120.000 Fans. Bewaffnet mit Fahnen, Tröten und vor allem Kappen, meist im legendären Scuderia-Rot. Es ist ein wahres Spektakel an diesem schwül-heißen Sommertag in Hockenheim, wenige Monate vor dem neuen Jahrtausend.
Daran ändert auch der Fakt nichts, dass sich der eigentliche Hauptdarsteller nur per Video-Botschaft meldet. Michael Schumacher erholt sich am Genfer See von seinem Beinbruch, der Stimmung am Hockenheimring tut dies jedoch kein Abbruch.
15 Jahre später, Hockenheim 2014: Es ist leer im Motodrom, leer wie selten, vielleicht leer wie nie. 52.000 Besucher am Rennsonntag, der vorläufige Tiefpunkt eines schleppenden wie kontinuierlichen Rückgangs.
2012 wurden 59.000 Zuschauer registriert, 2010 kamen 63.000 Menschen, wobei diese Angaben mit Vorsicht zu genießen sind. Es ist nicht unüblich, die offiziellen Zahlen dezent nach oben zu korrigieren. Was wiederum einiges über den Status quo der Formel 1 aussagt.
"Der Sport ist in guter Form"
Angesichts der prall gefüllten Ränge in Österreich, Kanada und England stutzt die Szene vor allem über die erschreckend schwache Resonanz in Deutschland, noch dazu, weil der Heimfaktor ausreichend bedient war: Sebastian Vettel als Titelverteidiger, Nico Rosberg als WM-Leader, Mercedes als Dominator, weitere Landsleute im Fahrerfeld.
"Die jüngsten Rennen waren toll zum Anschauen, es wurde viel überholt, es gab reichlich Action. Der Sport ist in guter Form", so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Vielleicht war die Promotion vor dem Rennen nicht gut genug", wirft Niki Lauda ein.
Grund genug für die einflussreichsten Köpfe der Königsklasse, sich vor dem Grand Prix in Ungarn zum Krisengipfel zu treffen. "Bernie Ecclestone hat den Wunsch geäußert, mit den Teams zu diskutieren, wie man die Show verbessern kann", sagt Wolff, beeilt sich aber zu relativieren: "Mit der Show meine ich, wie wir den Veranstaltern helfen können, mehr Zuschauer anzulocken. Die TV-Quoten sind gar nicht so schlecht."
Tatsächlich verlor die Formel 1 jedoch im weltweiten Jahresvergleich rund 50 Millionen Anhänger. Verfolgten im Jahr 2013 noch 500 Millionen Fans die Rennen, sind es in diesem Jahr 450 Millionen. "Ich denke nicht, dass irgendjemand komplett verstanden hat, warum die Öffentlichkeit es nicht mag", sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery - und dennoch gibt es genügend Anhaltspunkte für die Entwicklung der letzten Jahre. Eine Analyse.
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