Florian Neuhaus im Interview: "FC Bayern genau der richtige Gegner, um eine Reaktion zu zeigen"

Von Jonas Rütten
Spielt eine herausragende erste Bundesligasaison bei Borussia Mönchengladbach: Mittelfeldspieler Florian Neuhaus.
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Dass Sie es geschafft haben, sich Ihren Traum von der Bundesliga zu erfüllen, hing auch mit Entbehrungen zusammen. Schon mit zehn Jahren gingen Sie zu 1860 München und haben mal gesagt, dass es nicht immer leicht war, alles unter einen Hut zu bringen. Schildern Sie uns doch mal Ihren damaligen Tagesablauf.

Neuhaus: Mir und meinen Eltern war es wichtig, dass ich nebenbei noch eine Ausbildung mache, obwohl ich am liebsten natürlich nur Fußball gespielt hätte. Zum Ende meiner Jugendzeit bin ich um 7 Uhr morgens mit der Bahn von Landsberg nach München reingefahren und abends um 22 Uhr erst nach Hause gekommen. Das war schon ein Fulltimejob, aber das hat mich persönlich weitergebracht und ich bin im Nachhinein froh, das gemacht zu haben, obwohl ich dann später die Ausbildung nicht beendet habe.

Das hing wohl auch mit Ihrem Profidebüt zusammen. Trainer Kosta Runjaic war bei den Löwen 2016 die treibende Kraft dahinter und sagte anschließend, dass Sie "eine coole Sau, unbekümmert, frech und dynamisch" seien. Sind Sie immer noch eine coole Sau?

Neuhaus (lacht): Es ist tatsächlich nicht das erste Mal, dass ich auf seine Aussage angesprochen werde. Wenn das andere über mich sagen, dann ist das okay. Aber ich würde das niemals über mich selbst behaupten.

Und wie steht es um die Unbekümmertheit?

Neuhaus: Da bin ich mir treu geblieben.

Neuhaus über den Abstieg mit 1860 München, geschlossene und offene Türen

So groß die Freude über Ihre erste Saison bei den Profis war, so enttäuschend war das Ende. In Ihrem letzten Spiel als Sechziger ist der Klub abgestiegen. Nicht unbedingt ein Abschied, den es gebraucht hätte.

Neuhaus: Das war sehr bitter damals mit der Relegation gegen Regensburg. So richtig hatte niemand daran geglaubt, dass wir tatsächlich absteigen könnten. Als es dann passierte, habe ich schon ein bis zwei Wochen gebraucht, um das zu verarbeiten. Aber so habe ich eine neue Lektion gelernt im Profifußball: Eine Tür hat sich für mich geschlossen und eine andere hat sich geöffnet. Ich habe für mich das Beste aus dem Abstieg gemacht.

Wie wichtig war der darauffolgende Tapetenwechsel? Immerhin ging es anschließend zum ersten Mal raus aus München und weg von der Familie.

Neuhaus: Das mit dem Wechsel zu Gladbach und der Leihe nach Düsseldorf war genau das Richtige. Auch nach dem Abstieg mit 1860 erstmal in der 2. Bundesliga zu spielen, Stammspieler und Leistungsträger für eine Mannschaft zu sein. Der Aufstieg war dann die Krönung der Saison. Rückblickend betrachtet haben alle Beteiligten fast alles richtig gemacht.

Wie groß war der Reiz, angesichts der so guten Entwicklung in Düsseldorf und dem Aufstieg vielleicht doch etwas länger bei der Fortuna zu bleiben?

Neuhaus: Für mich war von Anfang an klar, dass ich nach dem Jahr zu Borussia Mönchengladbach zurückkehren werde.

Warum war das so klar? In Düsseldorf hätten Sie einen Stammplatz sicher gehabt, anders als in Gladbach - zumindest auf den ersten Blick.

Neuhaus: Das hing damit zusammen, dass Dieter Hecking und Max Eberl schon frühzeitig mit mir geredet und mir signalisiert haben, dass sie mit mir in Gladbach voll planen. Außerdem wollte ich unbedingt für Gladbach spielen.

