Aufgezeichnet von Jörg Allmeroth aus Wimbledon
Herr Federer, wie speziell ist es für Sie, nun in Wimbledon den achten Titel gewonnen zu haben? Dort, wo Sie auch den allerersten Major-Pokal holten?
Roger Federer: Das ist wirklich etwas sehr Anrührendes, Außergewöhnliches. Wimbledon war immer mein Lieblingsturnier, und es wird auch immer mein Lieblingsturnier bleiben. Hier sind die Helden meiner Kindheit auf die Courts marschiert. Ich wollte den Spuren dieser Spieler folgen, mir hier meine Träume erfüllen. Es ist schön, jetzt wieder für ein Jahr der amtierende Wimbledon-Champion zu sein. Das ist ein richtig gutes Gefühl. Ich habe mir immer gewünscht, Teil der großen Wimbledon-Geschichte zu sein. Und hier bin ich nun, mit Titel Nummer acht.
Wie sehr haben sie an dem Fortgang Ihrer Karriere gezweifelt, als sie letztes Jahr in Wimbledon wegfuhren, dann eine halbjährige Pause einzulegen hatten?
Federer: Mein Spiel war ja da, ich war nicht schlecht gewesen in dem Turnier. Es ging nur um die Gesundheit, und ich war guter Hoffnung, wieder fit zu werden, wieder um die großen Pokale zu spielen. Ich war schon total glücklich, als ich vor dem Start in dieses Turnier die Anlage betrat. Es war ein erhebendes Gefühl.
Sie haben noch auf dem Centre Court gesagt, dass Sie hoffen, im nächsten Jahr wiederzukommen? Das klang nicht nach 100 Prozent Sicherheit.
Federer: Nein, man kann ja auch nie sicher sein, was kommt. Aber mein Plan ist ganz klar: Ich will hier 2018 antreten und den Titel verteidigen. Aber es gibt, das meinte ich damit, keine Garantien, wenn man 35 ist, bald sogar 36.
Als Sie 2001 gegen Pete Sampras gewannen, hatten Sie da je die Vorstellung, solche Erfolge feiern zu können.
Federer: Nein, niemals. Solche Gedanken verbieten sich. Man träumt vielleicht von einem Titel, aber nicht von dieser langen Strecke mit so vielen Titeln. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so erfolgreich sein würde. Und schon gar nicht weiter erfolgreich bin auch jetzt, mit Mitte Dreißig und einer großen Familie. Zwei Grand-Slam-Titel in dieser Saison, das war jenseits meiner Vorstellung.
Was motiviert Sie in dieser Phase Ihrer Karriere am meisten?
Federer: Der Thrill, auf die großen Bühnen unseres Sports zu marschieren, ist nie weggegangen. Ich habe noch so viel Spaß daran wie vor fünf oder zehn Jahren. Auch das Reisen mit der Familie macht Spaß, es ist nie eine Belastung gewesen für irgendjemanden. Deshalb mache ich ja auch überhaupt weiter. Weil die Familie Federer es als Ganzes will.
Wenn sie noch einmal auf dieses erste halbe Jahr zurückblicken, wie bewerten sie das alles?
Federer: Es ist unglaublich. Wirklich nicht zu fassen. Es ist die größte Überraschung meiner Karriere, wie das alles gelaufen ist. Wenn mir das jemand im letzten Herbst prophezeit hätte, dann hätte ich ihn vermutlich ausgelacht. Ich weiß nicht, wie lange das alles so weitergeht. Aber im Moment fühlt es sich wunderbar an.
Hatten Sie überhaupt einen Moment, wo Sie diesen Sieg hier mal ganz für sich, ganz in Ruhe genießen konnten?
Federer: Ich muss das nicht allein genießen. Es war schön, berührend, die Familie da zu haben. Meine Frau, meine Kinder, meine Eltern, meine Freunde. Auf dem Platz, als ich nach dem Spiel auf dem Stuhl saß, da sank mir überhaupt ins Bewusstsein, was passiert ist. Die ganze Dimension des Sieges, der historische Moment. Es war schon ein bisschen überwältigend.