Lacazette: Warten auf Ketchup-Effekt

Alexandre Lacazette ist seit sechs Spielen torlos
© getty

Alexandre Lacazette wurde nach seiner herausragenden Saison bei Olympique Lyon von einigen Hochkarätern umworben. Der Stürmer blieb in Lyon. Plötzlich stockt die Tormaschine. Doch der schwache Saisonstart lässt sich erklären. Zuversicht auf Besserung ist vor dem Spitzenspiel gegen Olympique Marseille gegeben.

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Spätsommer. Belgien. Gent. 88. Spielminute. Sternenklarer Himmel. Fünf Schritte zurück. Ein kurzer Griff an die Nase. Der Blick zum Schiedsrichter. 60 Sekunden zuvor: Referee William Collum zeigt Foket für seine Notbremse im Strafraum gegen Lyons Kalulu den Platzverweis. Konsequenz: Der Zeigefinger in Richtung Elfmeterpunkt. Klare Entscheidung.

Ein zweiter Blick zum Schiri. Noch einer. Der Pfiff ertönt. Schneller Antritt. Kurze Verzögerung. Blickkontakt zu Keeper Sels. Der Ball verlässt den rechten Fuß von Lacazette. Halbhoch, leicht links in die Mitte. Der ins Eck gehechtete Sels reißt im Fallen den linken Arm hoch und hält! Es bleibt beim 1:1. KAA Gent schafft die kleine Sensation und knüpft Olympique Lyon zwei Punkte zum Champion-League-Auftakt ab.

Es ist der bisherige Höhepunkt seiner persönlichen Saison 15/16 - im negativen Sinne. Alexandre Lacazette ist mittlerweile seit sechs Spielen ohne Torerfolg. Ja, genau der Lacazette: Torschützenkönig der Ligue 1 in der vergangenen Spielzeit mit 27 Toren in 33 Spielen. Es war das absolute Sahne-Jahr für Lyons Stürmerstar.

Durch und durch Lyonnais

Etliche Vereine klopften an. Unter den Interessenten tummelten sich auch der FC Bayern, PSG sowie die Top-Five der Premier League. Dennoch blieb der Lyonnais bei Olympique. Sogar eine Vertragsverlängerung bis 2019 und eine ordentliche Gehaltserhöhung sprangen für den 24-Jährigen heraus. Und nun kann der Franzose die Erwartungen nicht im Geringsten erfüllen.

In Lyon als Jüngster von vier Brüdern aufgewachsen, die Jugend von Olympique durchlaufen, 2009 in den Profikader aufgenommen - Lacazette ist ein waschechter Lyonnais. Das ist sicher auch ein Grund für seinen Verbleib. Seine Heimatverbundenheit sowie das enge Familienverhältnis schoben einen Wechsel zunächst auf. "Ich habe schon oft darüber nachgedacht, aber ich weiß, dass meine Brüder mir nicht alle folgen werden", ließ Lacazette gegenüber 11Freunde verlauten.

Zu Beginn seiner Profikarriere wurde der dribbelstarke Offensivmann meist auf dem Flügel aufgeboten. Erst Ex-Coach Remi Garde setzte seinen Schützling vermehrt in der Sturmspitze ein. Und er ging durch die Decke. Der Höhepunkt seiner bisherigen Karriere war ganz klar die letzte Saison: Mit 39 direkten Torbeteiligungen in 40 Spielen entwickelte sich der nur 1,75 Meter große Sturmtank zum Leader und machte oft den Unterschied aus.

Pech? Das kleinste Problem

Zu Recht wurde er als Frankreichs Fußballer des Jahres ausgezeichnet. Diesen Titel kann Lacazette derzeit jedoch nicht rechtfertigen. Zur Erinnerung: Sechs Spiele ohne jedes Tor. Beim 1:2 gegen Stade Rennes wurde er bei seiner Auswechslung sogar von den eigenen Fans ausgepfiffen.

Im Grunde lassen sich die derzeit schwachen Leistungen des bulligen Stürmers recht simpel erklären. "Es stimmt, dass Alexandre Schwierigkeiten hat, in die Rolle als Leader, die er sich erarbeitet hat, zu schlüpfen", sagt OL- Boss Jean-Michel Aulas. Ab und an erscheint Lyons Goalgetter zu pflichtbewusst und lässt das oft zu sehr an sich ran.

Zudem musste sich Lacazette zuletzt mit Blessuren herumschlagen und spielte wohl mit Schmerzmitteln. "Er hatte ein kleines Problem mit seinem Rücken zum Start der Saison", erklärte Mitspieler Corentin Tolisso. "Das Problem ist nun weg und ich glaube wir werden jetzt wieder den alten Lacazette sehen."

Eine Frage der Zeit

Sein Talent hat Lacazette keineswegs verloren. Darüber sind sich die Experten einig. "Er ist schnell, dribbelstark und hat eine gute Technik", weiß Frankreichs Fußball-Legende Robert Pires. Auch Kapitän Maxime Gonalons versichert der L'Equipe: "Wir stehen alle hinter ihm. Er muss seine Stärke wieder finden, aber das wird kommen."

Diese Zuversicht gilt es nun zu bestätigen, was durch den Ausfall von Nabil Fekir kein leichteres Unterfangen wird. Der kongeniale Partner von Lyons Tormaschine hat sich einen Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen und fällt wohl bis März nächsten Jahres aus.

Der Knoten muss eben irgendwie ohne seinen Top-Vorlagengeber platzen. Real-Superstar Cristiano Ronaldo brachte einst den passenden Vergleich: "Mit Toren ist es wie mit Ketchup: Wenn sie mal kommen, dann alle auf einmal."

Hoffnung auf den baldigen Ketchup-Effekt macht nicht zuletzt Lacazettes letzter Auftritt gegen Gent. Trotz des verschossenen Elfmeters zeigte der Stürmer eine engagierte Leistung und hatte neben einem Abseitstor zwei Mal schlicht und einfach nur Pech. Schon am Sonntag gegen Marseille bietet sich die nächste Chance.

Alexandre Lacazette im Steckbrief

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