Die Fortuna hat alles versucht, um die Leihe nochmal um ein weiteres Jahr zu verlängern. Das hing auch mit Friedhelm Funkel zusammen. Der sprach in höchsten Tönen von Ihnen und bezeichnete Sie als "entscheidenden Faktor für den Aufstieg". Welche Beziehung hatten Sie zu ihm?

Neuhaus: Friedhelm Funkel und Co-Trainer Peter Hermann waren mitentscheidend dafür, dass ich überhaupt zur Fortuna gewechselt bin. Wir hatten von Anfang an ein sehr enges Verhältnis und ich bin wahnsinnig dankbar dafür, so einen Trainer wie ihn gehabt zu haben.

Ende März steht das zweite Spiel gegen Funkel und Ihre ehemaligen Teamkollegen an. Sie kehren zurück an die alte Wirkungsstätte. Ein besonderes Spiel für Sie?

Neuhaus: Ich freue mich da natürlich drauf. Ich habe noch Kontakt zu einigen Spielern aus der Mannschaft und in Düsseldorf zu spielen wird ein Highlight.

Aufstieg 2018: Mit dem "entscheidenden Faktor" Florian Neuhaus kehrte Fortuna Düsseldorf in die Bundesliga zurück.
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Aufstieg 2018: Mit dem "entscheidenden Faktor" Florian Neuhaus kehrte Fortuna Düsseldorf in die Bundesliga zurück.

Neuhaus: Champions League gegen Kroos? "Das wäre ein Traum"

Erstmal steht aber jetzt das Highlight gegen den FC Bayern an. Für Sie als ehemaliger Sechziger auch so etwas wie ein persönliches Derby?

Neuhaus: Ein bisschen schon noch. Aber das ist über die Jahre etwas abgeflacht, auch weil ich nicht mehr so viel Kontakt zu 1860 habe.

Gegen die Bayern gilt trotz der Anfälligkeiten in der Defensive in dieser Saison immer noch die goldene Regel: Aus den Chancen das Maximum rauszuholen. Das war gerade gegen Wolfsburg nicht unbedingt die Stärke von Gladbach und auch Sie sahen in zwei Szenen vor dem Tor etwas unglücklich aus.

Neuhaus: Daran müssen wir und auch ich arbeiten. Die Chancenverwertung war ja gerade das, was uns in der Hinrunde ausgezeichnet hat. Da müssen wir wieder hinkommen, aber ich mache mir keine Sorgen, dass uns das gelingt. Dafür haben wir zu viel Qualität.

Vielleicht hilft ja das Ailton-Trikot von 2004? Die Rückennummer würde zumindest passen. Auch Sie tragen die 32 und man hörte, dass es sich in Ihrem Besitz befindet. Wie kam es dazu?

Neuhaus (lacht): Durch meinen Onkel. Der war Fan von Werder Bremen. Wie er dazu kam, kann ich selbst nicht sagen, aber er hat mir das Trikot zur Meisterschaft 2004 geschenkt.

Fußballerische Vorbilder, bei denen Sie sich etwas abschauen, sind für Sie aber andere, oder?

Neuhaus: Toni Kroos finde ich ziemlich beeindruckend.

Warum?

Neuhaus: Bei seiner Art, wie er spielt, hat man immer das Gefühl, dass er zu jederzeit Herr der Lage ist. Er kann sich aus wahnsinnig schwierigen Situationen herauslösen und gibt seinen Mitspielern einfach ein gutes Gefühl mit seiner Passquote und seinem Auftreten auf dem Platz.

Warum hing dann ein Poster von Mesut Özil in Ihrem Kinderzimmer?

Neuhaus: Das hing damals mit Werder Bremen zusammen. Da hingen meistens die Spielmacher von Werder an der Wand, von Johan Micoud, über Diego bis hin zu Özil. Das hat mich damals an Bremen fasziniert, dass sie immer diese tollen kreativen Spieler hatten. Später dann ja auch noch Kevin De Bruyne. Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.

Stand jetzt könnten Sie nächstes Jahr gegen Kroos und De Bruyne spielen. Das wäre doch was.

Neuhaus: Das wäre ein Traum. Aber bis dahin haben wir noch ein paar Spieltage zu gehen.

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