Warum werfe ich so viele Interceptions? Ist meine Offensive Line so schlecht oder die Defense so stark - oder warum gelingt meinem Gegner ein Sack nach dem anderen? Und wie soll ich einen Quarterback stoppen, der dauernd mit dem Ball los läuft?
Zugegeben: Sich in Madden rein zu arbeiten kann anfangs genau das sein - Arbeit. Aber es ist eine Arbeit, die nicht nur Spaß macht, sondern die einem sogar helfen kann, wenn die NFL-Saison beginnt.
Denn ein schöner Nebenaspekt, wenn man sich in die Videospiel-Variante rein denkt: Viele der Dinge, die einem Madden-Spieler den Einstieg erleichtern, sind auch hilfreich, wenn man sich "echten" Football anschaut.
Die Rolle der Safeties für die Coverage, Unterschiede zwischen Zone und Man Coverage, das richtige Reagieren auf einen vermeintlichen Blitz oder aber auch die Bedeutung eines Quarterback-Spys: Der SPOX-Madden-Guide ist auch ein Ratgeber dafür, worauf man bei der Football-Übertragung ab September achten sollte.
Madden: Coverage lesen lernen
Genauer gesagt: Zunächst einmal gilt es, den Unterschied zwischen Zone und Man Coverage zu verstehen und diesen zu erkennen. In einer Zone Coverage sind jedem Verteidiger bestimmte Bereiche auf dem Platz zugewiesen, die sie decken müssen - sie haben also keinen direkt zugewiesenen Gegenspieler, sondern übernehmen den Spieler, der in ihren Bereich läuft.
In der Manndeckung hat jeder Verteidiger einen direkten Gegenspieler, für den er zuständig ist und dem er überall hin folgt. Beides hat seine eigenen Vorteile: In der Zone Coverage herrscht in der Regel - vor allem bei weniger talentierten Secondaries - eine größere Absicherung, die Verteidiger achten auf den Quarterback und die Route-Konzepte und nicht nur auf ihren direkten Gegenspieler.
Die Man Coverage baut stärker auf individuelle Qualität: Sind die Cornerbacks und Safeties den Receivern in den direkten Duellen überlegen, dauert es lange, bis sich Receiver frei laufen können. Meist zu lange - wenn sie es überhaupt schaffen. Das gilt es auch bei der Auswahl eines Defensiv-Spielzugs zu beachten: Sind die Cornerbacks nämlich umgekehrt den gegnerischen Receivern klar unterlegen, ist Zone Coverage mutmaßlich die bessere Wahl.
Beide Herangehensweisen haben aber auch ihre Schwächen: Man Coverage ist etwa anfälliger für Route-Kombinationen, bei denen die Receiver nah aneinander vorbei laufen - sogenannte "Rub Routes" -, genau wie für Laufwege mit abrupten Richtungswechseln. Der Verteidiger ist hier noch viel stärker in eine reaktionäre Rolle gezwungen, auch Route-Kombinationen aus engen Receiver-Formationen, sogenannte "Stack Formations", machen gegen Manndeckung Sinn.
Zone Coverages offenbaren zumeist irgendwo eine Lücke zwischen zwei Bereichen und werden für die Defense schwieriger, je länger der Spielzug andauert. Darüber hinaus ist es hier gut möglich, einzelne Zonen zu überladen, indem man mehrere Receiver einen Bereich des Feldes attackieren lässt.
Wie aber erkennt man, ob es eine Zone oder eine Man Coverage ist? Vor dem Snap lässt es sich beispielsweise erahnen, wenn man einen Spieler von der einen Seite der Formation auf die andere schickt - und dem dann ein Verteidiger folgt. Das ist ein klarer Hinweis auf Man Coverage. Ebenfalls hilfreich: Wie sind die Cornerbacks postiert? Stehen sie in deutlichem Abstand zur Line of Scrimmage (ein möglicher, aber nicht zwingender Indikator für Zone Coverage) oder bauen sie sich direkt vor dem Receiver auf (spricht für Man Coverage)?
Nach dem Snap wird es dann schnell deutlich: Verfolgt ein Cornerback beispielsweise den Outside Receiver, oder lässt er ihn einfach vorbei ziehen? Hat man erkannt, ob es sich um Man oder Zone Coverage handelt, kann man die entsprechenden Receiver anvisieren, denen sich das beste Matchup bietet.
Cover 1,2,3,4? Die Safeties lesen
Den Unterschied zwischen Man und Zone Coverage zu erkennen reicht allerdings nicht, um das eigene Passspiel ins Rollen zu bringen - mindestens genauso wichtig ist dann nämlich noch die Frage, um welches Konzept genau es sich handelt. Also beispielsweise Cover 2 (zwei Defensive Backs teilen sich den tiefen Part des Feldes auf), Cover 3 (drei Defensive Backs decken den tiefen Raum) oder etwa Cover 4. Und die Frage danach beginnt stets bei einer spezifischen Spieler-Position: Bei den Safeties.
