Es ist noch gar nicht lange her, da war Belinda Bencic das größte Versprechen für die Zukunft im Damentennis. Nicht mal 19 Jahre war Bencic, als sie früh in der Saison 2016 unter die Top Ten stürmte, auf den Spuren von Spielerinnen wie Martina Hingis oder Patty Schnyder. Alle Türen schienen ihr offen zu stehen, sie hatte die Weggefährtinnen aus ihrer Generation schon überholt, und es war, jedenfalls damals, für viele Experten nicht die Frage, ob sie einen Grand Slam-Titel oder andere große Pokale gewinnen würde. Sondern nur noch, wann.
Aber das Profitennis ist eine launische Welt. Es gibt keine Sicherheiten, keine Gewissheiten. Niemals. Und für keinen. Und ausgerechnet Belinda Bencic entpuppt sich gerade als letztes Beispiel dafür, wie schnell sich die Zeiten und das Schicksal ändern können in dieser Branche. Erstens kommt es anders. Zweitens, als man denkt. An diesem Mittwoch jedenfalls war Bencic nicht auf einem Centre Court zu sehen, in strahlender Siegerinnenpose, zufrieden und glücklich mit ihrem Sport, ihrem Beruf, ihrer Passion. Sie blickte stattdessen mit einem gequälten Lächeln in eine Kamera, den linken Arm dick verbunden - es war ein Bild der Patientin Bencic, aufgenommen in einem Krankenhaus.
Vom Versprechen zum Sorgenfall
Die Gegenwart will es, dass auch solche Bilder und Nachrichten über soziale Netzwerke verbreitet werden. Bencic, ein Kind dieser Generation, teilte auf Twitter mit, was passiert war und welche Konsequenzen es hat: "Hallo Leute, ich bin am linken Handgelenk operiert worden. Es war eine schwierige Entscheidung, aber sie hilft mir, meine Karriere um viele Jahre zu verlängern", schrieb sie im Kurznachrichtendienst. Man darf davon ausgehen, dass die Saison 2017 nun beendet ist für Bencic, eine Saison, in der die junge Frau zu einem Sorgenfall im Welttenis geworden war, gefangen in einer sich immer schneller drehenden Abwärtsspirale. Zuletzt stand sie in der Weltrangliste jenseits der Top 100, notierte auf Platz 123 , da war sie gerade in der Startrunde des Heimturniers in Biel ausgeschieden.
Vieles war zusammengekommen für Bencic in der monatelangen Krisenzeit: Eine gewisse Leistungsstagnation, der nicht einfache Umgang mit den ersten Negativ-Schlagzeilen, öffentlicher Erwartungsdruck, komplexe Loslösungsprozesse von der Familie, die bis dahin wesentlich den Fortgang der Laufbahn dirigiert hatte. Und dann eben auch noch die dauernden Probleme mit dem Handgelenk, also mit einem Körperteil, in das Tennisspieler hundertprozentiges Vertrauen haben müssen. Doch dieses Vertrauen hatte Bencic schon länger nicht mehr, so dass es nicht wunderte, dass sich Zweifel und Ängste in ihr Spiel einschlichen. Oft wirkte sie nur wie ein Schatten ihrer selbst.
"So kann es nicht weitergehen"
Garantien gibt es auch jetzt nicht für Bencic, die sogenannte neue Miss Swiss im Frauentennis. Keiner weiß, wie ein Comeback aussehen wird, es wird gewiss komplizierter ausfallen als etwa bei Roger Federer zu Jahresbeginn. Aber Heinz Günthardt, der Schweizer Fed Cup-Kapitän, hatte schon vorige Woche in Stuttgart über Bencic und ihre körperliche Malaise gesagt: "So kann es nicht weitergehen für sie." Nun gibt es eine neue Lage und wenigstens neue Hoffnung.
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