Mit dem blauen Auge davon gekommen. So könnte das Motto des Wochenendes sein. Während in Abu Dhabi wieder einmal die bunten Lichter funkelten und die Popstars The Who, Pharrell Williams und Armin van Buuren die gut betuchte Meute unterhielten, hätte die Formel 1 beinahe schon wieder für massig Gesprächsstoff gesorgt.
Die Mercedes-Chefs können ihrem Lackierer einen Bonus bezahlen. Nicht auszudenken, wie die Welt aussehen würde, wenn statt der Nummer 6 die Nummer 44 auf dem defekten W05 gestanden hätte. Nico Rosberg hätte gewonnen, Lewis Hamilton beim letzten Rennen die WM verspielt.
Stimmen: "Lewis fuhr allen um die Ohren"
Zwar wären die doppelten Punkte nicht entscheidend gewesen, doch eine Diskussion wäre unabwendbar gewesen: Hat Hamilton zu viel riskiert, weil beim Saisonfinale doppelte Punkte vergeben werden?
Angesichts des Ergebnisses darf sich Bernie Ecclestone bestätigt fühlen. Die WM war bis zum letzten Rennen vollkommen offen, die Spannung blieb hoch. Erst ab Platz 10 in der Fahrer-WM gibt es im Gegensatz zur einfachen Bepunktung andere Platzierungen. Bei den Konstrukteuren gibt es keine einzige Verschiebung. Doch ist das wirklich das richtige Fazit?
Größer Unsinn seit Guillotine
Nein. Die unsinnigste Erfindung seit der Guillotine gehört schleunigst wieder abgeschafft, auch wenn die Blamage glücklicherweise verhindert wurde. Sonst köpft sich die Formel 1 irgendwann doch noch selbst.
Schon jetzt reichen die Diskussionen um Prämienverteilung und die Kostenfrage generell aus. Noch mehr negative Publicity wäre nach dieser chaotischen Saison wirklich zu viel gewesen.
Stattdessen hat die Königsklasse das bekommen, was sie laut ihrem Chefpromoter braucht. Ecclestone äußerte, dass Hamilton der besser zu vermarktende Rennfahrer sei und hat damit Recht. Er sollte den betriebswirtschaftlichen Aspekt im Auge haben und so allen Teams genügend Geld zum Überleben zur Verfügung stellen.
Hamilton vernichtet jeden Zweifel
Viel wichtiger aber ist, dass Hamilton auch sportlich seinen Titel mehr als nur gerechtfertigt hat. Die Zweifel, die vor der Saison bestanden, hat er vernichtet. Hamilton sei beim neuen Reglement im Nachteil, hieß es. Er fahre zu aggressiv, Rosbergs Vorteil sei das analytische Denken.
Pustekuchen. Hamilton war der Fahrer, der aus der neuen Technik mehr herausholte - auch weil er sich ab und an den fernsteuernden Ingenieursanweisungen widersetzte. Hamilton schonte die Reifen, trickste, taktierte und reizte die Zweikämpfe bis aufs Äußerste aus.
Lewis Hamilton: Wille, Hingabe, Wut
Was im ersten Teil der Saison noch zu aggressiv schien, entwickelte er weiter. Mehr Bedacht, mehr Überlegung, mehr Timing. Mehr als zehn Siege in einer Saison, das schafften zuvor nur Michael Schumacher und Sebastian Vettel.
Der einzig mögliche Weltmeister
Auch wenn beide Mercedes-Piloten in der ersten Saisonhälfte gleichauf waren, die sechs GP-Erfolge zwischen Monza und Austin ließen 2014 nur einen verdienten Weltmeister zu: Hamilton. Zumal Rosberg in den letzten vier Rennen gleich dreimal patzte.
Das größte Lob aber gebührt Mercedes: Die eigenen Piloten frei gegeneinander fahren zu lassen, war keine Selbstverständlichkeit. Ex-Teamchef Ross Brawn hätte wohl anders entschieden.
Der Entschluss hat die Saison aber gerettet. Sonst wäre sie schon nach den ersten Rennen gelaufen gewesen.
Endstand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM 2014