Hier geht es nicht um Superstars. Um MVPs oder Scoring-Leader. Es geht um Weltstars. Um Spieler, die den Sport transzendieren, um die sich internationale Unternehmen als Werbegesicht streiten und die sogar deine Mutter und jeder Nicht-Basketball-Fan kennt. Nicht um die Charles Barkleys oder Kevin Durants, sondern um Michael Jordan oder LeBron James.
Aber was braucht man, um dieses Level zu erreichen? Championships? Scoring-Titel? Oder einfach gutes Marketing? Eine perfekte Antwort gibt es nicht, aber sie wird ein wenig klarer, wenn man sich die bisherigen Weltstars anschaut. Man kann darüber debattieren, wer genau in diese Kategorie fällt, aber der erste wirklich weltweit bekannte NBA-Star war zweifellos Michael Jordan. Seitdem wird der "neue Jordan" gesucht, und zumindest ansatzweise auch gefunden: in Kobe Bryant oder zuletzt LeBron.
Shaquille O'Neal oder auch Stephen Curry könnten noch genannt werden, ihre Rolle als Zentrum des Basketball-Kosmos ist aber diskutabler als die der anderen. Shaq war zwar zu seinen Hochzeiten einer der dominantesten Spieler aller Zeiten, hatte aber nie diesen Killer-Instinkt und wirkte oft an den Dingen neben dem Platz interessierter als am Basketball selbst. Steph wiederum hat zwar die passende Ausstrahlung und das Spiel verändert, war aber selbst auf seinem MVP-Niveau nie so dominant wie beispielsweise ein Magic Johnson, Jordan, LeBron oder Kobe Bryant.
Was aber hatten diese weltweiten Gesichter des Basketballs gemeinsam, das sie so einzigartig machte?
Gesichter der NBA: Was die bisherigen Weltstars gemeinsam hatten
Eine Gemeinsamkeit war die Dominanz auf dem Spielfeld. Alle hatten etwas, das es davor so noch nicht gab. Die Assists von Magic Johnson, die Kreativität Jordans, die Perfektion Kobes und die pure Athletik LeBrons. Jeder war auf seine Weise ein Killer auf dem Spielfeld.
Diese Dominanz hielten sie über lange Zeit. Ein Aufflackern anderer Superstars gab es oft, aber der konstante Erfolg macht den Unterschied. Magic mit seinen Lakers: fünf Championships. Michael Jordan mit den Bulls: sechs Championships. Kobe mit den Lakers: fünf Championships - und LeBron mit Cleveland, Miami und den Lakers: vier Championships.
Aber nicht nur der spielerische Erfolg macht diese Weltstars aus, sondern auch ihre Ausstrahlung. Magic war ein extrovertierter Entertainer. Viele erinnern sich eher an sein breites Lächeln als an seine Highlights. Kobe und MJ waren egozentrische Besessene, mit mehr Siegeswille und Ehrgeiz als ihre Konkurrenten. Und LeBron? Der besticht noch immer durch seine gelassene Art, die er seit seinem ersten Spiel in der NBA an sich hat, und den puren Siegeswillen, wenn es drauf ankommt.
Was bringt die schönste Art zu spielen, wenn niemand außerhalb der NBA dich sieht? Deshalb müssen die Stars auch vermarktet werden können. Ausschlaggebend dafür ist dieses gewisse Charisma, aber auch das Privatleben. Magic war neben seinem Game für sein Entertainment bekannt, aber auch für seine HIV-Erkrankung, die er bis heute mit verschiedenen Stiftungen bekämpft. Jordan hat die größte Sportmarke der Welt mit aufgebaut, Hollywood erobert und wurde zu einer Ikone. Kobe ist mit seinem absoluten Ehrgeiz bis heute Motivation für Sportler auf der ganzen Welt und immer noch eins der größten Gesichter von Nike. LeBron ist "The Chosen One", ebenfalls ein Gesicht Nikes, auch er spielte in Space Jam mit und hat mit seiner Schuhlinie ähnlichen Erfolg wie Kobe.
Diese Spieler verbindet auch die Tatsache, dass sie sich gegenseitig abgelöst haben. Erst Magic, dann Jordan, dann Kobe, dann LeBron. Und wer folgt auf ihn?
Das ist die große Frage: Welcher Spieler wird so dominant, ein weltweites Vorbild und kann so vermarktet werden, dass er zum globalen Megastar aufsteigen kann? Drei Kandidaten haben sich in der NBA schon bereit gemacht.
