Am Ende blieb es Jürgen Klopp selbst vorbehalten, den Abend treffend einzuordnen: "Wir haben dieses Jahr keine Berechtigung, weiter in der Champions League zu spielen", sagte er konsterniert.
Er bestätigte damit einen Verdacht, der schon mehrfach im Verlauf der Saison aufkam. Der sich erstmals regte, als der BVB nach dem katastrophalen Start in die Bundesliga-Saison nicht imstande war, diesen zu korrigieren.
Und der sich erhärtete, als immer klarer wurde, dass es sich bei Dortmunds schwachen Auftritten keineswegs um eine Momentaufnahme, sondern vielmehr um eine handfeste sportliche Krise handelte.
"So hat man im Viertelfinale nichts verloren"
Lange stellte sich die Frage: Wie würde sich die Borussia gegen die Top-Teams Europas schlagen, wenn man sich schon am Bundesliga-Mittelmaß die Zähne ausbeißt? Die Vorrundengegner Galatasaray und Anderlecht konnte man wahrlich nicht dazuzählen.
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Und Arsenal wiederum schied nun selbst gegen ein mittelprächtiges Monaco, das es mit beängstigendem Minimalismus erst ins Achtelfinale geschafft hatte, kläglich aus. Der tatsächliche Gradmesser war also Juventus - und das Ergebnis fiel ernüchternd aus.
"Juve ist diese Saison nicht unsere Kragenweite. Wir waren nicht gut und so hat man im Viertelfinale nichts verloren", musste Klopp eingestehen. Mats Hummels sprach gar von einer "unterirdischen zweiten Halbzeit" und resümierte: "Wir sind verdient rausgeflogen."
Altbekannte Defizite
Dabei krankte das Dortmunder Spiel wie schon über weite Strecken der gesamten Saison an den gleichen Punkten. Wenn der BVB zu Ballbesitzfußball genötigt wird, fehlt ihm jegliche Durchschlagskraft. Das 0:0 gegen Köln bewies dieses Phänomen erst vor wenigen Tagen eindrucksvoll.
Gegen Juve tat sich die Borussia nach dem frühen Rückstand ähnlich schwer. Zwei tiefstehende Abwehrketten empfingen den BVB zwar erst im italienischen Abwehrdrittel, dort jedoch mit einem Höchstmaß an Disziplin und Physis.
Das Spiel der Gastgeber begann 30 Meter vor dem gegnerischen Tor zu stocken. Zwischen den engmaschigen Reihen der Turiner konnte Dortmund kaum mal gefährliche Kombinationen einstreuen. Viele Alibipässe ohne Wirkung prägten das Spiel. Ging es mal in die gefährliche Zone 20 Meter vor dem Juve-Kasten, landete der Ball schnell bei den geistig stets wacheren Gegenspielern.
"Wir hatten trügerische Ballbesitzzeiten in Räumen, die nicht wahnsinnig relevant sind. Der Gegner stand im Zentrum sehr gut, dennoch müssen wir den Ball dorthin dahin spielen, weil es dort die gefährlichen Abschlüsse gibt", bemängelte Klopp.
Mangelnde Entschlossenheit, mangelndes Timing
In den wenigen Fällen, in denen Dortmund in diese Räume vordringen konnte, fehlte jedoch auch die Entschlossenheit. "Wir haben bis 20 Meter vor dem Tor gut gespielt, dann aber zu oft den letzten Pass gesucht, anstatt einfach mal draufzufackeln", formulierte es Kevin Kampl. Genau so wie es Carlos Tevez bei seinem Führungstreffer tat.
BVB-Coach Klopp zeigte den Unterschied zwischen beiden Teams just anhand dieses Tores auf: "Wir hätten heute nicht aus der Distanz geschossen. Das ist der Unterschied. Wer nicht schießt, kann nicht treffen."
Mats Hummels im Interview: "Mit Juve nicht gleichwertig"
Doch fernab von der Harmlosigkeit bei eigenem Ballbesitz stimmen auch beim Gegenpressing die Automatismen nicht immer. Zwar konnte man Dortmund die grundsätzliche Mühe nicht absprechen, doch die Pressingbewegungen waren oft schlecht abgestimmt und damit lückenhaft.
"Uns hat nicht die Aggressivität gefehlt. Aber Timing ist beim Pressing das Entscheidende. Nur pressen zu wollen, macht keinen Sinn", sagte Klopp und traf damit den Nagel auf den Kopf.
Der letzte Strohhalm in Gefahr
Neben individuellen Schwächen waren es vor allem diese beiden kollektiven Mängel, die Dortmund gegen Juventus das Genick brachen. Nichtsdestotrotz muss das Team die Niederlage schnell hinter sich lassen, "nachwirken darf diese Niederlage nicht", warnte Klopp.
Denn sonst könnte sie nicht nur das Aus in der Champions League in der laufenden Saison bedeuten, sondern auch die letzten Europacup-Träume mit Blick auf die kommende Spielzeit begraben. Denn trotz einer Saison fernab von jeglichen eigenen Ansprüchen muss die Europa League prinzipiell für ein qualitativ derart stark besetztes Team das Minimalziel sein.
In der Liga trennen den BVB derzeit acht Punkte von den internationalen Plätzen. Kürzer wäre der Weg über den DFB-Pokal. Da könnten schon zwei Siege für eine Europa-League-Teilnahme reichen, wenn man schließlich im Finale auf Champions-League-Teilnehmer trifft. Eine Regelung, die in dieser Saison zum letzten Mal ihre Anwendung findet.
Hoffnung macht dabei die Tatsache, dass die Top 4 der aktuellen Bundesliga-Tabelle auch im Pokal noch mitmischen. Will der BVB in diesem Teilnehmerfeld jedoch das Endspiel erreichen, müssen die akuten Defizite schleunigst abgestellt werden. Dafür hat Dortmund nun unter der Woche immerhin viel Zeit.
Borussia Dortmund - Juventus Turin: Die Statistik zum Spiel