Im Interview berichtet Hinteregger von Mitspielern, die wegen des Druck des Profifußballs vor Spielen kotzten. Er erzählt, dass Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz "menschlich der Beste der Welt" sei, seine Firma dem "toten Verein Austria Salzburg" half und F91 Düdelingen in Österreich um den Titel mitgespielt hätte.
SPOX: Herr Hinteregger, Sie sind beim Augsburger Amateurverein TSV Haunstetten Co-Trainer der U11. Wie kam es dazu?
Martin Hinteregger: Mein Vater ist seit Jahren Nachwuchsleiter meines Heimatvereins Sirnitz in Kärnten. Mit Kindern zu trainieren ist mir also in die Wiege gelegt worden und da war ich froh, als sich diese Chance ergab. Ich wäre gerne Cheftrainer der Mannschaft, aber das ist leider nicht möglich, weil ich an den Wochenenden unterwegs bin. Beim Training am Dienstag und Donnerstag bin ich aber immer dabei.
SPOX: Was sind sie für ein Trainertyp?
Hinteregger: Ich bin der größte Kumpeltyp überhaupt. Denn worum geht es bei Elfjährigen? Nicht um Taktik oder Ergebnisse, sondern um Spaß. Dafür kann ich ganz gut sorgen. Ich lasse mir gerne eine Gurkn (Anm. d. Red.: österreichisch für Tunnel) schieben, denn dann freuen sich die Jungs zwei Minuten lang. Dann grätsche ich halt einen um und das taugt ihnen auch wieder.
SPOX: Was gibt Ihnen diese Tätigkeit?
Hinteregger: Ich kehre dadurch gedanklich zu meinen eigenen Ursprüngen zurück und erinnere mich, was für einen Spaß ich am mal Fußball hatte. Profifußball ist nämlich kein Spaß mehr, sondern Druck.
Martin Hinteregger: Druck? "Hatte Mitspieler, die vor Spielen kotzten"
Hinteregger: Ich kann seine Aussagen hundertprozentig nachvollziehen und glaube, dass sie vielen die Augen öffneten. Keiner will Schwächen zeigen und deshalb wird das Thema totgeschwiegen. Wer aber im Profifußball keinen Druck verspürt, ist ein sehr einmaliger Spieler. Ich persönlich hatte Mitspieler, die vor Spielen kotzten, weil sie es nicht mehr aushielten. Wenn das Woche für Woche passiert, ist das schon brutal.
SPOX: Hatten Sie einmal das Gefühl, dass es bei Ihnen in die falsche Richtung gehen könnte?
Hinteregger: Ja, im Frühjahr 2017 als ich von Salzburg an Borussia Mönchengladbach verliehen war. Ich hatte einen unruhigen Herbst in Salzburg und nach dem Wechsel lief es auch nicht optimal für mich. Ich redete mir ein: Entweder schaffst du jetzt den Turnaround und bringst endlich wieder deine Leistung oder du wirst ewig in der österreichischen Bundesliga spielen und irgendwann nicht einmal mehr das, sondern nur in der zweiten Liga. Damals war ich mental richtig belastet. Ich wusste, dass die nächsten ein, zwei Monate über meine restliche Karriere entscheiden. Zum Glück habe ich den Turnaround geschafft.
SPOX: Warum läuft es für Sie in Augsburg besser als in Mönchengladbach?
Hinteregger: Das weiß ich selbst nicht. Ich konnte in Gladbach einfach nicht leisten, was ich von mir gewohnt war. Auch wenn das Umfeld dort passte, ist der Wohlfühlfaktor in Augsburg natürlich höher als in NRW. Und die Augsburger sind hinsichtlich ihrer Mentalität ja eigentlich eh keine Schwaben, sondern Österreicher.
Martin Hinteregger: "Vielleicht trete ich einer Band bei"
SPOX: Wie schaffen Sie es jetzt, mit dem Druck im Profifußball umzugehen?
Hinteregger: Abschalten zu können ist das A und O. Jeder muss einen Weg finden, wie ihm das gelingt. Bei mir geht das am besten, wenn ich Skifahren gehe und zwei Tage lang nicht an Fußball denke. Außerdem spiele ich regelmäßig Tennis, in diesem Winter wollte ich eigentlich mit Eishockey anfangen. Damals hatten wir aber gerade viele Verletzte, weswegen ich es auf nächstes Jahr verschoben habe. So ein Puck erwischt einen schnell schmerzhaft und es wäre blöd gewesen, wenn ich auch noch ausgefallen wäre. Sicherheitshalber habe ich den Trainer der Augsburger Panthers Mike Stewart aber schon gefragt, ob er demnächst einen neuen linken Flügel braucht.
SPOX: Und?
Hinteregger: Natürlich braucht er einen. Aber leider einen mit mehr Qualität als ich.
SPOX: Welche Sportarten reizen Sie noch?
Hinteregger: Motorsport! Ich will unbedingt mal auf einer richtigen Rennstrecke fahren. Mein Mitspieler Fabian Giefer soll mir das beibringen, der ist direkt neben dem Nürburgring mit Benzingeruch aufgewachsen und selbst oft auf Rennstrecken unterwegs.
SPOX: Was ist Ihr bisheriger Highspeed auf einer Autobahn?
Hinteregger: Mehr als 220 km/h traue ich mich im Straßenverkehr nicht, weil ich zu viel Angst vor den anderen Autofahrern habe. Auf der Rennstrecke würde ich aber sicher 300 fahren.
SPOX: Sie haben mal erzählt, dass Sie zur Ablenkung vom Fußball auch Ziehharmonika spielen.
Hinteregger: Da bin ich noch dran, aber weil es in Augsburg keine Lehrer gibt, habe ich mich bei einer Online-Seite angemeldet. Zwei Steirer stellen dort alle möglichen Lieder rein und bringen einem das super bei, das kann ich nur weiterempfehlen. Das Wichtigste ist, dass man jeden Tag ein bisschen übt, aber das geht bei mir nicht, weil ich knapp 100 Nächte im Jahr im Hotel verbringe. Bis zu meinem Karriereende will ich ordentlich spielen können. Vielleicht trete ich dann auch einer Band bei.
SPOX: Welche Lieder klappen jetzt schon?
Hinteregger: Angefangen habe ich mit dem "Alten Jäger vom Silbertannental". Das kann ich mittlerweile schon ganz gut. Polka und Gstanzl begleiten schaffe ich auch.