Davis Cup - Australiens Alex de Minaur im Porträt: Der spanische Dämon

Von Lukas Zahrer
De Minaur spielt für Australien.
© getty

Schickt Lleyton Hewitt heute tatsächlich Alex de Minaur gegen Dominic Thiem um 11:00 Uhr (live auf DAZN und in unserem Live-Ticker) auf den Platz? Gegen Dennis Novak war für den 19-Jährigen nichts zu holen. Auf dem Court jedenfalls agiert er mit einer unfassbaren Agilität, die ihm einen mystischen Spitznamen einbrachte.

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Ein Dämon ist laut Duden eine dem Menschen innewohnende unheimliche Macht. Diese schreibt vor allem die australische Presse ihrem neuen Tennis-Shootingstar Alex de Minaur zu.

Laut Sydney Herald gaben Nick Kyrgios und Bernard Tomic ihrem Landsmann am Rande einer Davis-Cup-Woche, wo De Minaur als Hitting-Partner engagiert war, erstmals diesen Namen. Angeblich deshalb, um seinen Namen mehr oder weniger elegant abzukürzen.

"Mir gefällt die Vorstellung viel mehr, dass er davon kommt, dass ich mich auf dem Platz immer komplett verausgabe", sagt De Minaur selbst.

Alex de Minaur: Variables Spiel, berühmter Mentor

Mit seinen 1,80 Meter Körpergröße zählt der Mann aus Sydney zu den kleineren Spielern auf der Tour, seine vermeintlichen Schwächen im Aufschlag macht er aber über ein smartes Grundlinienspiel wett.

"Es hilft mir ein bisschen", sagt De Minaur. "Auf langer Sicht zumindest. Ich habe schon früh gelernt, Matches mit unterschiedlichen Strategien und viel Variabilität zu gewinnen." Vor allem aber baute er auf seine exzellente Beinarbeit, die ihn zu einem der schnellsten Spieler überhaupt machen.

Seit dem Ende der vergangenen Saison hat der Teenager neben seinem Trainer Adolfo Gutierrez einen zusätzlichen Mentor in seinem Team. Lleyton Hewitt, australischer Davis-Cup-Kapitän und einst die jüngste Nummer eins der Welt unterstütze ihn bei den Vorbereitungsturnieren zu den Australian Open erstmals aus seiner Box aus.

Dabei ist Hewitt eine wertvolle Ergänzung für sein Team, da "Rusty" selbst einst einen äußerst ähnlichen Spielstil verfolgte. Die Zusammenarbeit zwischen Hewitt und De Minaur wurde durch den australischen Tennisverband eingeleitet. Vor einigen Jahren war aber noch gar nicht klar, ob er überhaupt für jenes Land, in dem er geboren wurde, aufschlagen würde.

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© getty

Alex De Minaur: Australien - Spanien - Australien - Spanien

Sein Vater Anibal, ein Uruguayer, betrieb einst ein Restaurant in Sydney, in dem er Alex' Mutter Esther, eine Spanierin, kennenlernen sollte. Die Familie De Minaur zog nach Spanien, als Alex fünf Jahre alt war, und verfolgte auch dort einige Geschäfte.

Alex ging in Spanien zur Schule, lernte dort perfektes Spanisch und Französisch, nur um nach acht Jahren wieder zurück nach Sydney zu übersiedeln. Da das dortige Restaurant aber aufgegeben wurde, lebt die Familie De Minaur heute in Alicante, wo Anibal eine Reihe an Auto-Waschanlagen betreibt.

So kam es, dass der kleine Alex, der einen spanischen Pass besitzt, bei Jugendturnieren auch unter der Flagge der Nation auf der iberischen Halbinsel spielte. "Ich wollte aber immer für Australien spielen. Außerdem wurde ich nie als spanischer Spieler angesehen", sagt De Minaur, der kein klassischer Grundlinienspieler ist, sondern häufig den Weg ans Netz sucht. "Ich war zu aggressiv, zu überladen. Ich habe es immer genossen, meinen eigenen Spielstil zu verfolgen."

Dieser Spielstil brachte ihn in der aktuellen Saison von Platz 208 zu Beginn des Jahres bis auf sein aktuelles Career-High auf Position 38. In Sydney erreichte er erstmals in seiner Karriere ein Finale auf der ATP-Tour, beim 500er-Turnier in Washington war ebenfalls erst im Endspiel gegen Alexander Zverev Schluss.

Alex de Minaur: Der Dämon, der keinen Druck verspürt

Ein Platz bei den ATP NextGen Finals sollte ihm damit sicher sein, zudem erreichte er auf dem Rasen von Nottingham seinen ersten Turniersieg auf der Challenger-Tour. Beim Rogers Cup überraschte er im August erneut, allerdings deshalb, weil er eine Wild Card für das Masters ablehnte, um seinem Körper eine Pause zu geben. Eine äußerst reife Entscheidung, die ihm wenige Wochen später dazu verhalf, in die dritte Runde der US Open einzuziehen.

Mit den Erfolgen der letzten Wochen und Monate ist De Minaur, ein passionierter Golfer, auch eine gefährliche Waffe für das Davis-Cup-Playoff in Graz. Vor allem seine mentale Stärke findet sich auch in der Statistik wieder. Im Under-Pressure-Ranking der ATP liegt De Minaur auf Rang 19, und damit deutlich vor Dominic Thiem (Platz 38).

De Minaur gewinnt überdurchschnittlich Tiebreaks und geht ist auch in Entscheidungssätzen schwer zu schlagen. Irgendwo ein Zeichen einer ungreifbaren, unheimlichen Macht.

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