Epinal, ein ruhiger Fleck im Osten Frankreichs. Die Kleinstadt an der Mosel verspricht weder Pariser Glamour, noch den europäischen Kleinstadtflair Straßburgs. Dort wurde Gaetan Bussmann geboren und dort hat er das erste Mal im Schatten des Stade de la Colombiere gegen einen Ball getreten. Gut genug, um 2004 vom örtlichen SAS Epinal in die glorreiche Jugendakademie des FC Metz zu wechseln.
Glorreich deswegen, weil sie seit den 1980er zu den besten Ausbildungsstätten des Landes gehörte. Stars wie Robert Pires, Louis Saha und Emanuel Adebayor verließen die Lothringer für gutes Geld, um im europäischen Spitzenfußball Fuß zu fassen. Gemeinsam mit Miralem Pjanic, der 2004 aus Luxemburg zu den "Grenats" übersiedelte, teilte sich der junge Bussmann in jener Zeit ein Doppel-Zimmer.
Der große Zimmerkollege
Doch ihre Entwicklung nahm eine völlig unterschiedliche Richtung. Während der bosnische Spielgestalter schnell auf den Wunschzetteln vieler französischer Scouts stand und 2008 für 7,5 Millionen Euro bei Serienmeister Olympique Lyon landete, musste sich Bussmann erst über die U-Nationalmannschaft Frankreichs empfehlen.
Nach regelmäßigen Aufenthalten bei der U18 der Bleus folgte 2010 der Titel bei der U19-Europameisterschaft vor heimischem Publikum. Linksverteidiger Bussmann kam jedoch nur auf einen Einsatz, spätere Stars wie Atleticos Antoine Griezmann, Lyons Torschützenkönig Alexandre Lacazette und Arsenals Francis Coquelin heimsten die Lorbeeren ein.
Bussmann blieb beim FC Metz. Dort gewann er 2010 die Coupe Gambardella, den wichtigsten Nachwuchspokal Frankreichs. Kurz darauf gab er sein Profi-Debüt in der Ligue 2, wurde zum Symbol des Aufwärtstrends, ohne jedoch dauerhaft Eindruck zu schinden. Im zweiten Jahr kam es noch dicker für den Linksverteidiger: Verletzungen verhagelten jegliche Chance auf Einsatzminuten.
Zimmer-Kollege Pjanic war da bereits zum Jungstar avanciert und zauberte in der Champions League, um dann im Sommer 2011 für elf Millionen Euro zum AS Rom zu wechseln. Für Bussmann ging es Neujahr 2012 erst einmal für ein halbes Jahres zurück nach Epinal. Dritte Liga, alles auf null für den Spinalien, so der Name der Einwohner seiner Heimatstadt.
Achtung Linksverteidiger!
Bussmann nutzte die Zeit, gab sich keinen Allüren hin, sammelte Spielpraxis und kehrte nach Metz zurück. In der Folge etablierte sich der Franzose in der Ligue 2. Vor allem sein Offensivspiel wusste zu begeistern. Mit vier Toren und vier Vorlagen war er ein Leistungsträger in der Aufstiegssaison der Lothringer, bei Eckbällen schlich sich der 1,84 Meter große Verteidiger in den Strafraum und traf regelmäßig per Kopf. Auch seine Schnelligkeit und die sehenswerten Dribblings auf den Außen ragten heraus.
Bussmann erarbeitete sich einen guten Ruf. Metz beendete die Meisterschaft mit den wenigsten Gegentreffern und schaffte den Aufstieg. Angekommen in der Ligue 1 behielt er seinen Offensivdrang, markierte zwei Treffer und gab vier Assists. Am Ende stieg der Klub jedoch trotz aller Mühen sang- und klanglos ab.
Trotz seiner Qualitäten im Offensivspiel konnte auch er die 61 Gegentreffer der Grenats nicht verhindern. Kein Wunder, der junge Franzose beschränkt sich nicht auf die Verteidigung. "Ich bin ein offensiver Außenspieler wie Gareth Bale", sagte er Moselle Sport. Die Balance zwischen Verteidigung und Angriff müsse er allerdings noch verbessern.
Wie die Faust aufs Auge
Während die Ex-Kollegen Lacazette, Pjanic und Griezmann Strafräume unsicher machten, lief Bussmann in Europa weiter unter dem Radar. Somit scheint es kein Zufall, dass er bei Mainz 05 alandete. Die Rheinhessen sind bekannt dafür, ausgiebig zu scouten und junge Spieler mit Potenzial an den Rhein zu holen.
Bussmann passt wohl wie die Faust aufs Auge: Er ist dynamisch, flexibel und steht - passend zur Industrieregion Lothringen - für harte Arbeit. Ansprüche stellt er nicht - jedenfalls nicht öffentlich. "Ich habe nicht lange gezögert oder darüber nachgedacht. Es ist eine Herausforderung, sich durchzusetzen. Konkurrenz gibt es in jedem Klub. Ich will so schnell wie möglich Deutsch lernen. Es liegt an mir, jetzt hier den Anschluss zu finden", sagte der Franzose bei seinem Antritt gegenüber der Mainzer Allgemeinen Zeitung.
Auch preislich gehen FSV-Manager Christian Heidel und Coach Martin Schmidt kein Risiko ein. Für eine Millionen Euro kam der Linksverteidiger in die Bundesliga - als Ersatz für Joo-Ho Park, der die Nullfünfer in Richtung Dortmund verließ. Schon die Transfers von Fabian Frei und Yoshinori Muto fielen in eine ähnliche Kategorie: Preiswert, talentiert und entwicklungsfähig. Bussmanns Kollegen haben ihre Ligatauglichkeit bereits unter Beweis gestellt.
Warten aufs Debüt
Bis der Franzose sein Talent zeigen darf, wird es allerdings noch ein wenig dauern. Er kam bisher nur im Testspiel gegen Fulda auf Spielminuten, deutete aber schon da seine Qualitäten an. "Am Anfang war er etwas nervös, das war sein erstes Spiel für uns. Zunehmend fand er Sicherheit, wurde mutiger, seine Qualitäten nach vorne hat man heute schon gesehen", so Schmidt im Kicker.
Für einen Platz in der Bundesliga-Startelf hat es für den Neuzugang noch nicht gereicht. Statt ihm stand Pierre Bengtsson links hinten auf dem Platz. Der Schwede, der im Januar kam, interpretiert seine Position aber ähnlich offensiv.
Dass Bussmann in Schmitts 4-2-3-1 bald auch in der Liga ran darf, ist gar nicht unwahrscheinlich - vorausgesetzt, Einsatz und Einstellung stimmen. Denn Mainz verlässt sich seit Jahren auf eine starke zweite Reihe. Heißt: Das Trainergespann will bei etwaigen Verletzungen und Formschwankungen einen ebenbürtigen Mann in der Hinterhand haben.
Diesen haben sie in Bussmann auf jeden Fall gefunden, auch Einsätze in der offensiven Dreierreihe sind nicht auszuschließen. Seine Größe, die Schnelligkeit und sein Drang nach vorne lassen mehrere Optionen zu. Für einen Durchbruch in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ist es also noch nicht zu spät - auch wenn manch Andere schon längst weiter sind.