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Draft Analyse Joe Burrow: Das beste Quarterback-Prospect seit 5 Jahren?

SPOX blickt im Detail auf die Stärken und Schwächen von LSU-Quarterback Joe Burrow.
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Er spielte eine der besten College-Quarterback-Saisons aller Zeiten und schockte in vielerlei Hinsicht die College-Football-Welt: Joe Burrow gilt für viele Experten bereits als sicherer Nummer-1-Pick im kommenden Draft. Doch was macht den LSU-Quarterback so stark? Wo sind noch Schwächen sichtbar? Und in welche Offense passt er? SPOX-Redakteur Adrian Franke startet seine Draft-Analyse-Serie.

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Es ist offiziell Draft-Season! Commissioner Roger Goodell hat die 32 Teams zum Ende der Vorwoche nochmals mit einer offiziellen Mitteilung darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Draft trotz Corona zumindest was den zeitlichen Rahmen angeht wie geplant stattfinden soll - vom 23. bis zum 25. April 2020 also steigt der Draft.

Während also die Free Agency zunehmend abebbt, rücken damit die Draft-Prospects in den Fokus: Was macht Joe Burrow so stark? Wohin passt Tua Tagovaiola? Wie gut ist diese Receiver-Klasse wirklich, und was macht Chase Young so besonders? Die nächsten Wochen hier auf SPOX stehen komplett im Fokus des Drafts 2020! Los geht es mit den Quarterbacks.

Um vorweg meinen Maßstab offen zu legen, wenn in den nächsten Tagen die Quarterback-Analysen allesamt raus kommen - das sind für mich die wichtigsten Eigenschaften eines Quarterbacks, in dieser Reihenfolge, wenngleich einige natürlich zusammenhängen:

  1. Accuracy und Antizipation
  2. Processsing, Reads, Decision-Making
  3. Pocket-Verhalten
  4. Mechanics: Füße, Wurfbewegung, Release
  5. Verhalten gegen Pressure
  6. Off-Script Plays, Improvisieren
  7. Armtalent und Deep Passing
  8. Athletik

Es ist die mit Abstand wichtigste Position auf dem Feld. Jedes Jahr hoffen mehrere Teams, im Draft hier ihren Franchise-Quarterback für die nächsten 15 Jahre zu finden und vergleichsweise selten gelingt das wirklich.

Deshalb startet die SPOX-Draft-Coverage 2020 auch mit dieser Position: Diese Woche steht ganz im Zeichen der Quarterbacks, mit ausführlichen Analysen sowie dem Ranking der Top-10 Quarterback-Prospects im diesjährigen Draft, Hintergrund-Geschichten und mehr.

Los geht es mit dem spannendsten Prospect und dem für viele Experten bereits designierten Nummer-1-Pick Ende April: Joe Burrow.

NFL Draft 2020 Analyse: Joe Burrow, QB, LSU

Dass im Draft hoch ausgewählte Quarterbacks innerhalb ihrer letzten College-Saison nach oben schießen können, ist kein neues Phänomen - erst letztes Jahr katapultierte Kyler Murrays einzige Saison als Starter für die Oklahoma Sooners ihn im Draft nach ganz oben.

Meist gibt es dabei aber eine Hintergrundgeschichte. Das Small-School-Prospect, das einfach nicht auf dem Radar war (Carson Wentz), der mehrjährige Starter, der sich schrittweise entwickelt hat (Baker Mayfield) oder eben der Shootingstar, der nur ein Jahr gespielt hat, das aber auf extrem hohen Level (Murray).

Burrows Geschichte ist da etwas anders: Burrow war mitnichten ein unbeschriebenes Blatt, er wurde in seinem letzten High-School-Jahr als All-State Point Guard im Basketball ausgezeichnet und verließ sein High-School-Footballteam in Ohio mit über 11.400 Passing-Yards und 157 Touchdowns. Als Four-Star-Recruit war er begehrt und entschied sich für Ohio State. Der Weg schien bereit für eine Lokalhelden-Geschichte.

Doch es kam anders: In zwei Jahren bei Ohio State - nach einem Redshirt-Jahr - kam er nie über die Backup-Rolle hinaus und ein Handbruch beförderte ihn 2017 noch hinter den damaligen Backup Dwayne Haskins auf den dritten QB-Spot. Er warf ganze 39 Pässe in diesen beiden Jahren, ehe Burrow auf der Suche nach einer Starter-Chance nach LSU wechselte.

