Herr Salzweger, in den vergangenen Wochen ist in den deutschen Stadien erstmals seit Pandemie-Beginn Normalität eingekehrt. Was hat sich in der Südkurve München geändert?
Alexander Salzweger: Überraschend wenig. Der einzige echte Unterschied zu vorher sind die Corona-Tests. Wir als Club Nr. 12 empfehlen, sich vor jedem Spiel testen zu lassen. Manche Ultra-Gruppen sind da sogar noch deutlicher und erwarten das. Gerade von Mitgliedern, die Kontakt zu Positiven hatten. Damit hat kaum jemand ein Problem. Bei der Thematik herrscht eine deutlich höhere Sensibilität und Eigenverantwortung, als ich es erwartet hätte.
Erleben Sie beim Stadionbesuch irgendwelche Verschlechterungen oder Repressionen, die es vor der Pandemie nicht gab?
Salzweger: Nein. Über die Ticketpreise des FC Bayern kann man sich weiterhin nicht beschweren, vor allem die Jahreskarten sind sehr bezahlbar. Zwischenzeitlich gab es zwar eine Pflicht zur Ticket-Personalisierung, aber die ist mittlerweile wieder aufgehoben.
Ist die Fanszene des FC Bayern durch die Pandemie geschrumpft?
Salzweger: Von den 500 bis 600 aktiven Fans im harten Kern sind vielleicht zwei, drei Leute nicht mehr dabei. Bei den meisten war und ist Bayern der komplette Lebensinhalt und die Fanszene der feste Freundeskreis. Ich kann mir vorstellen, dass wir in näherer Zukunft Zulauf bekommen von Fans, die vor der Pandemie noch zu jung waren und jetzt mitmachen wollen.
Wie haben Sie die Stimmung bei den ersten Spielen mit Vollauslastung in der Allianz Arena erlebt?
Salzweger: Gegen Dortmund war die Stimmung phasenweise echt stark, gegen Villarreal sogar noch besser. Gegen Augsburg war es es dagegen eine Katastrophe. Da hatten wir leider sehr viele spontane Ausfälle wegen positiver Corona-Tests. Die Stimmung ist bei uns auf keinen Fall schlechter als vor der Pandemie.
Beim Heimspiel gegen Villarreal gab es eine Choreographie zu Ehren des im vergangenen August verstorbenen Gerd Müller. Wann haben die Planungen dafür begonnen?
Salzweger: Nach seinem Tod haben wir schnell beschlossen, irgendetwas zu machen. Das Motiv war schon monatelang vorher klar, das Material auch schon bestellt. Wir wollten die Choreo aber unbedingt bei einem großen Spiel mit Vollauslastung zeigen. Auf das Heimspiel gegen Villarreal haben wir uns ungefähr vier Wochen vorher geeinigt.
Konnten Sie die Zuschauer-Beschränkungen der vergangenen Monate nachvollziehen?
Salzweger: Dazu gab es bei uns unterschiedliche Meinungen. Im Großen und Ganzen waren wir mit den Maßnahmen aber einverstanden. Einige von uns fänden Zuschauer-Beschränkungen sogar weiterhin nachvollziehbar. Was uns dagegen gestört hat, war das inkonsequente Vorgehen der Behörden. Beispielsweise im Vergleich zwischen Kultur und Sport und zwischen verschiedenen Standorten.
Wie intensiv war der Austausch innerhalb der Fanszene während der Zuschauer-Beschränkungen?
Salzweger: Zweimal pro Jahr veranstalten wir karitative Aktionen, für die im Vorfeld viel geplant werden muss. Diesbezüglich gab es regelmäßige Online-Meetings. Die unterschiedlichen Gruppen haben sich darüber hinaus immer wieder im kleinen Kreis persönlich getroffen. Außerdem gab es natürlich viele Gespräche über bestimmende Themen wie die Super League im vergangenen Frühling.
Wie war der Umgang damit?
Salzweger: Wir haben uns damals sofort mit den anderen großen Fanszenen Deutschlands in Verbindung gesetzt, vor allem mit den Dortmundern. Drei, vier Abende am Stück haben wir uns mit ihnen besprochen, wie wir vorgehen. Am Ende gab es eine gemeinsame Pressemitteilung. Wir hätten gerne auch etwas im Stadion gemacht, aber damals waren leider keine Zuschauer zugelassen.
Ist so ein schneller, intensiver Austausch mit anderen Fanszenen wie der Dortmunder die Regel?
Salzweger: Wir kennen uns seit Jahren. Vor allem mit den Dortmundern ist der Austausch eher unproblematisch, anders als vielleicht mit den Nürnbergern oder Sechzgern. Aber selbst mit denen gab es schon gemeinsame Aktionen. Generell ist die Kommunikation zwischen den Fanszenen bei so Bomben wie der Super League vorbildlich. Das haben wir nicht nur da erlebt, sondern auch schon bei den Diskussionen über die 15.30-Uhr-Anstoßzeit und den Umgang mit Fan-Materialien wie Megaphonen in Stadien vor ein paar Jahren.