EM

Mund halten und Tore schießen

SID
Mario Balotelli (l.) trifft artistisch gegen Irland, Verteidiger O'Shea kann nur zuschauen
© Getty

Antonio Cassano schlich am äußersten Rand der Mixed Zone an den Journalisten vorbei, Mario Balotelli machte mit seinen überdimensionierten Kopfhörern auf den Ohren auch nicht den Eindruck, als wollte er nach dem Spiel noch etwas sagen. Die beiden haben sich fürwahr schon oft den Mund verbrannt; beim 2:0-Erfolg Italiens gegen Irland waren sie still.

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Viel erzählen mussten sie auch nicht, weil sie beide Tore erzielt und die Mannschaft von Cesare Prandelli ins Viertelfinale bei der Europameisterschaft geschossen hatten. Cassano traf per Kopfball in der 35. Minute, der eingewechselte Balotelli mit einer sehenswerten Volleyabnahme in letzter Minute.

"Es war schwierig, in ein Spiel zu gehen, bei dem wir nicht wussten, ob ein Sieg reicht", sagte hinterher ein erleichterter Torhüter Gianluigi Buffon. Ein 2:2 im weiteren Gruppenduell zwischen Spanien und Kroatien - und für Italien wäre schon vor der K.o.-Phase Schluss gewesen.

Doch nach dem 1:0-Erfolg der Spanier genügte Prandellis Team ein Sieg, der alles andere als überzeugend zustande gekommen war. "Gegen die besten der Welt sind wir immer auf Augenhöhe, gegen die Kleinen aber tun wir uns schwer", sagte Buffon. Mindestens auf Augenhöhe mit den Besten wähnen sich in der Regel auch Cassano und Balotelli.

Prandelli: "Balotelli weiß, dass man nicht alleine spielt"

Wund geschrieben hatten sich die italienischen Gazetten in den letzten Tagen und Wochen über diese beiden Sonderlinge auf und neben dem Platz. Sonderlinge auf dem Platz, weil sie so viel zu leisten imstande sind, mit ihrem Potenzial aber so verschwenderisch umgehen.

Sonderlinge neben dem Platz, weil die beiden zusammengenommen schon ein Buch füllen könnten an Dummheiten, die sie sich geleistet haben.

Und hätte sich Prandelli nicht derart konsequent der pädagogisch anspruchsvollen Aufgabe verschrieben, die beiden Angreifer in das Kollektiv der Squadra Azzurra zu integrieren - Cassano und Balotelli würden bei dieser Europameisterschaft wohl keine große Rolle spielen. Auch nach dem Spiel gegen die kampfstarken, aber spielschwachen Iren fand Prandelli lobende Worte für einen der beiden.

So gebe es um Balotelli, den Prandelli in der 75. Minute für den eher enttäuschenden Antonio di Natale einwechselte, "viele Erwartungen", und mit dem Druck müsse man ja erstmal umgehen können. Außerdem wisse Balotelli, dass "man nicht alleine spielt und dass man der ganzen Mannschaft helfen muss. Dazu will ich ihm gratulieren."

Schwache Iren mit starken Fans

Große Kritik war auf die Angreifer sowie auf Prandelli nach den ersten beiden glanz- und glücklosen Auftritten eingeprasselt. Der 54-jährige Trainer hat ohnehin das Problem, dass seine Predigten vom Mentalitätswandel im italienischen Fußball hin zu mehr Freude und Leichtigkeit sich nicht decken mit den tatsächlichen Leistungen der Squadra Azzurra auf dem Platz.

Italien spielt bei dieser EM, wie man es von Italien kennt: abgezockt, kontrolliert, diszipliniert. Dabei sollten gerade Balotelli und Cassano in den Vorstellungen von Prandelli für dieses neue Italien auf dem Platz stehen. Doch sowohl zum Auftakt gegen Spanien als auch im zweiten Spiel gegen Kroatien konnten die beiden der Mannschaft kaum Spiel- und Lebensfreude einhauchen.

Lebensfreude pur demonstrierten derweil die irischen Fans. Auch nach der dritten Niederlage Irlands in Folge bei dieser Europameisterschaft feuerten sie die Mannschaft von Trainer Giovanni Trapattoni mit voller Inbrunst an. "Come on, Boys in Green", aus vielen tausend Kehlen schallte in diesen Tagen durch die Innenstadt von Posen, wo Irland zwei Spiele bei dieser EM austrug.

"Stolz" sei er auf die Fans, sagte Richard Dunne. Den Innenverteidiger plagte aber auch gerade wegen dieser großartigen Unterstützung das schlechte Gewissen. "Da muss man so lange auf so ein Turnier warten - und dann so etwas. Es bricht mir das Herz."

Mario Balotelli im Steckbrief

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