"Ich fühle mich diskreditiert"

Felix Magath wurde am 18. September 2014 beim FC Fulham entlassen
© getty

Felix Magath ist einer von sechs Akteuren in der Geschichte der Bundesliga, der sowohl als Spieler als auch als Trainer deutscher Meister geworden ist. Im September wurde der 61-Jährige beim FC Fulham entlassen. Im Interview spricht Magath über seine Probleme beim "cozy" Verein aus London, die englische Mentalität und die lange Leine auf der Insel. Magath nimmt aber auch Stellung zu seinem Ruf und erklärt, weshalb er mit Facebook keine Berührungsängste hatte.

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SPOX: Herr Magath, Ihre Entlassung beim FC Fulham liegt jetzt schon einige Wochen zurück. Wie haben Sie seitdem Ihre Zeit verbracht?

Felix Magath: Ich nehme mir viel Zeit für meine Familie, die ja sonst zurückstecken muss. In den ersten Tagen war ich noch damit beschäftigt, alles, was die Freistellung betrifft, zu erledigen und meine persönlichen Dinge zu regeln.

SPOX: Wie fühlt man sich da?

Magath: Das Schlimme ist, dass sich Trainer nach einer Entlassung nicht frei äußern können, weil man noch vertraglich gebunden und verpflichtet ist. Stattdessen werden aber von Vereinsseite über Trainer und deren Arbeit sofort Meldungen lanciert, die diese teilweise diffamieren. Dagegen kann sich kein Trainer wehren.

SPOX: Es wurde kolportiert, dass Sie der alleinig Schuldige beim FC Fulham waren.

Magath: Betrachtet man das emotionslos, dann stellte sich die Situation wie folgt dar: Im Februar stand der Verein auf dem letzten Tabellenplatz. Fulham sprach mich an, ob ich ihnen helfen könne. Ich habe mir das zugetraut und musste dann vor Ort feststellen, dass der FC Fulham in der Vergangenheit verschiedene falsche Entscheidungen getroffen hatte. Man hatte eine Mannschaft, die nicht funktionierte, weil sie von zwei Trainern zusammengestellt war. Da hat nicht viel gepasst.

SPOX: War Ihnen bereits frühzeitig klar, dass das Thema Klassenerhalt ein schwieriges Unterfangen werden könnte oder kam diese Erkenntnis erst mit der Zeit?

Magath: Dass es sehr schwierig werden würde, war schnell klar. Dasselbe Problem hatte ich ja zwei Jahre zuvor in Wolfsburg auch schon. Ich habe den VfL als deutschen Meister abgegeben und ihn eineinhalb Jahre später im März als Abstiegskandidaten wieder übernommen. Auch damals lag der Zeitpunkt meiner Rückkehr nach der Winter-Transferperiode. Die da getroffenen personellen Entscheidungen waren falsch. Man holte teilweise Spieler von ausländischen Vereinen, die kein Wort Deutsch sprachen. Ein junger Spieler wie beispielsweise Ja-Cheol Koo, der Qualität mitbringt, aber aus Südkorea in eine völlig neue Umgebung kommt, ist in einer solchen Situation kaum vernünftig zu integrieren. Ich war am Ende heilfroh, dass wir am letzten Spieltag die Klasse gehalten haben.

SPOX: Da Sie eine vergleichbare Situation in Wolfsburg aber bereits gelöst haben, trauten Sie sich die Aufgabe bei Fulham zu?

Magath: Genau. Allerdings kannte ich dort keinerlei Interna, auch die Mentalität war eine andere. Das war der Unterschied zu Wolfsburg, dort war mir die Umgebung bereits bekannt.

SPOX: Wieso war Ihnen die ganze Sache nicht von vornherein zu risikoreich?

Magath: Weil ich gerne mal im Ausland arbeiten wollte und natürlich die Premier League die bedeutendste nationale Meisterschaft auf dem Kontinent ist. Als ich das Angebot bekam, in England arbeiten und Fuß fassen zu können, war der Reiz größer als die Überlegung, es dort eventuell nicht zu schaffen.

SPOX: Wie fällt jetzt mit etwas Abstand Ihr Fazit aus?

Magath: Ich habe mich von Beginn an in London sehr wohl gefühlt. Die Atmosphäre und Begeisterung für den Fußball haben mir sehr gut gefallen. Da sind noch mehr Sport und eine ganz andere Leidenschaft drin. Vergleicht man den englischen mit dem deutschen Fußball, kommt man zu diesem Ergebnis. Das ist sicher auch unbestritten. Aber Deutschland ist im Grunde seit 50 Jahren erfolgreich, die Engländer haben seit 50 Jahren keinen Erfolg. Da sagt einem doch der Verstand, dass die einen etwas anders machen als die anderen.

SPOX: Sie waren der erste deutsche Cheftrainer in der Premier League, für Sie war es zudem die erste Station im Ausland. Wenn Sie jetzt auf die sieben Monate Arbeitszeit in England zurückblicken, gab es da irgendwelche etablierten Standards, die Sie überrascht haben, weil Sie sie aus Deutschland nicht kannten?

Magath: Die Engländer haben Schwierigkeiten, an einem Tag der Woche zwei Mal zu trainieren. Dass ein Profisportler nicht zweimal am Tag trainieren kann, ist für mich ein absoluter Witz.

SPOX: Damit hatten Sie auch in Fulham Probleme. Ruht sich der Klub zu sehr in dieser Atmosphäre aus?

Magath: Fulham gilt in England bei den Gegnern als "cozy club", als gemütlicher Verein. Es stimmt auch, in Fulham ist alles "cozy". Die Atmosphäre ist wirklich angenehm und ein Traum, das habe ich noch nie erlebt. Allerdings geht dieser Traum auf Kosten des Erfolgs. Davon hat der Verein in seiner 135-jährigen Geschichte nicht viel gehabt.

SPOX: Sie sagen, in Deutschland wird irgendetwas anders und besser gemacht als in England. Glauben Sie, dass es diese vielzitierten deutschen Qualitäten sind, die man in England implementieren müsste?

Magath: Ja, das liegt ja auf der Hand: Wir Deutschen hätten doch nicht über Jahrzehnte Erfolg, wenn das nicht in unserer Mentalität begründet liegen würde. Wir Deutschen sind aufgrund unserer Mentalität für den Mannschaftssport Fußball hervorragend geeignet. Die Spieler bei Fulham hatten dagegen Probleme mit der Disziplin und reagierten sehr sensibel. Disziplin, Ordnung und Fitness gehören aber zu den absoluten Voraussetzungen, um im Mannschaftssport Fußball überdurchschnittlich erfolgreich zu sein.

Seite 1: Magath über seine Probleme bei "cozy" Fulham und englische Mentalität

Seite 2: Magath über die lange Leine auf der Insel, seinen Ruf und Facebook