Der erste Blick, nachdem sich die eigene Offense und die gegnerische Defense vor dem Snap aufgestellt haben, sollte den Safeties gehören. Sind zwei Safeties tief postiert, ist die Chance hoch, dass es sich um eine Cover 2 oder Cover 4 handelt.
Cover 2 Zone beispielsweise lässt sich gut in der Mitte des Feldes attackieren, wenn die Safeties außen beschäftigt sind. Auch Route-Kombinationen, die eine Seite des Feldes mit einer kurzen und einer langen Route attackieren sind meist effektiv. Doch Achtung, Cover 2 kann eine Zone genau wie eine Man Defense sein: In letzterem Fall spielen nur die beiden Safeties Zone Coverage und der Rest Manndeckung. Gegen Cover 4 kann man mit kurzen Pässen die Lücken der Underneath-Zone-Coverage ausnutzen.
Cover 3 - wie man sie in der jüngeren Vergangenheit unter anderem bevorzugt von den Seahawks, den Falcons und den Jaguars kennt - heißt, dass nur ein Safety tief postiert wird. Dieser wird tief durch die beiden Outside Cornerbacks unterstützt. Der zweite Safety stellt sich näher an der Line of Scrimmage auf.
Was funktioniert gegen Cover 3? Effektiv ist das Überladen einzelner Zonen, in der Vorsaison haben die Falcons das gegen Seattle perfekt illustriert. Beispielsweise ein Flood-Konzept, also ein Pass-Spielzug, bei dem mehrere Routes eine Seite des Feldes auf verschiedenen Höhen attackieren.
Achtung: Ein alleine tief postierter Safety kann allerdings auch bedeuten, dass die Defense Cover-1-Man spielt, bedeutet: Manndeckung überall mit einem Safety, der als letzte Absicherung Zone Coverage spielt. Bei Cover-1-Man werden in aller Regel also nur sechs Spieler für die Coverage abgestellt - somit muss hier auch mit einem Blitz gerechnet werden.
Madden: Mit Stack-Formations und Motions arbeiten
Stack-Formationen - Aufstellungen mit mehreren Receivern eng nebeneinander auf einer Seite des Feldes - haben vielseitige Effekte: Sie ermöglichen einen einfacheren Release gegen Man Coverage. Sie können erste Hinweise auf die Art der Coverage geben, je nachdem, wie die Defense ihre Aufstellung der Formation anpasst. Und die daraus resultierenden Route-Kombinationen sind ideal dafür geeignet, Zonen zu überladen.
Motions, also Bewegungen einzelner Spieler vor dem Snap, sind ein maßgeblicher Indikator für die Art der Defense - also ob es eine Zone oder Man Coverage ist. Darüber hinaus kann man so einen Verteidiger in eine unvorteilhafte Position bringen, etwa wenn sich der Tight End nach außen bewegt und so einen sich in Manndeckung befindenden Linebacker dazu zwingt, eine Outside-Route zu decken.
Madden: Blitzing und Pass-Protection
Gerade gegen menschliche Gegner ist der Blitz eine nur zu gerne verwendete Defensiv-Strategie - und gegen ungeübte Spieler auch durchaus effektiv. Die Reads müssen schneller erfolgen, die Pocket bricht schneller zusammen und der Controller vibriert gefühlt vom Snap weg.
Umso wichtiger ist es, Blitzer vor dem Snap zu erkennen. Stellt die Defense beispielsweise auffällig viele Spieler auf eine Seite der Offensive Line? Oder positioniert sich ein Safety, Cornerback oder Linebacker ungewöhnlich nahe an der Line of Scrimmage? All das sind mögliche Anzeichen für einen Blitz.
Wie kann man darauf reagieren? Ein erster Schritt ist es, die Protection der Offensive Line vor dem Snap in die entsprechende Richtung zu ziehen. Ein weiterer, den Running Back - man kann jedem Tight End, Running Back oder Wide Receiver vor dem Snap eine individuell andere Aufgabe geben als sie im eigentlichen Play hätten - im Backfield auf die entsprechende Seite zu stellen und ihn statt seiner Route in Pass-Protection zu lassen. Das verschafft etwas mehr Zeit in der Pocket.
Glaubt man, einen Blitz vor dem Snap erkannt zu haben, empfiehlt es sich den Spielzug zu ändern. Ein schnelles Slant-Play mit kurzen Routes über die Mitte beispielsweise sollte oftmals früh verfügbare Pass-Optionen bieten, bevor der Blitz beim Quarterback ankommt.
Madden: Generelle Tipps für die Offense
- Um im Spiel schnell reagieren zu können ist es essentiell wichtig, dass man genau weiß, welche Plays im eigenen Playbook zu finden sind - und wo sie dort sind. Im Laufe der Zeit sollte man das eigene Playbook auch individuell anpassen, um Plays, die man nicht mag, zu entfernen und andere hinzuzufügen. Trainingszeit - wie Madden-Producer Seann Graddy im SPOX-Interview ebenfalls betonte - mit dem Playbook empfiehlt sich ohnehin, um ohne Zeitdruck die eigenen Optionen studieren zu können.
