EM

"Wollen noch einmal von vorne starten"

SID
Reif für die Rente ist "Trap" noch nicht. Hier legt er sich mit dem Linienrichter an
© Getty

Als die Frage nach seiner eigenen Zukunft kam, dachte Giovanni Trapattoni kurz nach. Er wägte seine Worte gut ab - zerstreute dann aber schnell alle Gedanken an einen möglichen Rücktritt mit einem feurigen Machtwort. "Ich wollte immer gewinnen. Wenn ich verliere, schlafe ich nicht. Wir wollen noch einmal von vorne starten, wir haben dann neue Energie mit einer neuen Mannschaft", sagte Trapattoni.

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Während er über seine Position als irischer Nationalcoach parlierte, schlug er mit der Faust entschieden auf den Tisch.

Trapattoni in die Rente? Niemals! Das klare Bekenntnis zu seiner Mannschaft folgte trotz der mageren EM-Ausbeute von null Punkten und 1:9 Toren prompt. "Ich kann es nicht abwarten, in die neue Saison zu starten", sagte er.

Dass Trapattoni die wenigen heimischen Kritiker wieder auf seine Seite ziehen kann, gilt als sicher. In der Mannschaft aber steht ein Umbruch an, den der 73-Jährige bis zum nächsten Länderspiel im August durch das Festhalten an einigen Routiniers abmildern will.

"Mit zwei, drei Spielern habe ich schon gesprochen. Aber ich werde die Namen nicht nennen", sagte Trapattoni am Tag drauf im Teamhotel "Malta" in Posen vor dem Abflug in Richtung Dublin. Allerdings sei nach dem 0:2 (0:1) zum Abschluss der EM-Gruppe C gegen Italien kein guter Moment für derartige Entscheidungen.

"Die Worte sind jetzt gesagt, aber sie sollen warten, was noch passieren kann. Ich bin sicher, wenn ich noch einmal mit ihnen gesprochen habe, wird das anders", sagte der frühere Trainer von Bayern München.

Spielerische Mittel begrenzt

Nach dem bitteren 0:4 gegen Spanien hatten sowohl Torhüter Shay Given als auch Damien Duff offen von einem Rückzug aus dem Nationalteam gesprochen. Auch die Zukunft von Robbie Keane, der Duff zu seinem 100. Länderspiel gegen die Italiener die Kapitänsbinde übergab, und Abwehrchef Richard Dunne ist nach der insgesamt enttäuschenden EM-Vorstellung offener denn je.

Zwar waren die Boys in Green als Außenseiter in diese Gruppe C mit Titelverteidiger Spanien, dem viermaligen Weltmeister Italien und Kroatien gestartet, die Ausbeute war unter dem Strich aber enttäuschend.

Zumindest der letzte Auftritt auf der großen EM-Bühne dürfte die "Veteranen" ansatzweise daran erinnert haben, warum sie gerne für ihr Heimatland auflaufen. "Wir haben viel besser gespielt als gegen Spanien und Kroatien. Wir haben mit mehr Persönlichkeit gespielt. Wir wussten, dass Italien uns schlagen kann, aber wir haben alles gegeben, unseren Stolz", sagte Trapattoni.

Die von allen Seiten einströmende Kritik am vehementen Festhalten an der ersten Elf wies der Trainer scharf zurück: "Was würden Sie sagen, wenn Sie ohne Repekt in Rente geschickt werden? Das ist nicht nur Loyalität. Das ist Korrektheit, Respekt und Professionalität."

Mangelnden Einsatzwillen hat man den "Boys in Green" am Montagabend wirklich nicht vorwerfen können. Offen zutage trat aber erneut das Problem der spielerisch begrenzten Mittel. Solange die Iren in der Defensive gut stehen, wagen sie sich sogar hin und wieder gefährlich nach vorne. Doch das reicht gegen Europas Top-Teams im Moment nicht aus.

Stolz auf die Fans

Stolz war Trap wie die gesamte Nation vor allem ein ums andere Mal auf die fantastischen Fans. "Ich habe immer gesagt, dass ich mein eigenes Team in den Fans sehe. Wir haben alles gegeben. Unser Herz und unsere Seele haben wir heute für die Fans gegeben", sagte er.

Hat der Maestro selbst etwa eigene Fehler gemacht? "Wir werden nie herausfinden, ob wir etwas anders machen können. Wir mussten mit der Situation so umgehen, wie sie war", sagte Trapattoni - und konnte seine Enttäuschung dann doch nicht ganz verbergen: "Ich bin davon ausgegangen, dass wir besser sein können." Bei dieser Aussage schlug er nicht mehr auf den Tisch.

Giovanni Trapattoni im Steckbrief

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