Dabei erlebte Minnesota einen echten Traumstart: Die Defensive Front kontrollierte die Line of Scrimmage und erzwang schnelle Saints-Punts, Case Keenum (25/40, 318 YDS, TD, INT) fand erst Wright komplett offen und dann McKinnon zum Touchdown. Es ging gerade so weiter, Minnesota attackierte die Saints-Underneath-Defense und die Gäste-Verteidiger halfen mit mehreren Strafen kräftig nach.
Das traf auch zu, nachdem sich Sendejo die erste Interception des Spiels bei einem zu kurzen Brees-Pass geschnappt hatte, Murray lief aus einem Yard in die Endzone. Die Folge: Die Vikings führten im zweiten Viertel mit 17:0, zu diesem Zeitpunkt hatte Brees eine Completion für drei Yards auf dem Konto und Minnesotas aggressive Front sicherte den First-Half-Shutout. Allerdings beendeten beide Teams das zweite Viertel mit je einem Field-Goal-Fehlschuss.
Dennoch schien Minnesota auf bestem Wege, das Spiel in der zweiten Hälfte aus komfortabler Position heraus kontrollieren zu können - doch daraus wurde nichts. Brees (25/40, 294 YDS, 3 TD, 2 INT) spielte jetzt deutlich besser, während sich Keenum gegen Pressure eine kostspielige Interception leistete. Darüber hinaus musste Sendejo nach einem heftigen Hit verletzt raus und auch Cornerback Xavier Rhodes verpasste einige Snaps angeschlagen. New Orleans' bester Receiver Michael Thomas drehte indes auf und fing gleich zwei Touchdowns.
So stand es plötzlich nur noch 17:14, ehe Keenum seinen besten Wurf auf Wright anbracht und sich die Hausherren mit einem Field Goal schließlich doch zurückmeldeten. Was dann passierte, war eine Schlussphase, über die man in Minnesota noch lange sprechen wird: Brees, der jetzt endgültig wieder auf seinem Top-Level angekommen war, brachte New Orleans durch einen Touchdown-Pass auf Kamara in Führung, im Gegenzug lag Minnesota 1:29 Minuten vor dem Ende nach einem Field Goal wieder in Front.
Die Saints waren daraufhin schnell wieder über der Mittellinie, da aber stoppte die Vikes-Defense New Orleans mehrfach - bis Brees bei 4th&10 die Gäste rettete. 25 Sekunden vor dem Ende kickten die Saints so den vermeintlichen Game-Winner, bis das bisherige Play des Jahres passierte: Mit dem letzten Spielzug der Partie warf Keenum einen Verzweiflungsball in Richtung Stefon Diggs, dessen Gegenspieler an ihm vorbei rauschte und den Receiver zum unfassbaren Game-Winning-Touchdown in die Endzone marschieren ließ. Die Vikings reisen damit zum Championship Game nach Philadelphia.
Die wichtigsten Statistiken
Minnesota Vikings - New Orleans Saints 29:24 (10:0, 7:0, 0:7, 12:17) BOXSCORE
- Das Run Game der Vikings kam nie wirklich ins Rollen: 50 Yards bei 19 Versuchen für Latavius Murray sowie 34 Yards für Jerick McKinnon (8 ATT). Allerdings waren die Saints um Alvin Kamara (11 ATT, 43 YDS) und Mark Ingram (10 ATT, 25 YDS) hier nicht besser aufgelegt.
- Im Passing Game war Michael Thomas einmal mehr in glänzender Verfassung, der Receiver fing sieben Bälle für 85 Yards und zwei Touchdowns. Dabei gewann er auch mehrere seiner Duelle mit Xavier Rhodes auf eindrucksvolle Art und Weise (3/8, 46 YDS, TD).
- Keenum hat in der Regular Season im Schlussviertel nur einen einzigen Pass angebracht, der 20 Yards das Feld runter flog. Im vierten Abschnitt gegen die Saints gelangen ihm gleich drei solcher Pässe, darunter der alles entscheidende Touchdown.
- Seit 2015 hatten die Vikings 28 Mal eine Führung über mindestens zehn Punkte - alle 28 Spiele hat Minnesota anschließend gewonnen. Das Duell mit den Saints war also Nummer 29 in dieser Liste. Die Saints auf der anderen Seite haben seit ihrem Super-Bowl-Sieg über die Colts keinen 10-Punkte-Rückstand in den Playoffs aufholen können. Auch wenn sie in Minnesota denkbar knapp scheiterten.
Die Stimmen zum Spiel
Stefon Diggs (Receiver Vikings): "Das hat sich verdammt gut angefühlt! Es bedeutet mir so viel, dass mein Quarterback mir beim letzten Play des Spiels so vertraut. Er hat den Ball geworfen, der Rest ist Geschichte! Wir haben hier viele Kämpfer. Die Jungs geben bis zum Ende alles, bis es wirklich vorbei ist."
