SPOX: Herr Stanislawski, Sie leiten seit über einem halben Jahr zusammen mit Ex-HSV-Profi Alexander Laas einen Supermarkt in Hamburg. Dort sind Sie Herr über eine Gesamtfläche von fast 8000 Quadratmetern, 130 Angestellten und erwirtschaften einen Jahresumsatz von 30 Millionen Euro. Wenn Ihnen dies jemand vor drei Jahren prognostiziert hätte, was hätten Sie entgegnet?
Holger Stanislawski: Dass das nicht unbedingt in meinen Planungen auftaucht (lacht). Als wir uns letztlich dafür entschieden haben, wussten wir aber, welche Herausforderung wir annehmen - Management auf hohem Niveau. Wir haben ja keinen kleinen Krämerladen, sondern ein Sortiment von rund 50.000 Artikeln. Mit zwei Stunden vor Ort sein und dann wieder nach Hause gehen ist es nicht getan.
SPOX: Sondern?
Stanislawski: Ich bin durchschnittlich sechs Tage die Woche zwischen zehn und zwölf Stunden im Laden. Dieses Geschäft ist sehr zeitintensiv. Ich bin ja nicht nur im Markt zugegen, sondern auch vor Ort bei Lieferanten und Höfen, die uns beispielsweise mit Fleisch oder Eiern beliefern. Da ist immer etwas zu tun, so dass meine Bürozeiten häufig recht unterschiedlich sind.
SPOX: Wie fielen denn anfangs die Reaktionen aus der Fußballbranche aus?
Stanislawski: Der Wechsel vom Fußballtrainer zum Unternehmer hat den einen oder anderen sicherlich erstaunt. Die Rückmeldung war dennoch zumeist positiv. Diejenigen, die mich gut kennen, wussten sowieso, dass mir eine solch in Anführungszeichen schräge Sache zuzutrauen ist. Ich hatte zwar auch genügend Anfragen aus dem Fußball, aber ich fand es sehr reizvoll, mir in meiner Heimatstadt ein solches Standbein aufzubauen.
SPOX: Ist der Laden nicht voll von St. Pauli-Fans, die Sie gerne einmal treffen möchten?
Stanislawski: Ich treffe immer mal wieder Leute, mit denen man über die Hamburger Vereine quatscht und die dann ein Autogramm haben oder ein Foto schießen wollen. Fußball ist bei uns natürlich ein großes Thema. Ich bin ja weiterhin voll dabei und über die kompletten Abläufe im Profifußball informiert.
SPOX: Wenn Sie jetzt ein kurzes Zwischenfazit ziehen müssten, worin bestand für Sie die größte Herausforderung im neuen Job?
Stanislawski: Hier geht es unheimlich viel um Logistik, die Warenverfügbarkeit muss kontinuierlich sichergestellt werden. Man spricht mit Lieferanten und hinterfragt sein eigenes Sortiment, reflektiert die Wünsche der Kunden. Parallel dazu läuft die Personalplanung, die mit der einer Fußballmannschaft ja überhaupt nicht zu vergleichen ist. Es ist eine große Anstrengung, all diese Dinge unter einen Hut zu bekommen. Man arbeitet sich Tag für Tag ein Stückchen weiter. Es macht mir wirklich großen Spaß.
SPOX: Wie sehr wird denn an Ihnen gezerrt, wieder in den Fußball-Kreislauf zurück zu kehren - oder ebben die Angebote ab?
Stanislawski: Nein, ich hatte in der abgelaufenen Saison fünf, sechs Anfragen vorliegen. Ich habe immer gesagt, dass ich mich dem Fußball niemals lossagen werde. Das ist wie Fahrradfahren, wenn man das von der Pike auf gelernt hat, dann verlernt man es nicht mehr. Ich bin über das aktuelle Geschehen stets informiert. Wenn etwas kommt, das zu mir passt, dann würde ich mir das unabhängig von der Ligazugehörigkeit sicherlich gerne anhören. Hier im Laden besteht für mich die Möglichkeit, in einem solchen Fall den Posten als Geschäftsführer ruhen zu lassen, aber Teilhaber zu bleiben. Ich habe keine Druck-Situation, alles machen zu müssen und bin deshalb relativ frei in meiner Entscheidung.
SPOX: Wie sähe denn Ihr Wunschangebot aus?
Stanislawski: Mir ist wichtig, dass ein Verein eine grundsätzliche Vision verfolgt. Ich bin mir zwar bewusst, dass der Fußball immer ein Wochengeschäft bleiben wird und es anders als oft behauptet selten darum geht, langfristig etwas aufzubauen. Ich habe aber Gespräche mit Klubs geführt, bei denen sich die Philosophie grundlegend verändert, sobald andere handelnde Personen am Werk sind. So darf es nicht sein. Es geht darum zu sehen, wie der Verein ausgerichtet ist und ob meine Art von Fußball dazu passt. Das sind viele kleine Bausteine, die man in mehreren Gesprächen abklopfen müsste.
SPOX: Sie haben mittlerweile einige Absagen verteilt. Liegt das auch an den in manchen Vereinen recht verworrenen Machtstrukturen, die die von Trainern erwünschte Kontinuität erschweren?
Stanislawski: Mitunter. Ich bin schon aus Gesprächen gekommen und dachte mir im Nachhinein, dass das alles etwas nebulös erschien. Ein Verein sollte eine feste Struktur und Basis mitbringen, was das Personal angeht. Es muss ein Korsett geben, das nicht beim kleinsten Gegenwind wieder auseinanderfällt.
SPOX: Sie standen vor einem Jahr kurz vor einem Engagement beim 1. FC Nürnberg, konnten aber nicht Ihre beiden Co-Trainer mitbringen.
Stanislawski: Es ging mir damals nicht darum, all meine Vorstellungen umgesetzt sehen zu wollen. Dennoch gibt es ein, zwei Punkte, die grundsätzlich einfach passen müssen. Das war in diesem Fall leider nicht gegeben, so dass ich es dann lieber gelassen habe, bevor man sich sechs Wochen gegenüber steht und diskutiert, wieso es nicht funktioniert. Das hat für mich auch etwas mit Loyalität meinen Co-Trainern gegenüber zu tun.
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