Zumindest die größere Bühne bekam er auch, 2018 absolvierte er 13 Spiele für LSU und legte 2.894 Yards, 16 Touchdowns und 5 Interceptions auf. Es war eine gute Saison, teilweise besser, als die Zahlen vermuten lassen. Doch nichts hätte irgendjemanden erahnen lassen, was für eine unglaubliche 2019er Saison Burrow spielen würde.

Joe Burrows Total Stats 2019:

Completions/AttemptsYards (Average)TD/INTRushing-AttemptsRushing-Yards (TD)
402/527 (76,3%)5.671 (10,8)60/6115368 (5)

Man könnte es als einen perfekten Sturm bezeichnen, was 2019 für LSU passierte: Die Installation einer neuen, sehr offenen Passing-Offense unter dem neuen Passing-Game-Coordinator Joe Brady - inzwischen der Offensive Coordinator der Carolina Panthers - traf auf ein unglaublich talentiertes Wide-Receiver-Duo, eine sehr gute Offensive Line - und auf einen enormen Leistungssprung von Burrow selbst.

Als erster LSU-Spieler seit Billy Cannon 1959 gewann Burrow die Heisman Trophy, mit welcher der beste College-Spieler des Jahres ausgezeichnet wird. Die Tigers gewannen 2019 jedes Spiel und ihren ersten nationalen Titel seit 2007. Es war eine Fabelsaison und für NFL-Scouts gilt es jetzt herauszufinden: Welche von Burrows gezeigten Qualitäten lassen sich sich auf seine NFL-Aussichten übertragen und inwieweit kann man seinen immensen Erfolg 2019 mit seinen möglichst isoliert betrachteten Leistungen erklären?

Pass-Genauigkeit als Trumpf Nummer 1

Sehr viele sehr schlaue Football-Köpfe, die viel mehr von Quarterback-Play verstehen als ich, haben eine Kernkompetenz bei ihren Quarterbacks stets am meisten hervorgehoben: Accuracy. Kann der Quarterback den Ball konstant zu seinem gewünschten Target bringen? Und mehr noch: trifft er seine Receiver so perfekt im Lauf, dass die ohne abzubremsen Yards nach dem Catch kreieren können?

Für den großen Bill Walsh war keine Qualität bei seinem Quarterback wichtiger, er drillte seine Quarterbacks mit pedantischer Hartnäckigkeit. Walsh forderte von Joe Montana und Co., dass der Ball auf den Zentimeter genau vor seinem Ziel landet. Gleichzeitig aber ist Accuracy auch eine Eigenschaft, die sich nur in sehr gewissem Maße verbessern wird.

Mike Leach hat hierüber bereits mehrfach gesprochen und er ist nicht der einzige, der diese Meinung vertritt: Wenn ein Quarterback als ungenauer Passer aus der High School ins College kommt, ist die Chance darauf, dass er sich noch zu einem akkuraten Passer entwickelt, minimal. Beim Schritt vom College in die NFL ist eine solche Entwicklung nahezu ausgeschlossen.

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© YouTube

Genau hier beginnt das Argument für Burrow. Arbeitet man sich durch Burrows 2019er Tapes, kann man die Pässe, bei denen seine Accuracy nicht gut war, mehr oder weniger an zwei Händen abzählen. Burrow ist ein extrem akkurater Passer und das in einer Offense, die von ihm deutlich mehr schwierige Würfe gefordert hat als etwa die Alabama-Offense von Tua Tagovailoa.

LSU beispielsweise arbeitete kaum mit Screen-Pässen, und während Run Pass Options - die auch häufig mit einem offenen Receiver einhergehen - der Fixpunkt der Offense waren, musste Burrow trotzdem auffällig mehr schwierige Pässe werfen. Das beinhaltet die vertikalen Pässe, die er meisterte wie kein anderer, aber auch in enge Fenster in der mittellangen Distanz. Burrow trifft mit hoher Verlässlichkeit und Konstanz enge Fenster.

