Weltmeister Lewis Hamilton präsentiert sich weiter in guter Form, hat die Jagd auf seinen Mercedes-Teamrivalen Nico Rosberg noch längst nicht aufgegeben - und Sebastian Vettel bewirbt sich in diesem Titelkrimi der Formel 1 ziemlich überraschend um eine wichtige Nebenrolle. Der Ferrari-Pilot beeindruckte im freien Training zum Großen Preis von Mexiko am Freitag mit der Tagesbestzeit und verwies die Silberpfeile auf die Ränge zwei und drei.
In 1:19,790 Minuten umrundete Vettel den Kurs in Mexiko-Stadt, damit war er vier Tausendstel schneller als Hamilton. Trotzdem schien der Heppenheimer während des Trainings nicht wirklich zufrieden zu sein. Als McLaren-Honda-Pilot Fernando Alonso für Vettels Geschmack etwas zu langsam vor ihm her fuhr, beschimpfte er ihn als "Idioten".
Alonso selbst reagierte auf die Beleidigung aber gelassen: "Ich habe gehört, was Vettel über den Funk gesagt hat, aber ich mache kein Problem daraus. Er durchlebt im Moment eine schwierige Zeit für sich und für Ferrari, von daher müssen wir ihm vergeben."
Nach der Session zeigte sich Vettel dann wieder entspannter. Er hatte einen "guten Tag. Es ist schön, hier mal Erster zu sein, aber das heißt im Training natürlich noch gar nichts. Wir hatten aber hier auch im letzten Jahr schon einen guten Speed, vielleicht liegt uns die Strecke irgendwie."
Hamilton deutlich vor Rosberg
Hamilton machte derweil über den gesamten Tag einen starken Eindruck und distanzierte WM-Spitzenreiter Rosberg um mehr als vier Zehntel. Der Deutsche kann theoretisch schon nach dem Rennen am Sonntag (20.00 Uhr) vorzeitig Weltmeister sein - kam am Freitag aber nur langsam in Schwung.
Das Ergebnis des 2. Freien Trainings in der Übersicht
"Solange mein Herz schlägt und es noch eine Chance auf den Titel gibt, werde ich darum kämpfen", hatte Hamilton vor dem Training gesagt. Rosberg weigerte sich indes weiterhin, über die WM zu sprechen. "Natürlich spüre ich Anspannung - wie vor jedem anderen Grand Prix auch", sagte er lediglich.
Nico Hülkenberg im Force India wurde starker Sechster. Die hochgehandelten Red Bulls hatten dagegen zum Auftakt Probleme, ihre Reifen auf Temperatur zu bringen. Der Australier Daniel Ricciardo wurde letztlich Fünfter, der niederländische Teenager Max Verstappen belegte Rang sieben. Eigentlich galt Red Bull als größter Herausforderer von Mercedes, nach den Eindrücken vom Freitag ist in Mexiko aber auch mit Ferrari zu rechnen. Pascal Wehrlein (Worndorf) holte im Manor den ordentlichen 17. Platz.
Ausgangslage im WM-Duell
Die Ausgangslage im WM-Duell ist indes klar: Gewinnt Rosberg am Sonntag und Hamilton wird höchstens Zehnter - im Klartext also: Hamilton scheidet aus - dann ist der Deutsche Weltmeister. Andersherum würde allerdings auch ein Ausfall Rosbergs am Sonntag die Uhren zwei Rennen vor Schluss quasi auf null stellen.
Eine gewisse Sorge vor einem solchen Szenario bei Mercedes ist daher momentan greifbar. Niemand will, dass die WM so kurz vor Schluss durch mangelnde Zuverlässigkeit entschieden wird.
Auf dem Autodromo Hermanos Rodríguez sind Autos und Ingenieure ohnehin in besonderer Weise gefordert: Der Kurs in Mexiko-Stadt liegt rund 2200 Meter über dem Meeresspiegel, er ist damit der mit Abstand höchstgelegene im Kalender. In der dünnen Luft ist es "schwierig für das Auto, das ist definitiv am Limit", sagte Rosberg.
Hamilton als gebranntes Kind
Vor allem Hamilton sieht sich in dieser Hinsicht als gebranntes Kind. "Ich hoffe und bete, dass mein Auto in den verbleibenden Rennen stabil ist", sagte der Engländer. Vor allem im Qualifying hatte die Technik Hamilton in diesem Jahr des öfteren im Stich gelassen, in Malaysia nahm ihm zudem ein Motorschaden den sicheren Sieg. "Mir ist mehr passiert als auf der anderen Seite der Garage", sagt Hamilton, und die Angst vor weiteren Defekten begleite ihn nun ständig: "Das hört nicht auf, das wird bis zum Zielstrich in Abu Dhabi weitergehen."
Allerdings könnte schon an diesem Wochenende auch das Wetter eine große Rolle im WM-Duell spielen. Außentemperaturen von nur 16 Grad und ein wolkenverhangener Himmel am Freitagvormittag gaben schon mal einen Vorgeschmack - für den Rennsonntag ist Regen nicht unwahrscheinlich.
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