SPOX: Herr Fuchs, eine abseitige Frage zu Beginn. Sie hatten einst Schlangen als Haustiere. Wie kommt man auf so eine Idee?
Christian Fuchs: Als Fußballer ist man viel unterwegs und manchmal ein paar Tage lang nicht zuhause. Ich wollte aber trotzdem Haustiere und habe deshalb per Ausschlusskriterium überlegt, welche Tiere überhaupt "benutzerfreundlich" sind. Katzen? Nein. Hunde? Nein. Hamster? Nein, die sind nur Schlangenfutter. Und so bin ich dann auf die Idee mit den Schlangen gekommen. Die sind ideale Haustiere, weil sie einen Monat ohne Futter auskommen und kaum Pflege brauchen.
SPOX: Zum Sportlichen: Vor eineinhalb Jahren wurden Sie mit Leicester City Meister, jetzt befindet sich der Klub im Tabellenmittelfeld. Warum ging es so schlagartig bergab?
Fuchs: Das weiß ich nicht, sonst hätte ich die Ursachen ja behoben und wir hätten unseren Titel verteidigt. Im Meisterjahr ist einfach alles für uns gelaufen. Wir haben zwar viel gearbeitet, aber es ist alles sehr leicht gefallen und die Siege sind von alleine gekommen. Mit der Doppelbelastung Champions League wurde es dann komplizierter. Da tun sich Vereine, die kein großes Budget und deshalb keinen breiten Kader haben, einfach schwer. Als wir dann aus der Champions League ausgeschieden waren, holten wir in der Meisterschaft schnell die nötigen Punkte auf.
SPOX: In dieser Saison läuft es jedoch erneut nicht optimal. Trainer Craig Shakespeare wurde entlassen und durch Claude Puel ersetzt. Wie ist der erste Eindruck?
Fuchs: Sehr positiv! Es macht Spaß mit ihm und die ersten Spiele waren auch gleich relativ erfolgreich. Abgesehen von einigen neuen Trainingsmethoden hat er aber gar nicht viel geändert. In seiner ersten Ansprache meinte er, dass er einige Dinge langsam und stetig aber nicht schlagartig umstellen wird.
SPOX: Wie liefen einst die ersten Wochen unter dem späteren Meistertrainer Claudio Ranieri?
Fuchs: Natürlich hatte er eigene taktische Vorstellungen, aber das Beste war, dass er kaum etwas änderte - ähnlich wie jetzt Puel. Im Sommer 2015 waren wir eine Woche lang im Trainingslager in Österreich und da stand Claudio nur da, schaute zu, schwieg und observierte. Danach kam er zu uns und sagte: "Jungs, das funktioniert ja alles sehr gut und ihr fühlt euch wohl. Da brauche ich nichts Grundlegendes ändern." Der Aufbau der Trainingswoche, die Trainingszeiten, die Organisation der freien Tage und die Routinen an Spieltagen - all das wurde exakt beibehalten. Es hört sich unspektakulär an, aber es war Ranieris wichtigste Maßnahme, fast alles so zu lassen, wie es war.
SPOX: Was ist Ranieri für ein Typ?
Fuchs: Ein leiwander Kerl, wie wir das in Österreich nennen. Seine Mannschaftsführung war phänomenal, er war für uns alle eine Großvater-Figur und hat respektiert, dass Spieler keine Maschinen, sondern Personen mit Interessen und Familien sind. Er wusste beispielsweise, dass ich meine Frau und meine Kinder, die in New York leben, nur einmal im Monat sehe. Als ich dann einmal gesperrt war, sagte er, ich solle mir vier Tage freinehmen und zu meiner Familie fliegen. Sobald ich merke, dass meinem Trainer solche Sachen wichtig sind, gebe ich auf dem Platz automatisch mehr.
SPOX: Ab wann glaubten Sie 2016 eigentlich an den Titel?
Fuchs: Eigentlich glaube ich bis heute nicht, dass es wirklich passiert ist. Ich überlege immer wieder, wie ich die Gefühle, die ich seitdem habe, richtig beschreiben kann, aber ich schaffe es einfach nicht. Meine Sprachlosigkeit sagt alles darüber aus.
SPOX: Die Mannschaft von damals ist wohl schon jetzt die legendärste der Vereinsgeschichte.
Fuchs: Ja und ich hoffe mal, dass Leicester nie mehr Meister wird und sich das somit nicht mehr ändert. (lacht)
SPOX: Der thailändische Vereinsbesitzer Vichai Srivaddhanaprabha hat jedem Spieler zum Dank einen blauen BMW i8 vor das Stadion geparkt.
Fuchs: Als ich damals die ganzen Autos sah, fragte ich mich schon, ob ich jetzt in einer anderen Welt bin. Er ist sehr großzügig und will, dass der Verein wie eine Familie geführt wird. Wenn er stolz auf seine Jungs ist, dann will er uns das einfach zeigen. Jedem gleich einen BMW zu schenken, ist dann aber schon ein irrsinniges Ausmaß. Wenn meine Kinder etwas leisten, dann belohne ich sie im etwas kleineren Rahmen aber auch. Und wenn nicht, dann gibt's was auf die Finger.
SPOX: Wie fährt sich das Auto?
Fuchs: Es macht schon Spaß, aber das Ein- und Aussteigen ist mir zu anstrengend. Die Türen gehen nach oben auf und deshalb muss man über eine Stufe gebückt reinkriechen. Nach ein paar Mal tut mir alles weh, wobei es etwas besser wurde, seitdem ich eine neue Methode entwickelt habe: Ich stell mich jetzt rückwärts davor und lasse mich einfach reinfallen. Eigentlich bin ich zu alt für so ein Sportauto, selbst würde ich es mir jedenfalls nicht kaufen. Ich fahre lieber einen geräumigen Familienvan.
SPOX: Ihre Kinder sehen das wahrscheinlich anders.
Fuchs: Die finden es leiwand, wenn der Papa ein bisschen aufs Gas steigt.
SPOX: Zurück zu Vichai Srivaddhanaprabha. Wie lange hat es gedauert, bis Sie seinen Namen fehlerfrei aussprechen konnten?
Fuchs: Ich kann es noch immer nicht. (lacht) Wir nennen ihn nur Vichai, das merke ich mir gerade so.
SPOX: Wie eng ist der Kontakt zwischen ihm und der Mannschaft?
Fuchs: Er ist ein sehr offener und zugänglicher Mensch. Dauernd will er mit uns Spielern in Kontakt treten und das Gefühl haben, für uns da zu sein. Er ist kein Boss, der den großen Macker spielt, sondern einer, mit dem man viel Spaß haben kann.