Das neue Gesicht der NBA: Diese Spieler könnten Weltstars werden
Luka Doncic (25, Dallas Mavericks, sechs Saisons)
- Das Spielerische und der Erfolg:
Wenn man sich nur seine Statistiken ansieht, scheint geklärt, wer der beste Spieler der Liga ist: 34 Punkte, 9,2 Rebounds und 9,8 Assists pro Spiel waren es in der Saison 2023/24. Luka Doncic hat sich im letzten Jahr in jeder Kategorie verbessert, zumindest in der Offensive. Defensiv ist er noch immer eine Schwachstelle, das sah man auch in den Finals. Immer wieder spielte Boston das Pick-and-Roll so, dass Luka angegriffen wurde - und der konnte kaum einen Gegenspieler vor sich halten. Offensiv ist Luka ein Virtuose, wie wir ihn selten gesehen haben, mit seinen Stepback-Dreiern in der Crunchtime, Richtungswechseln und Pässen, die sonst niemand spielen kann.
Aber wenn Luka ein Weltstar werden will, braucht er Championships. Und seine Chance auf den Ring an der Hand erhöht sich, wenn er als Star des Teams auch Defense mitbringt. Das könnte ihm aber nach seinem ersten Trip in die Finals auch bewusst geworden sein. Auch Jordan und LeBron mussten erst bittere Niederlagen einstecken, um danach an sich zu arbeiten und schließlich die Finals zu gewinnen. Macht Doncic das und spielt eine bessere Defense, sieht es für die anderen Teams sehr düster aus.
- Die Ausstrahlung:
Hier liegt ein Problem von Doncic: Er ist auf dem Platz oft weinerlich. Das halbe Spiel, so scheint es für Zuschauer manchmal, verbringt er damit, mit den Schiedsrichtern zu streiten. Das sah man auch in den Playoffs und ganz besonders in den ersten Spielen der Finals, bis er nach Spiel 3 Einsicht zeigte und sich auch zu den Streitigkeiten mit den Schiedsrichtern selbstkritisch zeigte: "Damit muss ich aufhören, sie haben sowieso das letzte Wort." Stattdessen wolle er "wieder Spaß haben". Das sollte er auch, denn in solchen Momenten wirkt er weich und so, als hätte er seine Emotionen nicht unter Kontrolle. Das wäre auch okay - man schaue auf Kobe oder Jordan, die auch immer wieder mit den Schiedsrichtern und den eigenen Teamkollegen haderten -, aber bei Luka schwingt immer etwas Weinerliches mit.
- Wie gut kann man Doncic vermarkten?
Luka hat den Europabonus. Er kommt aus Slowenien und hat seine Jugendjahre bei Real Madrid gespielt, war dort mit 16 der jüngste Spieler, der gegen ein NBA-Team gespielt hat (OKC) und der jüngste MVP der EuroLeague. Das trägt natürlich zu seiner Legendenbildung bei und die europäischen Basketballfans kennen ihn, was immer gut für dort ansässige Marken ist. In den USA ist er aufgrund seiner beeindruckenden Skills beliebt, doch Dallas, obwohl kein kleiner Markt, hat nicht die Strahlkraft wie etwa Boston oder L.A.
Das wäre egal, wenn sein Charisma ausreichen würde, um Fans weltweit von sich zu überzeugen. Charismatisch ist er zweifelsohne, rutschte aber in den letzten Jahren beispielsweise bei den Trikotverkäufen immer weiter zurück: 23/24 belegte er Platz sechs der meistverkauften Trikots, hinter Wembanyama in dessen erster Saison. Zum Vergleich: 2020 lag Luka noch auf Platz zwei.
Victor Wembanyama (20, San Antonio Spurs, eine Saison)
- Das Spielerische und der Erfolg:
Wie oft wurden NBA-Prospects schon vor dem Draft als kommende Superstars deklariert. Andrew Wiggins wurde "Maple Jordan" genannt, Ben Simmons ein 2,11 Meter großer Magic Johnson - und Zion Williamson die Wiedergeburt von Shaq. Sie alle waren Nummer-Eins-Picks, doch keiner hat das Versprechen gehalten, ein echter Weltstar zu werden.
Bei Victor Wembanyama sieht es dagegen mehr als vielversprechend aus. Der 2.24 Meter große Franzose ist womöglich der erste Spieler seit LeBron, der schon in seiner Rookie-Saison sämtlichen Vorschusslorbeeren gerecht wurde. 21,4 Punkte, knapp 11 Rebounds, 4 Assists, 1,2 Steals und 3,6 Blocks pro Spiel: Diese Werte machten ihn zum "Rookie of the Year", er kam ins All-Rookie-Team und viel wichtiger in das All-Defensive-Team der NBA. Außerdem wurde er Zweiter beim "Defensive Player of the Year"-Ranking. Für viele Fans ist er jetzt schon der beste Verteidiger der Liga.
