Frage: Die deutsche Mannschaft ist überzeugend in das Viertelfinale eingezogen. Dennoch gab es nach dem 1:1 ein paar bange Minuten. Warum?
Philipp Lahm: Das war überraschend. Wir verlieren den Ball und bekommen dann einen Konter. Das war die einzige Chance und gut herausgespielt, das muss man auch anerkennen. Wichtig war, dass die Mannschaft darauf reagieren konnte. Wenn es länger 1:1 steht, wer weiß, was in unseren Köpfen und in denen des Gegners vor sich geht. Wir konnten sofort nachlegen, das war sehr, sehr wichtig. Wir haben nicht nur das 2:1 gemacht, sondern auch das 3:1 nachgelegt. Danach war die Sache gegessen.
Frage: Gibt es noch Punkte, die man verbessern kann oder muss?
Lahm: Ja, ich denke, dass wir phasenweise zu leichtsinnig gespielt und zu viele Fehler gemacht haben bei eigenem Ballbesitz und zu leichtfertig waren mit unserem Ballbesitz. Defensiv war es über weite Strecken sehr gut. Aber wir müssen abstellen, dass wir gleichzeitig Ballverluste haben. Wir dürfen nicht unkonzentriert spielen, das haben wir gemacht, und deswegen wurde es eng. Insgesamt kann man aber sehr zufrieden sein. Wir haben uns das Leben selbst schwer gemacht, indem wir unsere Chancen nicht genutzt haben, vor allem in den ersten 15 Minuten.
Frage: Es gab gleich drei Veränderungen in der Offensive mit Miroslav Klose, Marco Reus und Andre Schürrle. Der Trainer macht mit seinen Personalentscheidungen alles richtig. Ist das nur ein glückliches Händchen?
Lahm: Nein, ich glaube, dass wir viele Optionen haben. Das ist die Qualität unseres Kaders. 23 Spieler, jeder weiß, dass er wichtig ist für die Mannschaft. Das zeigen die Beispiele mit Lars Bender im Spiel gegen Dänemark, aber auch jetzt mit Andre Schürrle, Marco Reus und Miro Klose. Das haben sie sich erarbeitet. Sie haben sich erarbeitet, dass sie von Anfang an wieder spielen können und auf internationalem Top-Niveau ihre Leistung abrufen können.
Frage: Gehört nicht trotzdem Mut dazu, die Torschützen der Vorrunde rauszunehmen und einen komplett neuen Sturm zu bringen?
Lahm: Natürlich gehört da Mut zu. Aber wir haben einen sensationellen Kader und eine sensationelle Qualität. Dass es dann immer wieder Wechsel gibt, ist ganz normal. Wichtig ist, dass man einen Kern in der Mannschaft hat. Den haben wir. Und wir haben einen sensationellen Kader, in dem jeder eigentlich um seinen Platz kämpfen muss.
Frage: Im Halbfinale kommt nun ein anderes Kaliber. Was kann man von der Mannschaft noch erwarten, wie groß ist das Selbstbewusstsein?
Lahm: Wir zählen zu den Favoriten. Die Mannschaft hat sich das erarbeitet. Wir spielen in diesem Turnier so gut, weil wir über Jahre unsere Leistung gebracht und eine sehr gute Qualifikation gespielt haben. Wenn man schaut, wer im Halbfinale der Champions League war, dann sind das zehn Spieler. Das kann außer Spanien niemand aufweisen. Mit dem Selbstvertrauen gehen wir auch in das EM-Halbfinale. Es kommt zwar ein anderes Kaliber als im Viertelfinale. Aber wir hatten ja schon in der Vorrunde Kracher, mit Portugal, Holland und Dänemark. Die Mannschaft ist gewappnet. Es ist kein Selbstläufer, dass man einfach so den Pokal gewinnt. Wir müssen hart arbeiten, das macht die Mannschaft vom ersten Spiel an. Und so müssen wir weiter agieren. Dann haben wir die Möglichkeit, bis zum Ende des Turniers dabei zu sein.
Frage: Wie groß ist die Zuversicht, den EM-Titel zu holen?
Lahm: Ich bin zuversichtlich, weil wir eine Riesenserie im Rücken haben, weil wir Qualität in unseren Reihen haben. Die Mannschaft ist gewillt zu arbeiten, und das sehe ich sehr positiv.
Philipp Lahm im Steckbrief