Kurz vor Ausbruch der Pandemie ist der Konflikt zwischen den meisten deutschen Fanszenen und dem Mäzen der TSG Hoffenheim, Dietmar Hopp, eskaliert. Gipfel war das Skandalspiel gegen den FC Bayern.
Salzweger: Dieses Thema hat sich in der Zwischenzeit aus mehreren Gründen entspannt. Viele Stadionverbote sind ausgelaufen, Hopp hat extrem viele Anzeigen - insbesondere gegen Dortmunder Fans - zurückgezogen und die große ZDF-Dokumentation hat auch ihren Teil dazu beigetragen. Nach der Doku haben sogar Hoffenheim-Fans und Hopps Leute im Verein zugegeben, dass das Vorgehen doof und die Anzeigen aus der Luft gegriffen waren. Ich glaube, Hopp hat das mittlerweile auch begriffen. Solange er es nicht wieder Anzeigen hageln lässt, wird das Thema nicht mehr eskalieren. Mit Leipzig haben wir außerdem eh ein viel größeres Feindbild.
Wie erleben Sie den derzeitigen Austausch mit der Klubführung des FC Bayern?
Salzweger: Aktuell gibt es auf verschiedenen Ebenen permanente Gespräche zwischen dem Verein und der Fanszene. Seit der eskalierten Jahreshauptversammlung im November habe ich den Eindruck, dass der Verein daran ein echtes Interesse hat. Das war absolut einschneidend. Vielleicht hat es diesen Schuss vor den Bug gebraucht.
Im Vorfeld der Jahreshauptversammlung war ein Antrag von Mitglied Michael Ott bezüglich des Katar-Sponsorings ignoriert worden. Bei der Veranstaltung selbst kam es zu tumultartigen Szenen, nachdem Redebeiträge von Mitgliedern nicht zugelassen worden waren. Wie haben Sie den Abend erlebt?
Salzweger: Es war für uns in jeglicher Hinsicht überraschend, wie unsouverän der Verein gehandelt und wie sich das Stimmungsbild in der Halle dargestellt hat. Bei weitem nicht nur die aktive Fanszene hat gesagt: So kann man mit seinen Mitgliedern nicht umgehen. Es ging gar nicht darum, dass Otts Antrag nicht zugelassen wurde, sondern um die Art und Weise. Ihm wochenlang nicht zu antworten, den Antrag dann abzulehnen und ihm schließlich das Wort abzuschneiden, war maximal unsouverän. Trotz allem hätten wir niemals damit gerechnet, bei irgendeiner Abstimmung eine Mehrheit zu bekommen - erst recht keine Zweidrittelmehrheit für Satzungsänderungen. Hätten wir das gewusst, hätten wir ganz andere Anträge gestellt.
Zum Beispiel?
Salzweger: Beispielsweise zur Nominierung von Präsidentschaftskandidaten. Aktuell kann lediglich der Vorstands-nahe Verwaltungsbeirat einen Kandidaten nominieren. Die Mitgliederversammlung darf dann nur ja oder nein sagen. Das sollte sich ändern.
Wie kommt Trainer Julian Nagelsmann in der aktiven Fanszene an? Er gibt sich in seinen öffentlichen Auftritten und in den sozialen Medien bewusst nahbar.
Salzweger: Viele von uns rechnen ihm hoch an, dass er bei der Jahreshauptversammlung vor Ort war und sich das bis zum Ende angeschaut hat. Das konnte man nicht erwarten. Was er bei Social Media postet oder bei Pressekonferenzen scherzt, juckt uns dagegen nicht.
Wie beurteilen Sie die aktuelle sportliche Situation beim FC Bayern?
Salzweger: Dazu äußern wir uns als Fanszene generell nicht. Wir freuen uns einfach nur, dass wir Meister geworden sind - und machen uns gleichzeitig Sorgen, dass wir in den nächsten zehn Jahren weiterhin durchgehend Meister werden.
Hätten Sie denn gerne einen anderen Meister?
Salzweger: Zumindest hätte ich gerne mal wieder einen echten Meisterschaftskampf. So Szenen wie nach dem Meistertitel von Trabzonspor machen mich neidisch. Wir werden nach einem Sieg gegen den direkten Rivalen Dortmund Meister und am nächsten Tag sind die Emotionen weg. Aber das ist völlig nachvollziehbar: Der erste, zweite oder dritte Titel fühlt sich anders an als der zehnte. Auf lange Sicht ist das nicht gut: Noch passen die Zuschauerzahlen, aber ich habe das Gefühl, dass sich das wegen der aktuellen Langeweile bald ändern könnte. Unser finanzieller Vorsprung ist einfach zu groß.
Was sollte sich Ihrer Meinung nach ändern?
Salzweger: Auch wenn Uli Hoeneß das nicht gerne hören wird: Die Startgelder in den europäischen Wettbewerben und die Fernsehgelder müssen fairer verteilt werden. Und man sollte über eine Gehaltsobergrenze nachdenken.