Schalkes Michael Langer im Interview: "Mein Schulenglisch und Fergusons Akzent waren kein gutes Match"

"Die Kritik an ihm ist mir teilweise viel zu hart": Michael Langer verteidigt seinen Keeper-Kollegen Yann Sommer vom FC Bayern München.
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Michael Langer ist beim FC Schalke 04 mehr als nur ein Ersatzkeeper: Seit vergangenem Sommer absolviert der 38-jährige Österreicher nebenbei ein Trainee-Programm. Im Interview mit SPOX und GOAL spricht er über seine unterschiedlichen Tätigkeiten, seinen ehemaligen Kollegen Alexander Nübel, ein Treffen mit Sir Alex Ferguson - und verrät, welcher Spieler des FC Bayern München den besten Schuss hat.

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Langer wechselte 2017 ablösefrei vom schwedischen Klub IFK Norrköping zu Schalke. Seitdem war er zweiter oder dritter Keeper und absolvierte lediglich fünf Pflichtspiele. Wenn Schalke am Samstag auf den FC Bayern trifft, wird er wegen Ralf Fährmanns Verletzung als Vertreter von Alexander Schwolow auf der Bank sitzen.

Herr Langer, Sie spielen mittlerweile seit fast sechs Jahren für den FC Schalke 04. Haben Sie bei Ihrer Ankunft auf ein so langfristiges Engagement gehofft?

Michael Langer: Das kann man nicht planen. Aber es ist wunderbar, dass ich im Herbst meiner Karriere so einen riesigen Verein noch so intensiv kennenlernen darf.

Sie waren nie Stammkeeper. Hatten Sie deshalb mal Motivationsprobleme?

Langer: Nein, überhaupt nicht. Bei mir steht die Liebe zum Spiel im Vordergrund. Ich habe von Jahr zu Jahr geschaut, dass ich mich selbst verbessere, von den anderen Torhütern lerne und meinen Teil zum Erfolg beitrage. Wir pushen uns in der Torwart-Gruppe gegenseitig und haben ein homogenes Miteinander.

Was imponiert Ihnen an Ihren bisherigen Rivalen?

Langer: Als ich 2017 zu Schalke kam, war Ralle (Ralf Fährmann, Anm. d. Red.) absolute Benchmark in der Bundesliga. Da konnte ich mir in allen Bereichen etwas abschauen. Alex (Alexander Nübel, Anm. d. Red.) hat einen besonderen X-Faktor in seinem Spiel. Ich habe mit ihm viele Abläufe, Taktiken und konkrete Situationen diskutiert.

Alexander Nübel ist 2020 zum FC Bayern München gewechselt, kam dort aber nicht an Manuel Neuer vorbei und spielt seit zwei Jahren per Leihe bei der AS Monaco. Wie beurteilen Sie seinen Wechsel?

Langer: Das zu beurteilen, maße ich mir nicht an. Ich fand seinen Abschied persönlich schade, weil ich ihn sehr mag. Ich habe die gemeinsame Zeit mit ihm genossen. Wir haben uns auch mal gezankt und gezofft - und dadurch gepusht. Das hat richtig Spaß gemacht. Wir verfolgen uns gegenseitig, telefonieren und treffen uns in der Freizeit. Es hat sich eine echte Freundschaft entwickelt.

Bei Schalke gibt es eine sogenannte Torwart-Kasse. Was hat es damit auf sich?

Langer: Wir machen in der Torwart-Gruppe immer wieder Wettkämpfe um kleine Beträge. Mit der eingespielten Summe gehen wir nach der Saison gemeinsam essen.

"Ich habe die gemeinsame Zeit mit ihm genossen. Wir haben uns auch mal gezankt und gezofft - und dadurch gepusht": Michael Langer und Alexander Nübel spielten von 2017 bis 2020 gemeinsam für den FC Schalke 04.
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Seit vergangenem Sommer absolvieren Sie bei Schalke nebenher ein Trainee-Programm. Was kann man sich darunter vorstellen?

Langer: Ich darf in verschiedene Bereiche des Clubs reinschnuppern, war beispielsweise einen Monat bei der Knappenschmiede und einen Monat beim Scouting. Norbert Elgert und André Hechelmann haben mich super mitgenommen. Es ist unglaublich spannend für mich, die alltägliche Arbeit in diesen Bereichen zu verfolgen. Ich habe mich immer wieder in tieferen Gesprächen verloren, die Zeit vergessen - und auf einmal war es dunkel. In jeder Abteilung hatte ich Momente, in denen ich gedacht habe: "Wow, dieser Aspekt ist mir völlig neu."

Was war so ein Wow-Moment?

Langer: Da will ich nicht zu detailliert werden. Aber es hat mir beispielsweise unglaublich imponiert, wie Norbert Elgert Jugendliche nicht nur als Fußballer, sondern auch als Menschen formt.

Ihr Vertrag als Ersatzkeeper und das Trainee-Programm enden im Sommer. Wie geht es dann für Sie weiter?

Langer: Der volle Fokus liegt auf den letzten Saisonspielen und unserem Ziel Klassenerhalt. Danach setzen wir uns zusammen.

Vor zwei Jahren sind Sie mit Schalke schon einmal aus der Bundesliga abgestiegen. Ist die aktuelle Situation mit der damaligen vergleichbar?

Langer: Diesmal wussten wir vom ersten Moment an, dass es eine schwierige Saison wird und wir auch mal ein paar Spiele hintereinander verlieren werden. Die Fans spüren und honorieren, dass wir alles versuchen und uns auf dem Feld komplett zerreißen. Deshalb herrscht im Stadion eine unglaubliche Atmosphäre. Es ist Wahnsinn, wie uns die Fans unterstützen. Das bedeutet uns unglaublich viel.

