2. Mercedes ist doch (noch) kein Sieg-Kandidat
Beim Rennen in Le Castellet standen zum ersten Mal in diesem Jahr zwei Mercedes-Piloten auf dem Treppchen. Während Ex-Weltmeister Lewis Hamilton nach einem starken Rennen hinter Verstappen Zweiter wurde, kassierte Teamkollege George Russell wenige Runden vor der Zielflagge Sergio Perez im zweiten Red Bull und schloss den Frankreich-GP als Dritter ab.
Ganz gut, möchte man eigentlich meinen. Doch Teamchef Toto Wolff wirkte nach dem besten Saisonergebnis der Silberpfeile nicht so wirklich zufrieden, auch weil man mit ganz anderen Erwartungen nach Le Castellet gereist war. "Wir kamen hierher und dachten, wir fahren hier um den Sieg", meinte der Österreicher bereits nach dem vergleichsweise enttäuschenden Qualifying am gestrigen Samstag.
Denn zum einen schmecken dem Mercedes mit seinem speziell designten Unterboden eigentlich aerodynamisch anspruchsvolle Kurse samt mittleren und schnellen Kurven - wie der Circuit Paul Ricard eben einer ist -, zum anderen kamen die Silberpfeile mit einem größeren Update-Paket nach Frankreich. Neben neuen Bremslüftungen, die die Kühlung sowie die Aerodynamik verbessern sollten, wurde auch an den Unterbodenkanten vor den Hinterreifen gebastelt. Dort wollte der deutsche Traditionsrennstall das leidige Thema "Porpoising" angehen, weshalb der Anpressdruck verringert wurde.
"Wir dachten, wir arbeiten uns gerade langsam, aber sicher wieder an die Spitze ran. In Silverstone gab es gute Anzeichen. Dann kamen wir nach Österreich, eine Strecke, die uns normalerweise gar nicht liegt, und wir waren dort auf einer kurzen Strecke bis auf drei Zehntel dran. Das ist akzeptabel Und nun: keine Performance. Keine. Und wir wissen nicht warum. Wir haben keinen Dunst, was hier falsch gelaufen ist", klagte Wolff.
Wolff: "Rückstand einfach zu groß"
Denn vor allem der Rückstand auf die Spitze um Verstappen und Charles Leclerc muss den Silberpfeilen Sorgen bereiten. Die von Mercedes erhoffte Reifenschlacht blieb aus. Auch Red Bull und Ferrari gingen vergleichsweise glimpflich mit ihren Pneus um, was den vermeintlichen Mercedes-Vorteil - der schonende Umgang mit den Pirelli-Reifen - zunichtemachte. Bei freier Fahrt hatten Hamilton und Russell nicht den Hauch einer Chance.
"Der Rückstand ist einfach zu groß. Wenn [Verstappen] vorne richtig Gas gibt, dann fährt er sechs oder sieben Zehntel pro Runde schneller", haderte Wolff nach dem Rennen bei Sky. In Anbetracht des Ergebnisses müsse man nun "bescheiden" bleiben. "Wenn wir das [Ergebnis] gestern gehört hätten, hätten wir es sofort genommen", so Wolff.
Denn seinen Piloten könne er trotz der fehlenden Performance des Autos nichts vorwerfen. "Das Gute war, dass wir Zweiter, Dritter geworden sind. Gut war, dass Lewis eine riesen Pace gehabt hat, im Vergleich auch zu Perez. Und das Gute war, dass George ein starkes Rennen gefahren ist", lobte Wolff. Dennoch bleibe ein fader Beigeschmack.