spiels: Alexander Anyukow. Kein richtig schlechter Auftritt. Aber: Gemessen an dem, was sein Gegenüber Juri Schirkow zeigte, war seine Vorstellung schlicht zu wenig. Defensiv solide, offensiv aber ohne Akzente. Offenbarte auch die eine oder andere technische Schwäche.

Der Schiedsrichter: Wolfgang Stark. Der Bundesliga-Schiedsrichter zeigte eine souveräne Leistung. Fuhr von Anfang an eine konsequente Linie, die er bis zum Schluss ohne Fehl und Tadel durchzog.

Die Trainer:

Franciszek Smuda änderte im Vergleich zum Griechenland-Spiel seine Grundordnung und setzte auf ein 4-3-2-1. Das allerdings ging zulasten der offensiven Bemühungen. Die drei Offensivkräfte wartenden häufig vergeblich auf Unterstützung.

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Dick Advocaathaderte an der Außenlinie viel, obwohl es dafür eigentlich kaum Grund gab. Hatte seine Mannschaft wie schon gegen Tschechien gut auf den Gegner eingestellt. Allerdings: Nach dem Ausgleich konnte (oder wollte) sein Team nicht mehr zulegen.

Das fiel auf:

  • Polen agierte recht abwartend, ließ Russland meist bis in die eigene Hälfte kommen und wartete dann mit einer Fünfer- vor der Viererkette, um die Räume im Zentrum klein zu halten und nach Balleroberung Platz zum Kontern zu haben.
  • Russland stellte sich nach einiger Zeit darauf ein, passte den Ball ein paar Mal quer durch die eigenen Reihen und dann immer wieder schnell in die Spitze, wo vor allem Arschawin und Kerschakow häufig anspielbar waren.
  • Polen hatte erhebliche Probleme im Spielaufbau. Viele Bälle waren nach ein paar Stationen wieder weg, so dass man sich nur selten in Russlands Hälfte kombinieren konnte. Ein Grund: Piszczek und Boenisch auf den Außen schalteten sich selten mit nach vorne ein.
  • Gefährlich wurde Polen lange nur bei Standards oder wenn Lewandowski den Ball hatte. Russland glänzte dagegen mit einem starken Umschaltspiel und dem schnellen Spiel in die Spitze.
  • Nach der Pause schalteten die Russen zunächst noch einen Gang nach oben, spielten sich immer wieder in gute Positionen, zeigten sich aber beim letzten Pass zu unkonzentriert. Sinnbildlich das 1:1, als Arschawin eine gute Chance herschenkte und Polen im direkten Gegenzug traf.
  • Nach dem 1:1 nahm Russland deutlich das Tempo raus und versuchte Risiko zu vermeiden. Polen hingegen traute sich nun mehr zu, überbrückte immer wieder schnell das Mittelfeld und kam noch zu einigen Abschlüssen.

Polen - Russland: Daten zum Spiel

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