Seine Defense ist atemberaubend und seine Offensive nicht zu fassen. Steals aus dem Nichts, weil die Arme so lang sind, Stepback-Dreier und Alley-Oops von hinter der Freiwurflinie. Dabei ist er, wie er selbst sagt, noch lange nicht bei seinem vollen Potenzial angekommen. Wie Weltstars und Superstars vor ihm verändert er das Spiel. Immer wieder gab es in seiner ersten Saison Clips davon, wie Gegenspieler sich nicht trauen, in seiner Nähe zum Korb zu ziehen - und selbst Drei-gegen-einen-Fastbreaks (!) abbrechen. Macht Victor in diesem Tempo weiter, wird er mehrfacher DPOY, MVP und Champion.
- Die Ausstrahlung:
Victor fährt nicht das MJ- oder das Kobe-Image. Ja, er will gewinnen und tut alles dafür, aber er ist dabei eher wie LeBron James: ruhig, besonnen, zurückhaltend. Man findet Bilder davon, wie er in seiner Freizeit in Sportgeschäften seine eigene Rookie-Karte sucht, Lego baut oder liest. Ab 21 Uhr macht er sein Handy aus, liest und schläft. Er nimmt Basketball ernst und erkennt genau wie damals LeBron, dass er ein Geschenk hat, das er nutzen sollte. Dazu hat er eine sympathische Ausstrahlung, ist sehr dankbar, demütig - und trotzdem extrem selbstbewusst. Ein Beispiel: Bei der Wahl zum Verteidiger des Jahres wurde er hinter Landsmann Rudy Gobert auf Anhieb Zweiter. Seine Reaktion im Vorfeld: "Lasst ihn diesmal gewinnen - denn danach ist er nicht mehr dran ..."
- Wie gut kann man Wemby vermarkten?
Jeder will werfen wie Curry oder den Gegenspieler düpieren wie Jordan - und ja, auch wenn fast niemand zwei Meter groß ist, ist das irgendwo möglich. Wemby als basketballerisches Vorbild zu nehmen, wird hingegen schwierig. Zu einzigartig sind seine körperlichen Voraussetzungen. Dennoch: Er hat schon in seiner ersten Saison einen Schuhdeal bei Nike bekommen, ein riesiges Marketing-Budget inklusive. Auch er hat wieder eine Art Europabonus und die Zahlen seiner Trikotverkäufe funktionierten schon in seiner ersten Saison hervorragend (Platz 4). Wembanyama ist ein 2,24 Meter großes Bündel an Potenzial, das mit einem Sieg gegen Team USA bei bei den Olympischen Spielen - in seiner Heimat! - ein weiteres Ausrufezeichen setzen könnte.
Anthony Edwards (22, Minnesota Timberwolves, vier Saisons)
- Das Spielerische:
Anthony Edwards war bei der WM 2023 der beste Spieler des amerikanischen Teams. In der NBA hat er sich seit dem Draft (erster Pick 2020) jedes Jahr verbessert und legte in der vergangenen Saison 26 Punkte, 5,1 Assists und 5,4 Rebounds pro Spiel auf. In den Playoffs steigerten sich diese Werte noch einmal - und man kann nur erahnen, wie sich der 22-Jährige jedes Jahr verbessern wird. Das Besondere an seiner Spielweise ist seine unglaubliche Athletik, aber ganz besonders sein Spielstil.
Er erinnert in vielen Plays an Michael Jordan. Seine Layups, Dunks und ganz besonders seine Midrange-Würfe. Noch hat er nicht den Erfolg, hat seine Timberwolves aber in seiner vierten Saison schon in die Finals der Western Conference geführt, um dort gegen Doncic und Kyrie Irving zu verlieren. In diesen Spielen hatte auch Edwards ein paar schlechte Shooting-Nights, doch die werden mit zunehmender Erfahrung seltener werden: Sehr lange wird man sein Team nicht von den Finals fernhalten können. Und ihn nicht vom MVP-Award.
- Die Ausstrahlung:
Hier schlägt der "Ant-Man" Luka und Wemby bei weitem. Er hat wie Kobe und MJ diese Arroganz, den Trash-Talk und die Besessenheit. Das kommt bei Sportlern und auch Sportfans weltweit an. Er lässt sich nichts sagen, das merkt man auch bei seinen Interviews, in denen er erfrischend ehrlich ist, aber gleichzeitig oft seine Mitspieler lobt und Fehler auf seine Kappe nimmt. Auf dem Feld ist er ein absoluter Killer und glaubt selbst in aussichtslosen Situationen noch an den Sieg.
