FC Bayern steht vor zwei großen Problemen
1. Bayern verlor schon den Poker um Bellingham - Fehlende Perspektive für Talente
Beim 6:1 gegen den VfL Wolfsburg schrieb der BVB Geschichte. Zum ersten Mal überhaupt in der Bundesliga kamen bei einer Mannschaft gleich drei 17-Jährige zum Einsatz: Tom Rothe, Jamie Bynoe-Gittens und Yousouffa Moukoko. In Dortmund ein Geschäftsmodell. Wie kein zweiter Verein in Europa haben es die Schwarz-Gelben geschafft, sich die Entwicklung hochtalentierter Jugendlicher zu Top-Profis auf ihre Fahnen zu schreiben. Neben Jadon Sancho (für 85 Mio. Euro an Manchester United verkauft) und mit Abstrichen Erling Haaland (schon in Salzburg ein Star) steht dafür vor allem Jude Bellingham. Der BVB holte den zentralen Mittelfeldspieler vor rund zwei Jahren von Zweitligist Birmingham City, ließ sich den damals 17-Jährigen satte 25 Mio. Euro kosten.
Spannend: Auch der FC Bayern stieg damals in den Poker mit ein, bot Bellingham nach Informationen von SPOX und GOAL ein Vielfaches von dem, was der BVB letztendlich zu zahlen bereit war. Bellingham ging nach Dortmund - und ist dort längst Stammspieler und Leistungsträger.
Ausschlaggebender Punkt für seine Entscheidung gegen den FCB: Die fehlende Perspektive. Die Aussicht auf regelmäßige Einsatzzeiten bei den Profis bewertete er in Dortmund als schlicht und ergreifend größer. Das wäre heute und wahrscheinlich auch morgen nicht anders. Auch für Haaland war 2020 ein Wechsel zum FC Bayern nicht in Frage gekommen. Und auch Karim Adeyemi wechselt eher zum BVB als nach München.
Grundsätzlich eine Abwägung, die jedes Talent treffen muss, wenn ein Angebot des FC Bayern ins Haus flattert. Jedes Talent muss sich die Frage stellen: Bekomme ich im teuren Profi-Kader, in dem die Stars immer gesetzt sind, wirklich genug Spielpraxis? Und wenn nicht bei den Profis, wo dann? Ist es für meine Entwicklung wirklich von Vorteil, wenn ich in der Regionalliga Bayern gegen Pipinsried spiele?
Doch wie verhält es sich bei den von Nagelsmann angesprochenen 22-23-Jährigen?
2. Bayerns Problem mit dem Titeldruck
Ryan Gravenberch ist zwar erst 19, passt aber durchaus in die Kategorie, die Nagelsmann meint. Der Sechser, der sich mit Bayern bereits über einen Wechsel einig sein soll, sammelte bei Ajax Amsterdam bereits Profi-Erfahrung auf hohem Niveau, würde in München deshalb nicht bei Null starten.
Und doch besteht auch beim Niederländer eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er beim Rekordmeister mit Anpassungsschwierigkeiten oder Leistungsschwankungen zu kämpfen haben würde. So wie in der aktuellen Saison auch schon Dayot Upamecano (23), Tanguy Nianzou (19) oder auch Marcel Sabitzer (28).
Würde Gravenberch weiterhin das Vertrauen des Trainers genießen oder müsste Nagelsmann ihn stattdessen, letztendlich um den Erfolg des Klubs nicht zu gefährden, nicht auf die Bank setzen?
Der Punkt ist: Der FC Bayern hat das Selbstverständnis, jede Saison Deutscher Meister zu werden und den DFB-Pokal zu holen, dazu mindestens das Halbfinale der Champions League zu erreichen. "Dann wäre ich hier nicht mehr Trainer", sagte Nagelsmann erst am Donnerstag auf die Frage, was passieren würde, wenn der FC Bayern in dieser Saison auch die Meisterschaft verspielt hätte.
Der BVB muss das nicht. Der Klub bietet Talenten nicht nur eine bessere Perspektive, sondern nimmt es deshalb auch bewusst in Kauf, dass die Hoffnungsträger Fehler machen dürfen, um sich bestmöglich entwickeln zu können. In München angesichts des Titeldrucks undenkbar.