- Auf das Run Game zu bauen kann sich auch in Madden lohnen - es ist der weniger riskante und insbesondere für Neueinsteiger der weniger überfordernde Weg in der Offense. Dabei sollte die "Box", also der Bereich etwa fünf Yards hinter der Line of Scrimmage, vor dem Snap beobachtet werden. Hat die Defense hier mehr als sieben Spieler postiert, ist ein Run-Spielzug eher weniger erfolgsversprechend. Darüber hinaus sollte man stets versuchen, seinen Run-Spielzug auf die Seite zu schicken, auf der man eine personelle Überzahl hat - etwa durch einen Tight End oder einen blockenden Fullback.
- Hier sollte man im Training verschiedene Stile ausprobieren, um zu sehen, mit welchen Runs man am besten klar kommt. Manche tun sich leichter, die Mitte des Feldes zu lesen und auf Inside Zone Runs zu setzen, andere bevorzugen die Speed-Möglichkeit eines Pitches nach außen. Zu eindimensional sollte man hier aber selbstredend nicht sein.
- Ebenfalls wichtig mit Blick auf das Run Game ist die Auswahl des Running Backs. Handelt es sich um einen explosiven Back oder um einen Power Back? Ist er besonders beweglich und kann Gegenspielern effektiv ausweichen?
- Reads, Reads, Reads! Ein großes Problem für Anfänger ist es, nach dem Snap tatsächlich auch durch die Reads zu gehen. Ist der erste Receiver gedeckt oder deutet sich durch die Coverage ein schlechtes Matchup an, muss der Blick zur zweiten und dritten Option weiter wandern. Das kostet am Anfang Überwindung, weil man glaubt, keine Zeit zu haben - ist aber eine Übungssache. Sich nur auf einen Receiver zu fixieren wird früher oder später zu Pässen in Double Coverage oder Sacks führen. Meist eher früher.
- Auch wenn es der (FIFA-)Instinkt häufig rät: Der Sprint-Knopf muss keineswegs von Beginn bis Ende des Snaps durchgedrückt werden. Einerseits ist die Beweglichkeit zu wichtig, andererseits werden die Spieler während eines Plays viel zu schnell müde. Eine effiziente, auf Explosivität bedachte Einsetzung ist deutlich besser.
- Im Football genau wie in der Videospiel-Variante ist es wichtig, schwer ausrechenbar zu sein. Aus vermeintlichen Lauf-Formationen also Pässe zu werfen oder aus einer vier-Receiver-Set-Aufstellung zu laufen lohnt sich, insbesondere gegen einen menschlichen Gegner.
Madden: Generelle Tipps für die Defense
- Mit dem richtigen Maß zu spielen ist defensiv enorm wichtig. Nur mit Blitzing wird man nicht weit kommen, das gilt allerdings auch für eine konstant passive, nur auf Sicherheit bedachte Coverage. Stattdessen sollte das defensive Play-Calling mal in die eine, mal in die andere Richtung gehen - an die Situation (also Down, Distance und Position auf dem Feld) angepasst.
- Stichwort Blitzing: Einfach blind drauf los zu blitzen ist nicht zu empfehlen. Vielmehr sollte man versuchen, seine Blitze zu verstecken. Also beispielsweise aus Formationen mit zwei zunächst tief postierten Safeties blitzen oder aber aus einer Aufstellung heraus, die man schon mehrfach aufgeboten hat, plötzlich einen Blitz spielen lassen.
- Unsicherheit über die Formation? Ein solides Ausgangs-Play für verschiedene Situationen ist 2-Man-Under, also zwei tiefe Safeties in Kombination mit fünf Spielern in Manndeckung davor. Es bietet eine gute Mischung aus Aggressivität, ohne zu übermütig zu werden und kann gegen verschiedene Offenses funktionieren.
- Keine Angst vor dem QB-Spy: Als "Quarterback Spy" bezeichnet man einen Spieler, der für ein Play abgestellt wird, um exklusiv für den Quarterback zuständig zu sein. Dieser Spieler bleibt konstant auf den Quarterback fixiert und reagiert dementsprechend. Das ist ganz besonders hilfreich, wenn man es mit einem Team zu tun hat, dessen Quarterback auch gerne mal die Beine in die Hand nimmt. Läuft der Quarterback nicht los und wirft stattdessen, ist ein QB-Spy in den meisten Madden-Formationen schlicht ein weiterer "freier" Underneath-Verteidiger.
- Die Bezeichnungen für das Personnel auf dem Platz: Base bedeutet vier Defensive Backs, Nickel bedeutet fünf Defensive Backs und Dime sechs Defensive Backs. Als Faustregel kann man sich merken, dass die Anzahl der Defensive Backs der Anzahl der Receiver auf dem Platz entsprechen sollte. Das ist nicht universell richtig, dient aber als gute Orientierung.