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Eine starke und konstante Accuracy wird im Gesamtkontext geschmälert, wenn der Quarterback die nötige Antizipation vermissen lässt. Heißt: Muss ein Quarterback erst sehen, wie ein Receiver offen ist und wirft den Ball dann? Oder kann er antizipieren, je nachdem wie sich die Verteidiger verhalten und wo seine Routes hinlaufen, wann und wo ein Receiver frei sein wird? Wirft er den Ball, bevor der Receiver frei ist?

Hier haben viele Quarterbacks, selbst noch in der NFL, große Probleme. Burrow zeigt ein enorm hohes Maß an Antizipation und die Fähigkeit, Bälle permanent zwischen Verteidiger oder zwischen Cover-Zones zu platzieren.

Das ist insbesondere bei In-Breaking-Routes deutlich, die für nahezu jede NFL-Offense die absolute Basis bieten. Burrow brachte in der vergangenen Saison bei In-Breaking-Routes 100 von 121 zum Mitspieler, für 14,5 Yards pro Pass. Eine immense Quote und eine Statistik, die seine Accuracy und seine Fähigkeit, den Receivern Yards nach dem Catch zu ermöglichen, unterstreicht.

Nur ganz selten hat man den Eindruck, dass Burrow an einem Receiver klebt. Stattdessen liest er die Defense und erkennt, wo er mit dem Ball hingehen muss, wo sich ein Raum öffnen wird, anhand der Coverage sowie der Art wie sich die Verteidiger bewegen, mit den Routes seiner Receiver passend dazu im Hinterkopf.

Joe Burrow: Advanced Stats 2019

StatistikWert (Platzierung unter College-QBs 2019)
Adjusted Completion Percentage81,9% (Platz 2)
Average Depth of Target9,6 Yards (Platz 47)
Deep Passing Yards1.711 Yards (Platz 1)
Pressure-Rate30,8% (Platz 58)

Alle Statistiken in dieser Tabelle stammen aus dem Draft Guide von Pro Football Focus. Alle Rankings unter College-Quarterbacks 2019 mit mindestens 300 Dropbacks.

Am eindrucksvollsten ist diese Mischung aus Accuracy und Antizipation bei Burrow fraglos im vertikalen Passspiel. 1.711 seiner Passing-Yards 2019 kamen bei Pässen, die 20 Yards oder weiter geflogen sind, kein Quarterback im College konnte hier mithalten.

Dabei waren selbstredend auch Pässe, bei denen Burrow einen offenen Receiver Downfield "nur" im Lauf treffen musste. Wirklich spektakulär aber wurde es, wenn er den Ball warf, bevor der Receiver offen war, weg vom Verteidiger, perfekt platziert. Wie bei diesem Touchdown gegen Vanderbilt:

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Wenn man Burrow im vertikalen Passspiel analysiert, fällt direkt eine Parallele zu einem anderen Prospect aus der jüngeren Vergangenheit auf: Die Art, wie Burrow Receiver 20, 30, 40 Yards Downfield perfekt in den Lauf und weg vom Verteidiger trifft erinnert an das, was Kyler Murray 2018 für Oklahoma auf Tape gepackt hat - mit dem Unterschied, dass Burrow diese Distanz nochmal deutlich häufiger attackierte als Murray und noch effizienter war als der Vorjahres-Nummer-1-Pick.

Burrow warf 2019 26 Touchdown-Pässe auf eine Distanz von mindestens 20 Yards Downfield, 47 von 83 Pässen brachte er hier an und nur zwei dieser Pässe landeten beim Gegner. Das sind enorme Zahlen und unterstreichen, wie viele vertikale Elemente in dieser Offense vorkamen. Kein Quarterback war in dieser Disziplin letztes Jahr besser.

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Dieser Pass gegen Texas ist exemplarisch für einen Wurf-Typ, den man bei Burrow auf jedem Tape sehen kann: Die Füße in perfekter Wurfposition, der Ball ist raus, ehe der Receiver Separation kreiert hat und landet dennoch exakt so, dass nur der Receiver eine Chance hat, den Pass zu fangen. Das kann per Backshoulder-Pass oder eben gerade außerhalb der Reichweite des Defensive Backs sein.

Das ist Burrows immense Qualität im vertikalen Passspiel, zusammengefasst in einer Szene.