Firmengründer Adi Dassler schraubte Fritz Walter vor dem Wunder von Bern noch höchstpersönlich die Stollen an, spätere deutsche Weltmeister feierten ihre Triumphe wie selbstverständlich mit dem adidas-Logo oder den ikonischen drei Streifen auf dem Trikot. Doch nun steht eine Zeitenwende bevor: Nach mehr als 70 Jahren wendet sich der Deutsche Fußball-Bund erstmals von seinem Ausrüster ab - und wechselt zum US-Giganten Nike.
Die überraschende Zusammenarbeit ab 2027 verkündete der DFB am Donnerstag, Nike wird dann mindestens sieben Jahre lang alle Nationalteams ausrüsten. Bei der EM 2024 wird das Männer-Team sein Basecamp noch im "Home Ground" bei adidas am Firmensitz in Herzogenaurach aufschlagen und in den gerade erst vorgestellten Trikots spielen. Die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko wird für das Traditionsunternehmen ein Abschied - und zwar ein unerwarteter. "Wir sind vom DFB heute darüber informiert worden, dass der Verband ab 2027 einen neuen Ausrüster haben wird", teilte adidas auf SID-Anfrage offenbar überrumpelt mit.
Da hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf schon frohlockt, wie sehr sich der Verband "auf die Zusammenarbeit mit Nike und über das in uns gesetzte Vertrauen" freue. "Die künftige Partnerschaft ermöglicht es dem DFB, auch in der kommenden Dekade zentrale Aufgaben mit Blick auf eine umfassende Entwicklung des Fußballs in Deutschland wahrzunehmen", sagte Neuendorf.
Er versicherte: "Bis Dezember 2026 werden wir uns mit aller Kraft für den gemeinsamen Erfolg mit (...) adidas engagieren", dem Unternehmen habe der deutsche Fußball "seit mehr als sieben Jahrzehnten sehr viel zu verdanken".
Nike machte "das mit Abstand beste Angebot"
Der Grund für den unerwarteten Wechsel zu Nike, das in den vergangenen Jahren immer wieder mal erfolglos um die DFB-Auswahl geworben hatte: Laut DFB haben die Amerikaner "das mit Abstand beste wirtschaftliche Angebot abgegeben". Laut einem Bericht des Handelsblattes beläuft sich die Offerte auf mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr. Adidas zahlte zuletzt nach Informationen der Bild-Zeitung rund 50 Millionen Euro.
Mit dem Geld werde nicht zuletzt die Basis im Amateurbereich gestärkt, so der DFB. Er sei "ein Sport-Fachverband, der seine Mitgliedsverbände finanziert und nicht von ihnen finanziert wird. Er steckt das Geld in den Fußball. Damit Fußball ein Volkssport bleibt", hieß es bei X (ehemals Twitter). Der Abschied von adidas lasse den Verband allerdings "nicht kalt".
Der DFB hatte aus seinen finanziellen Schwierigkeiten zuletzt kein Geheimnis gemacht. "Wir sind dankbar, aufgrund des von Nike zugesagten Engagements als Verband wieder in eine wirtschaftlich stabile Zukunft blicken zu können", sagte DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald. Außerdem überzeugte der adidas-Konkurrent laut DFB "mit seiner inhaltlichen Vision, die auch ein klares Bekenntnis für die Förderung des Amateur- und Breitensports sowie die nachhaltige Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland beinhaltet" habe.
Nike, benannt nach der griechischen Siegesgöttin und anfangs mit Ikonen wie Michael Jordan vor allem im Basketball populär, ist längst im Fußball angekommen. Der seit 1989 weltweit führende Sportartikel-Anbieter stattet den Rekordweltmeister Brasilien seit 1994 aus, sein bekanntes Markenzeichen ("Swoosh") prangt auch auf den Hemden anderer großer Fußball-Nationen wie Frankreich, England, den Niederlanden oder Ex-Europameister Portugal. Und künftig auf den Trikots des DFB.
Zuletzt vermeldete Nike einen Jahresumsatz von umgerechnet 47,1 Milliarden Euro bei einem Gewinn von 4,7 Milliarden. Adidas musste bei einem Umsatz von 21,4 Milliarden Euro einen Verlust von 75 Millionen hinnehmen - und nun den der deutschen Nationalmannschaft.