Case Keenum (Quarterback Vikings): "Ich wollte Stefon einfach eine Chance geben. Wir wussten, dass noch eine Chance besteht, wir haben noch gehofft. Er war gut gedeckt, ich habe eine kleine Lücke gesehen und er ist hoch gesprungen - ihr habt es ja gesehen! (lacht)"
Drew Brees (Quarterback Saints): "Wir stehen alle noch ein wenig unter Schock. Nach dem Field Goal war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir das Spiel gewinnen. Es war am Ende eine Verkettung unglücklicher Umstände."
Sean Payton (Head Coach Saints): "Zunächst einmal möchte ich Minnesota gratulieren. Es war ein spektakuläres Spiel, natürlich mit einem unglücklichen Ende für uns. Ich bin stolz auf unsere Spieler, wir haben uns in der zweiten Hälfte zurück gekämpft und haben uns in eine gute Position gebracht. Aber es wird dauern, diese Niederlage zu verdauen."
Der Knackpunkt: Der Diggs-Touchdown
Was auch sonst? Die Saints hatten den Punt-Block, den spektakulären Brees-Pass bei 4th&10, das vermeintliche Game-Winning-Field-Goal - alles war bereitet für einen spaßigen Rückflug nach Louisiana. Und dann kam der Moment, den Sport-Fans in Minnesota noch lange in Erinnerung haben werden: Ein Verzweiflungs-Pass zu Diggs, der in einem 61-Yard-Touchdown und dem Sieg endete. Es ist der einzige "Walk-Off"-Touchdown (also ein Game-Winner mit auslaufender Uhr) im vierten Viertel eines Playoff-Spiels, den es jemals gab.
Das entscheidende Duell: Vikings-Front vs. Saints-Line
Dass es den Vikings gelang, in der ersten Hälfte so ein Polster aufzubauen, lag zu einem großen Teil an der defensiven Front. Minnesota bestimmte hier das Spiel, New Orleans konnte auch in seinem zweiten Playoff-Spiel kein Run Game aufbauen und zumindest in der ersten Halbzeit machte der Druck auch Brees merklich zu schaffen.
Der Star des Spiels: Stefon Diggs und Adam Thielen
Der absolut unerklärliche und spektakuläre Game-Winner bringt Diggs natürlich ins Rampenlicht - doch es war das in der Regular Season oft zurecht so hoch gelobte Receiving-Duo der Vikings, das Minnesotas Offense im Spiel hielt. Thielen und Diggs hatten beide absolut kritische und schwierige Catches in den wichtigsten Momenten, beide verschafften sich Räume Underneath und halfen Keenum so enorm. Ebenfalls erwähnenswert aufseiten der Saints: Cam Jordan sowie Brees nach der Halbzeitpause.
Der Flop des Spiels: Marcus Williams
Broncos-Fans werden sich noch an Rahim Moore und seinen Fauxpas gegen die Ravens erinnern - in genau diese Fußstapfen trat Williams am Sonntagabend: Beim letzten Pass des Spiels duckte er sich unter Diggs weg, möglicherweise aus Angst vor einer Pass-Interference-Strafe oder weil er befürchtete, dass Diggs direkt ins Seitenaus kommt - und rauschte so an dem Vikings-Receiver vorbei. Der konnte sein Glück kaum fassen, blieb aber geistesgegenwärtig im Feld und marschierte zum Touchdown das Feld runter.
Die Taktik-Tafel
- Minnesotas Defense hatte sich - wie man erwarten musste - einiges in der Herangehensweise von den Panthers in der Vorwoche abgeschaut. Die Vikings bespielten die Line of Scrimmage und die Box extrem aggressiv, eine der großen Stärken dieser Vikings-Defense. Kein Team ist hier in dieser Saison besser. Das minimierte den Einfluss der Running Backs auf das Spiel auch im Passing Game, was für die Saints-Offense ein riesiges Problem war.
- Die Vikings waren hier auch wieder einmal extrem gut was die Blitz-Pakete anging. Aus den aggressiven Formationen heraus kamen immer wieder Rusher aus verschiedensten Richtungen, was einer eigentlich sehr starken Saints-Line große Probleme bereitete.
- Offensiv sah man von den Vikes ebenfalls das, was Minnesota schon die ganze Saison über so stark gemacht hatte: Rub Routes und Cross-Releases der Receiver unmittelbar nach dem Snap, was insbesondere Man Coverage enorm erschwert. Keenum fand hier gerade Underneath mehrfach Lücken in der Saints-Defense.
- Minnesota hatte in den vergangenen Wochen immer wieder einige Probleme in der Offensive Line offenbart, und dieses Mal hatten sie keine Antwort auf Cam Jordan. Die Saints steigerten sich hier im Laufe des Spiels deutlich, stoppten viele Runs schnell und setzten Keenum immer wieder unter Druck. Der konnte zwar erneut in der Pocket einiges an Schaden verhindern, hatte aber deutlich weniger Zeit, als im Vorfeld in Minnesota erhofft und vor allem in der Schlussphase nahm der Druck deutlich zu.