Im Kampf gegen 82 Millionen Kollegen
Machen wir uns nichts vor: Jogi Löw weiß einfach wie es läuft. Immer nur den Schnullibulli-Kanzler machen, nervt ja auch irgendwie ganz gewaltig. "Der gewiefte ehemalige Trainer-Assi mit der lustigen Playmobilfrisur und inneren Werten (die er gerne aus sich herausholt) auf seinem Weg nach oben." Urks. Will doch keiner sehen. Und das weiß auch der Jogi.
Beweist übrigens schon die Geschichte: Früher oder später hat es sich jeder Bundestrainer mit seinen 82 Millionen Kollegen verscherzt. Berti Vogts brauchte dafür noch ein halbes Jahr, Erich Ribbeck schaffte es in 30 Sekunden (als er auf der ersten Pressekonferenz sinngemäß sagte: "Dem Drecksladen DFB haben die ersten acht bis 132 Kandidaten abgesagt. Ja und dann haben sie sich bei mir gemeldet. Verrückt, oder?"). Und jetzt ist eben der Jogi dran. Der vermutlich gar nicht "Jogi" genannt werden will. Ist ja keine fünf mehr.
Aber das hätte er sich mal überlegen sollen, bevor er sich mit uns allen angelegt hat. Kuranyi - raus! Lehmann - raus! Poklose - drin! Bäm. Da haben wir den Vorrundenaussscheider-Salat. Und der Jogi steht endlich da, wo ein deutscher Nationaltrainer stehen sollte: Am Ende der bundesweiten Nahrungskette. Der Mann würde noch einem Perpetuum mobile vorwerfen, es würde zwar menschlich gut in die Mannschaft passen, bringe aber nicht genug Leistung im Vergleich zum rostigen Dynamo an Jogis rotem Damenfahrrad. 's Leischdungsprinzip holt.
Dabei wäre es so einfach gewesen, wäre Jogi Löw ein bisschen mehr wie Kai Diekmann. Eier auf den Tisch geknallt: "Hier! Schaut mal wie groß die sind! Und jetzt geht mir aus der Sonne! Podolski fährt mit, bei Kuranyi stört mich der Bart und beim Lutscher die Hippie-Matte. Ende der Audienz." - Wäre doch was gewesen.
Aber egal. Denn letztlich sind wir doch selbst froh, endlich wieder die Aufgabe eines hauptberuflichen Deutschlandfans erfüllen zu dürfen: Motzen. Still und heimlich hoffen wir ja trotzdem auf den WM-Titel. Und auf eine Rückkehr der Sakkos von Stielike. Die haben sogar die Ära Ribbeck irgendwie witzig und unterhaltsam gemacht...
DFB-Elf 1: Der Ur-Anyi von Martin Max
"Eine Nichtnominierung erfolgreicher Spieler ist ja nun nichts Neues. Martin Max, Mehmet Scholl oder der chronisch unterschätzte Ulf Kirsten wissen davon ein Lied zu singen. Doch einen solchen Schlingerkurs, wie ihn Löw in den letzten Wochen gefahren ist, hat man nicht erwarten können. Ein Auschluss mit ritueller Begnadigung, nur um ihn dann wieder auszuschließen - das ist ein Novum. Durch diese offensichtlich von der öffentlichen Meinung beeinflusste Entscheidung hat sich Löw noch angreifbarer gemacht als er es als Bundestrainer ohnehin schon war. Ich wünsche Löw alle Gnade Gottes wenn die DFB-Elf mit Klose, Podolski, Gomez, Kießling und Cacau (oder wer eben mitfährt) bei der WM nicht genug Torgefahr auf den Platz bringt."
theDolphLundgren: Jogi-Bär und seine Stürmer
"Wer weiß, ob das Telefonat zwischen Löw und Kuranyi am Montag nicht einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn der 28-Jährige am Samstag im Spiel gegen Weder Bremen mit seinem Kopfball nicht die Latte getroffen, sondern die Führung für den kommenden Vizemeister erzielt hätte. Unter den Augen des Bundestrainers blieb der Verschmähte jedenfalls torlos und verpasste es somit, seiner glänzenden Saison die vielleicht entscheidende Krone aufzusetzen. Ausgerechnet im Endspurt fehlte dem unter intensiver Beobachtung Stehenden seit seinem Treffer am 29. Spieltag gegen die Bayern das nötige Zielwasser und erleichterte damit womöglich die Entscheidung Löws, der zuvor aufgrund des öffentlichen Drucks zunehmend in Erklärungsschwierigkeiten und offensichtlich ins Grübeln gekommen war. Die Magie des Momentes erlosch für Kuranyi zuletzt ein wenig und obwohl (Stand heute) 18 Saisontreffer neben Stefan Kießlings 21 die mit Abstand beste Ausbeute aller WM-Kandidaten bedeuten, sah sich Löw am Ende nicht gezwungen, seinen Bann zu brechen."
Jogis Jungs: Kein Salto rückwärts - Kevin mal wieder allein zu Haus
DFB-Elf 2: Warum nicht den Gegnern Tim Spiegel vorhalten?
