Bayerns gefährliches Spiel - Kommentar zum Abgang von Sandro Wagner

Sandro Wagner verlässt den FC Bayern nach nur einem Jahr Richtung China.
© getty

Der Verzicht auf Sandro Wagner konterkariert das Handeln der Bayern-Bosse vor gut einem Jahr. Damit geht der Klub ein unnötiges Risiko ein. Ein Kommentar von SPOX-Chefredakteur Martin Volkmar.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im Prinzip steht der FC Bayern nach dem Abgang von Sandro Wagner zu Tianjin Teda ab sofort wieder da, wo er schon Ende 2017 stand: Im Sturm ist der Rekordmeister alleine auf Robert Lewandowski angewiesen.

Ist der Torjäger aufgrund der Dauerbelastung übermüdet, verletzt oder taucht er wie so oft in der Vergangenheit in den entscheidenden Spielen ab, fehlt den Münchnern jeglicher Ersatz.

Dass Thomas Müller Lewandowski als einzige Spitze adäquat vertreten kann, hat sich schon in der vergangenen Saison als komplette Fehleinschätzung erwiesen.

Wagner-Verkauf ein Vabanque-Spiel

Die Bayern bräuchten also einen erfahrenen, torgefährlichen Backup, der sich trotz allem mit der Rolle der eindeutigen Nummer zwei im Sturm zufrieden gibt. Mit anderen Worten: Dem FCB fehlt ein Mann wie Sandro Wagner.

Mit Blick auf die nach wie vor vorhandenen internationalen Ansprüche ist der Verkauf Wagners nach China ungeachtet der erzielten Millionen-Ablöse ein Vabanque-Spiel.

Wieder ist man allein auf Lewandowski angewiesen und führt damit die strategischen Überlegungen des Vorjahres, wegen denen man 13 Millionen Euro für Wagner an Hoffenheim zahlte, ad absurdum.

So wie Wagners Einkauf damals die Entscheidung von Jupp Heynckes war, der mit Blick auf sämtliche Topklubs einen zweiten guten Stürmer unverzichtbar fand, ist sein Abgang letztlich die Entscheidung von Niko Kovac.

Nur 154 Einsatzminuten für Wagner

Der FCB-Trainer hat zuletzt fast alles getan, um den gebürtigen Münchner Wagner von seinem Heimat- und Herzensklub zu vertreiben. Der Ex-Nationalspieler kam in der Hinrunde nur im Pokal gegen Viertligist Rödinghausen über 90 Minuten zum Einsatz, ansonsten in allen weiteren Pflichtspielen gerade mal 154 Minuten. Nach der Winterpause wurde Wagner auf die Tribüne verbannt. Deutlicher kann man einem Spieler seine Chancenlosigkeit nicht aufzeigen.

Für Wagner ist kein Platz bei Bayern, weil der im Herbst taumelnde Kovac seinen Job vor allem durch den Verzicht auf Rotation und eine klare Festlegung auf seine erste Mannschaft gerettet hat. Daran wird er vorerst nichts ändern.

Bayern-Nachwuchs liefert keinen Wagner-"Nachfolger"

Die Münchner berauben sich ohne Not einer wichtigen Option, um auf Verletzungen, Formkrisen oder Dauerbelastung zu reagieren. Neben Müller könnte zwar auch Serge Gnabry Lewandowski vertreten, aber weder passt die Position zu ihm noch ist er auf Außen angesichts der permanenten Zwangspausen von Coman, Ribery und Robben dort aktuell zu ersetzen.

Und aus dem Unterbau kommt seit Jahren nichts nach, vielmehr wurden die talentierten Stürmer Manuel Wintzheimer (im Sommer zum HSV) und Franck Evina (im Winter nach Kiel) mangels Perspektive abgegeben. Und der erst 17-jährige Niederländer Joshua Zirkzee ist noch zu jung, um auf höchstem Niveau eine echte Verstärkung zu sein.

Es hätte also viele Gründe - und auch Möglichkeiten - gegeben, den unzufriedenen Wagner wenigstens bis zum Saisonende zu halten.

Stattdessen geht der Klub ungeachtet seiner Titelambitionen ein unnötiges Risiko ein, das im Misserfolgsfall vor allem Kovac und dem für die Transferpolitik verantwortlichen Sportchef Hasan Salihamidzic böse auf die Füße fallen dürfte.