"Viel Körper. Gut. Alle Liebe"

Von Oliver Wittenburg
Findet sein Glück: A. Vidal. Ist der Größte: T. Werner. Hängt rum: V. Putin. Hat gut lachen: T. Tuchel
© getty

"Spielplan is raus, kann also losgehen", denkt der Bundesliga-Fan auf Entzug. "Noch ein wenig Malle, Caipi, Transfer- und Testspielquatsch zum Substituieren und dann heißt's wieder: volle Dröhnung!" Naive Träumer, sagen wir. Bevor's losgeht, geht's ab. Beachte: Dieser Text entstand unter starker Hitzeeinwirkung. Etwaige Ungereimtheiten sind rein zufällig, aber passiert.

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29. Juni 2017: Die DFL präsentiert stolz dufte Zahlen und den neuen Spielplan mit duften neuen Anstoßzeiten. Die Reaktionen der Liga auf das Programm fallen mannigfaltig aus. Die einen bedauern es, kein Heimspiel am 1. Spieltag zu haben, die anderen freuen sich, ein Heimspiel am 1. Spieltag zu haben. Allen gemein ist: Sie freuen sich prinzipiell auf die neue Saison. Besser ist das.

Gar nicht erfreut ist man in Mannheim, das das Feuilleton als Wiege einer neuen Vernunftbewegung im deutschen Fußball feiert. Aus Kreisen des SV Waldhof von 1907 ist leise Kritik zu hören. Die Fußball-Liga sei wohl "vun eme Äff gebisse". Besonders das Eröffnungsspiel missfällt: "5:0, 6:0 und jetzt? Gäähn."

2. Juli: Keiner hat etwas von dem genialen Plan geahnt, den die DFL da in der Schublade liegen hat.

3. Juli, 12 Uhr: Schublade auf: "Hiermit erteilen wir dem Rot-Weiss Essen e.V. die Spielerlaubnis für die Bundesliga-Saison 2017/18. Mit der Erteilung der Lizenz sind keinerlei wirtschaftlichen Auflagen für den Deutschen Pokalsieger von 1953 und Deutschen Meister von 1955 verbunden", liest sich eine gemeinsame Pressemitteilung von DFL und DFB.

3. Juli, 12.01 Uhr: "Ein haarsträubend abgeschmackter Versuch, verlorenes Terrain bei Fußballromantikern zurückzugewinnen", lässt Waldhof Mannheim verlauten.

3. Juli, 12.03 Uhr: "Solche Farbtupfer sind doch sehr interessant und bereichernd", sagt DFB-Vize Hans-Dieter Drewitz seinen Kommentar zu den Chinaplänen in der Regionalliga Südwest recycelnd.

3. Juli, 12.04 Uhr: "Wow!", heißt es mit etwas Verzögerung - man musste erst nachgucken, wer mit Pokalsieger '53 und Meister '55 gemeint war - aus Essen. Dass die Essener eigentlich erst 2018/19 Bundesliga spielen wollten und ihr "Antrag" auch nur als SCHERZ gedacht war, interessiert keinen mehr.

Scherze nicht mit deutschen Sportverbänden. Weiß man doch.

30. Juli, 23.57 Uhr: Keiner hat etwas von dem genialen Plan geahnt, den Uli Hoeneß in der Schublade liegen hat. Wenn die anderen wüssten, wie sehr er die Schnauze voll davon hat, dass sich alles nur um Schwarz und Gelb dreht. Watzke, Watzke, Watzke, Tuchel, Tuchel, Tuchel, blablabla. Während sich er und der FC Bayern noch dafür entschuldigen müssen, die Meisterschaft zu gewinnen. Und dann diese Granatendiskussion. "Granatendeppen!", entfährt es ihm, doch dann schmunzelt er...

11. August: Noch eine Woche bis zum Bundesligastart. Die Diskussion über den durch RWE in Unordnung geratenen Spielplan wabert durchs Land. Für Uli Hoeneß ist jetzt Zeit, mal mit tatsächlichen Granaten um die Ecken zu kommen.

"Dank der hervorragenden Beziehungen des FC Bayern München in die Vereinigten Staaten von Amerika sei es gelungen, einen historischen Coup zu landen..." Im Weiteren heißt es bla, Völkerverständigung, blabla, beiderseitiges Wohl, blabla, neue Märkte, bla, Aufmerksamkeit, neue Chancen...

Am Ende atmen die Spielplanbauer erleichtert auf: Mit den Old England Patriots schließt sich das 20. Team der Bundesliga an. Kleiner Haken: Die Jungs von der Insel spielen American Football und bereiten sich auf ein Einstieg in die NFL vor. Immerhin versprechen sich Amerikaner und Deutsche einiges davon.

"Solche Farbtupfer sind doch sehr interessant und bereichernd", sagt Drewitz.

"Granatenscheiß", kommentiert ein Sprecher vom Waldhof.

"Relegation geritzt!", jubelt ein HSV-Funktionär.

1. Spieltag: Es kommt noch besser für den HSV. Nach der Spielplanumstellung trifft man zu Hause auf Quereinsteiger Essen und gewinnt 7:0. Der BVB spielt Versuchskaninchen gegen die Patriots und beklagt anschließend eine klare Niederlage und acht angeschlagene Spieler. "Endlich was richtig gemacht", denkt Marco Reus auf der Tribüne. Die Bayern sind enttäuschender Zweiter mit ihrem schlechtesten Eröffnungsspielergebnis seit 2014. Robert Lewandowski steuert lediglich drei Tore zum 4:0 gegen Leverkusen bei und beklagt sich bitterlich über mangelhafte Zuspiele.

Standing Ovations für Timo Werner

Immer noch 1. Spieltag: Bemerkenswert verhalten sich die Ultras an diesem Wochenende. Es findet sich kein Transparent mit Hassbotschaften, kein Schmähgesang ist zu hören. Hie und da knistert eine Wunderkerze, Bengalos haben Pause.

"Wir, die sogenannten Fans, die Idioten, Fußballanhänger in Anführungsstrichen, Chaoten, Unbelehrbaren halten jetzt mal die Füße still", quiekt Benno F. mit verstellter Stimme im Interview mit "Report München". "Dann werden die Menschen schon sehen, wer die wahren Totengräber des Fußballs sind."

Rührend wird's auf Schalke, wo es Standing Ovations vom ganzen Stadion gibt, als "Mr. Confed Cup" Timo Werner nach einer Fabelleistung in der 78. Minute ausgetauscht wird.

2. Spieltag: Jetzt sind die Bayern dran mit dem Match gegen die Patriots. Über das Ergebnis hüllen wir den Mantel des Schweigens. Nur so viel: Kann jemand Thomas Müller das mit dem "false start" noch mal erklären? Aber ansonsten sind Strahlemann und Söhne angesagt bei den Bayern. Der Verkauf von Football-Equipment sprengt alle Grenzen. Ein Helm für schlanke 379,99 Euro, das rechnet sich.

Zwischendurch: Die Kritik an der Football-Geschichte wächst, nicht nur in Mannheim. Zu viele Verletzte, Spielplan-Kapriolen, Regelchaos. Auch bei den Bayern ist Schluss mit lustig, nachdem zwei Spieler spurlos verschwunden sind.

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