Als Gott den Nationaltorhüter schuf, brach er Adler eine Rippe und erbaute daraus einen Neuer. Und er sah, dass es irgendwie ein bisschen komisch war. Aber Gott ist halt auch nicht mehr der Jüngste.
"Viel spricht für Wiese, und damit meine ich nicht nur sein tadelloses Aussehen, seine knackige Sonnenstudiobräune und sein Prädikatsexamen in der Gerry-Ehrmann-Flugschule. Wiese verfügt zudem über ein unerschütterliches Selbstvertrauen, man erinnere sich nur an seinen legendären Satz: "Kann man geben, aber halte ich ja dann eh!", glänzt in Karate und Kung Fu, fliegt sowohl durch Strafräume als auch durch Wohngebiete und genießt im In- und Ausland das, was auch den besten deutschen Torwart aller Zeiten stets auszeichnete: man begegnet ihm zumindest mit Ehrfurcht, wenn nicht mit Angst, zumindest aber mit Hass. Außerdem ist er verdammt leicht glücklich zu machen: 1. Familie, 2. Modellflug, 3. Alkoholfreies Bier. In diesem Sinne: Spiegel, du musst es machen!"
5 Freunde im Abseits: Der Spiegel muss es machen!
DFB-Elf 3: Konvertiert zum FCB!
Die Blogschau ist ja auch Service-Sendung. Deshalb jetzt mal ein gut gemeinter Verbrauchertipp aus den Redaktionsfluren: (ist Euch schon mal aufgefallen, dass Redaktionsgebäude anscheinend nur aus Fluren bestehen?) Wen das ganze Gerede über die Nationalelf nervt, der sollte sich einfach eine eigene ausdenken! So wie Khansir:
"Immer wieder toll, Mittwoch Abends ran zu schauen und mit dem ehemaligen Hasssymbol mitzufiebern und am nächsten Morgen mit den Rekordmeisterfans in der Schule zu jubeln. Das Gefühl kenn ich von Spielen meiner Borussia, von Spielen der Nationalmannschaft. Ja, genau. Für mich sind die Bayern aufeinmal die Nationalmannschaft. Unsere Nationalmannschaft. Van Gaals Linie bleibt. Was jedoch anfangs eben unsympathisch, arrogant... war, das war jetzt einfach nur GEIL. Lächelnd schau ich mir heute an, wie der Niederländer seine eigenen Anhänger als ''Theaterpublikum'' bezeichnet und damit diese dazu bringt, die beste Atmosphäre aller Zeiten in die Allianz-Arena zu zaubern. München - Lyon, Champions-League Halbfinal-Hinspiel, die Bayern betreten den Rasen und ich als Schwatz-Gelber durch und durch komm ins Schwärmen. Sowas kenn ich nur von der Südtribüne."
Khansir: I mog si
St. Pauli: Oh kommet und drücket mein Herz!
Bevor Ihr Euch mit Antidepressiva oder Lkw-Ladungen von Valium eindeckt, beenden wir lieber das Thema Nationalelf an dieser Stelle. Für immer. Auf Lebenszeit. Bis zur nächsten Blogschau. Und wie zieht man Leser wieder rauf, die stimmungsmäßig gerade selbst auf griechischen Bankerpartys negativ auffallen würden? Richtig, mit einem kleinen aber feinen Aufstieg. Also dann mal ab in die Pauli-Blogs:
"Beim zweiten und dritten Tor lief mir schon zum ersten mal feuchte Augenflüssigkeit die Wangen herunter, als dann der Schlusspfiff das Mark erschütterte gab es kein Halten mehr. Alles im Block schob sich und drückte, man fiel sich in die Arme und wildfremde Menschen drückten sich die Herzen!"
Der Übersteiger: Greuther Fürth und der Aufstieg!
"Ist das einfach nur schön. Ich genieße, genieße es schweigend, nur für mich, ganz alleine. Ein stiller Triumph, ein Gefühl, was vieles kitten kann, zwar nicht ungeschehen machen kann, aber doch kitten kann. Ich - ach, ich schreib hier einfach jetzt nichts, ich genieße. Und schweige. Mir fehlen eh die Worte, außerdem war das letzte Bier wohl schal oder so."
Hell of FC St.Pauli: Aufstieg 2010
"Beim 1:0 durch Fürth wären wir alle noch mit einem Unentschieden zufrieden gewesen und dann gehen die in die Kabine in der Halbzeit und kommen als Killer zurück! Deniz Naki, Marius Ebbers, Charles Takyi und mein Rouwen zum krönenden Abschluß! Was für eine Halbzeit und dann öffnet Fürth die Tore und Tausende stürmen auf den Platz und feiern mit der Mannschaft und wir vor der Leinwand duschen mit Chips und Crackern und überall strahlende Gesichter und nun haben wir es geschafft, wir sind erstklassig!"
Fabulous Sankt Pauli: Greuther Fürth vs. FC Sankt Pauli 1:4