Frage: Herr Cilic, 2014 feierten Sie den bisher größten Triumph Ihrer Karriere. Sie gewannen die US Open. Wie sehr hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Marin Cilic: Es hat sich dramatisch verändert. Ich stehe seither viel mehr im Fokus der Medien. Das war eine neue Erfahrung für mich, mit der ich in dieser Form nicht gerechnet habe. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich empfinde das als sehr positiv, schließlich war dieser Sieg für mich die Erfüllung eines Lebenstraums. Es zeigte mir zusätzlich, welch große Bedeutung ein Grand-Slam-Titel in der Sportswelt genießt. Aber ich ahnte anfangs nicht, wie sehr sich dadurch die Dinge verändern würden. Wenn man spielt, dann ist man in einem Flow und denkt nicht an die Konsequenzen. Jetzt hoffe ich, dass ich so weitermachen kann.
Frage: Nehmen Ihre Gegner Sie nun anders wahr?
Cilic: Absolut. Sie betrachten mich nun sogar ganz anders. Meine Gegner wollen nun den US-Open-Champion schlagen und sind umso motivierter. Die meisten meiner Gegner spielen viel riskanter. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Es zeigt mir, dass viele Spieler an ihr absolutes Limit gehen müssen, um mich zu schlagen.
Marin Cilic: Hate it or Love it
Frage: Sie holten Ihren ersten Grand-Slam-Titel im Alter von 26 Jahren. Waren Sie selbst davon überrascht, oder waren Sie immer zuversichtlich, dass es schon irgendwann klappen würde?
Cilic: Wenn man als junger Spieler anfängt, denkt man immer, dass man genügend Zeit hat, um in seiner Karriere etwas Großes zu erreichen. Und dass es schon irgendwann klappen wird. Mit 25 oder 26 Jahren begreifst du, wie hart du arbeiten musst, wie heftig die Konkurrenz ist. Dann bist du dir nicht mehr ganz sicher. Du merkst, wie dir die Zeit davon läuft. So war es bei mir auch. Aber ich merkte in den vergangenen drei Jahren, dass ich nah dran und auf dem richtigen Weg bin. Ich hoffte immer, dass es passieren würde. Aber klar: Es kam dann schon irgendwie unerwartet.
Frage: Die Kroaten sind ein außergewöhnlich sportbegeistertes Volk. Wie war es, als Sie nach dem Triumph in New York erstmals wieder in die Heimat zurückgekehrt sind?
Cilic: Acht Tage nach den US Open kam ich erstmals wieder nach Kroatien und ich konnte nicht glauben, welche Wirkung mein Sieg auf die Heimat hatte. Die Zeitungen waren voll, mein Sieg wurde als einer der größten Erfolge in der kroatischen Sport-Geschichte beschrieben. In meiner Heimatstadt wurde ich von 30.000 bis 40.000 Menschen empfangen - eine unglaubliche Erfahrung. Wenn ich auf die Straße ging, hielten mich 90 Prozent der Menschen auf, gratulierten mir und fragten nach einem Foto. Ich denke, dass ich mit meinem Sieg Menschen glücklich gemacht habe. Und das macht wiederum mich glücklich.
Frage: Seit den US Open konnten Sie aufgrund einer Schulterverletzung kaum spielen. Wie fit sind Sie derzeit und wie schwierig waren die vergangenen Wochen und Monate?
Cilic: Alles läuft gut, auch wenn ich beim Turnier in Indian Wells früh ausgeschieden bin. Nicht bei den Australian Open spielen zu können, war aber hart. Nach dem tollen Ende 2014 hatte ich gehofft, den Schwung ins neue Jahr mitnehmen zu können und auch in der Weltrangliste nach oben zu klettern. Aber gut, ich habe es akzeptiert, dass es anders kam. Nun schaue ich nach vorne. Ich möchte in diesem Jahr auf jeden Fall in den Top Ten bleiben, mein großes Ziel sind die Top Five.
Frage: Mit welchen Zielen fahren Sie zu den French Open?
Cilic: In Roland Garros habe ich oft nicht meine beste Leistung zeigen können, Sand ist eben nicht mein Lieblingsbelag. Vergangenes Jahr habe ich in Paris dann aber ganz ordentlich gespielt. Das will ich in diesem Jahr wieder schaffen. Trotzdem gebe ich zu, dass mein Fokus eher Wimbledon gilt.
Frage: Glauben Sie, in Wimbledon eines Tages gewinnen zu können?
Cilic: Klares ja. Schon im letzten Jahr habe ich in Wimbledon gut gespielt und unterlag erst im Viertelfinale gegen Novak Djokovic in fünf Sätzen. Das war damals ein sehr enges Match. Nun kommt noch die Erfahrung hinzu, wie man ein Grand-Slam-Turnier gewinnt. Das sollte mir helfen. Ein großer Vorteil ist zudem mein Trainer Goran Ivanisevic. Er war schließlich einer der besten Rasenspieler aller Zeiten.