2021 haben einige Fans nach einem verlorenen Auswärtsspiel gegen Arminia Bielefeld Spieler tätlich angegriffen.

Langer: Das war eines der wenigen Spiele jener Saison, bei denen ich nicht im Kader stand. Für uns war das insgesamt eine schlimme Situation - aber auch für die Fans, weil sie wegen der Corona-Beschränkungen monatelang nicht ins Stadion durften. Es ist klar, dass sich deshalb Wut aufstaut. Die Vorkommnisse nach dem Bielefeld-Spiel rechtfertigt das in keinster Weise. Ich bin mir aber sicher, dass das mit Fans im Stadion nicht passiert wäre.

Wie schwierig ist es, mit womöglich den gleichen Fans Erfolge zu feiern, die die Mannschaft damals attackiert haben?

Langer: Die Vorkommnisse von damals sind kein Thema mehr. Wir sind eine andere Mannschaft als vor zwei Jahren und haben in dieser Saison gemeinsam mit den Fans viel Positives erlebt - in guten wie in schweren Zeiten.

Michael Langer wechselte 2017 ablösefrei vom schwedischen Klub IFK Norrköping zum FC Schalke 04.
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Wie erleben Sie Trainer Thomas Reis?

Langer: Der Trainer hat ein extrem gutes Gespür für die Mannschaft. Er kombiniert harte Arbeit mit einer gewissen Lockerheit. Es ist 100 Prozent Feuer in den Einheiten, aber es darf auch gelacht werden.

Inwiefern greift er auf Ihre langjährige Erfahrung zurück?

Langer: Wir älteren Spieler haben beim Trainer einen extrem hohen Stellenwert. Wir sollen unsere Erfahrungen in Gesprächen weitergeben und die Jungs motivieren. Wenn uns Dinge auffallen, sollen wir das sofort ansprechen. Ich will den Jungen eine Stütze sein. Mannschaftsintern stimmt es bei uns, wir sind ein verschworener Haufen.

Nächsten Samstag geht es gegen den FC Bayern München, ein Schalker Sieg würde auch den Titelambitionen des Lokalrivalen Borussia Dortmund helfen. Ist das Thema bei Euch?

Langer: Nein, zu 0,0 Prozent. Wir schauen nur auf uns.

Beim FC Bayern steht seit der Winterpause Yann Sommer im Tor, zuletzt wurde viel über seine fehlende Körpergröße diskutiert.

Langer: Die Kritik an ihm ist mir teilweise viel zu hart. Jeder Torhüter hat andere Vorzüge. Insofern finde ich es schwierig, ihn beispielsweise mit Manuel Neuer zu vergleichen. Für mich ist Yann Sommer ein Weltklasse-Keeper.

Aus Torwart-Sicht: Welcher Bayern-Spieler hat den gefährlichsten Schuss?

Langer: Leon (Leon Goretzka, Anm. d. Red.) hat eine schöne rechte Klebe (lacht). Die durfte ich auch hier im Training schon erleben. Ansonsten finde ich Leroy Sanés Schuss super.

"Die Kritik an ihm ist mir teilweise viel zu hart": Michael Langer verteidigt seinen Keeper-Kollegen Yann Sommer vom FC Bayern München.
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Ein kleiner Blick zurück: Sie haben 2009 ein Probetraining bei Manchester United absolviert. Wie ist es dazu gekommen?

Langer: United hat damals einen dritten Torhüter gesucht. Das Probetraining hat ein Berater organisiert. Dabei kam mir auch zugute, dass mich Uniteds Torwarttrainer Eric Steele bereits von einem Sommer-Camp in Deutschland kannte. Letztlich war ich vier Tage dort. Für mich war das ein Riesenerlebnis.

Warum hat ein Wechsel nicht geklappt?

Langer: Wir standen danach noch ein halbes Jahr lang im Austausch, aber es wurde dennoch nie konkret.

Hatten Sie vor Ort Kontakt mit Sir Alex Ferguson?

Langer: Ja, das weiß ich noch ganz genau. Auf einmal bewegte sich beim Mittagessen in der Kantine der Stuhl rechts neben mir nach hinten - und Sir Alex Ferguson hat sich dazugesetzt. Wir haben uns eine halbe Stunde lang unterhalten. Es war beeindruckend, wie viel er über mich, meine Familie und meine Jugend wissen wollte. Leider war mein Englisch damals sehr schlecht. Ich habe mich dafür bei ihm entschuldigt. Mein Schulenglisch und sein schottischer Akzent waren kein gutes Match (lacht).

Noch zwei Jahre davor haben Sie als Ersatzkeeper von Timo Hildebrand mit dem VfB Stuttgart die deutsche Meisterschaft gewonnen.

Langer: Das ist wie ein Kurzfilm in meinem Kopf, den ich immer wieder abspiele. Wir hatten damals eine überragende Mannschaft, ein super Trainerteam und unglaubliches Selbstvertrauen. Da hat alles gepasst.

Stehen Sie noch in Kontakt mit den Kollegen von damals?

Langer: Mit dem einen oder anderen tausche ich mich immer wieder aus. Zum zehnjährigen Jubiläum hat der Verein ein Treffen organisiert. Da waren fast alle der Jungs dabei.

Michael Langer: Seine Stationen im Profifußball

ZeitraumKlubPflichtspiele
2006 bis 2008VfB Stuttgart1
2008 bis 2010SC Freiburg15
2010 bis 2012FSV Frankfurt7
2012 bis 2014SV Sandhausen8
2016 bis 2018Valerenga Fotball46
2016TB Rowdies-
2016 bis 2017IFK Norköpping36
seit 2017FC Schalke 045