Bei der WM im vergangenen Jahr kam Edwards die ersten Spiele von der Bank und stritt sich deshalb mit Coach Steve Kerr. Als dieser darauf hinwies: "Dwyane Wade kam auch von der Bank, als Kobe im Team USA war", erwiderte Edwards: "Aber wir haben keinen Kobe". Man sieht ihm an, wie sehr er seinen Sport liebt und wie sehr er gewinnen will.
- Wie gut kann man Edwards vermarkten?
Anthony Edwards wird von Adidas gesponsert und hat dieses Jahr seine ersten eigenen Schuhe auf den Markt gebracht. In den Werbespots spielte Adidas mit seiner Ausstrahlung und seinem Image als vom Sieg Besessener à la Michael Jordan. Was ihn vom zuvor genannten Duo abhebt? Er schafft es ohne Marketing in die Schlagzeilen und auch in die Social-Media-Timeline von nicht Basketball-Verrückten.
Mal sind es seine Aussagen in Pressekonferenzen, mal sein Trash-Talk, mal sein Hip-Hop-Kleidungsstil, den man zuletzt so bei Allen Iverson gesehen hat. Mit Adidas hat er die Möglichkeit seine eigene Marke "groß" zu machen, wie es Jordan damals bei Nike gelang. Seine unglaublich gute "Marketability" sah man bei der WM in den Philippinen, wo er bereits das Gesicht von Team USA war. Und auch wenn Minnesota ein kleiner Markt ist, kann man Edwards aus dem Trio in den USA wahrscheinlich am besten vermarkten - auch weil er viele so sehr an Jordan erinnert.
Das neue Gesicht der NBA: Honorable Mentions
Jayson Tatum: Ihn nicht mit auf die Liste zu nehmen, schiene nach seiner ersten Championship mit den Celtics wie Blasphemie. Er ist ein Star und kann mit weiteren Championships ein Superstar werden, doch Jayson Tatum fehlt es an "Aura": An diesem Etwas, das Leute zu ihm aufschauen lässt - und um ehrlich zu sein auch an der absoluten Dominanz auf dem Court.
Nikola Jokic: Viele haben sich wahrscheinlich gefragt, warum Jokic hier nicht behandelt wird. Er ist dominant wie lange kein Center vor ihm, erfolgreich und auch in Europa ein großer Star. Aber ihn zu vermarkten ist schwierig. Hauptsächlich, weil er das nicht will. Das Gesicht der NBA müsste auch in der Offseason liefern, Werbespots drehen oder in Filmen auftreten. Jokic bleibt lieber in Serbien und schaut sich Pferderennen an.
Shai Gilgeous-Alexander: Der Platz zwei des MVP-Votings ist auf dem besten Weg nach ganz oben: SGA ist erst 25 und hat ein starkes Team um sich. Aber um ein Weltstar zu werden, steckt er in Oklahoma wohl leider im falschen Markt. Ihm fehlt es bislang ebenfalls an Ausstrahlung und auch an absoluter Dominanz. Das kann sich aber alles noch ändern.
Zion Williamson: Zion könnte als eine Art "Baby Shaq" der dominanteste Spieler der NBA sein, wenn er nur nicht immer verletzt wäre. Eine solche Athletik in einem solchen Körper gab es selten, da wäre selbst etwas weniger Ausstrahlung zu verkraften. Wenn Zion gesund bleibt, kann er immer noch zum Superstar und Hall of Famer werden. Wenn er gesund bleibt.
Das neue Gesicht der NBA: Wer hat die Nase vorn?
Wie immer, wenn sich ein Machtvakuum öffnet, tobt der Kampf um den Platz an der Spitze erbittert. Es ist möglich, dass in den nächsten Jahren neue potenzielle Weltstars dazukommen, aber Stand jetzt machen Doncic, Wembanyama und Edwards es wohl unter sich aus.
Dabei hat Wemby die Nase vorn: Er wird wahrscheinlich am dominantesten sein, man kann ihn am besten vermarkten und seine Ausstrahlung ähnelt der von LeBron - wir wissen, dass das funktioniert. Aber Luka und "Ant" sind ihm auf den Fersen.
Die Spiele in Paris könnten ein Fingerzeig darauf sein, wer auf der großen internationalen Bühne am besten funktioniert. Doncic ist mit Slowenien leider nicht dabei. Edwards und Wemby schon - und die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden im Turnierverlauf aufeinandertreffen, ist hoch ...
Team USA bei Olympia 2024: Der Kader für das Turnier
Position | Spieler | Team |
Center | Bam Adebayo | Miami Heat |
Guard | Devin Booker | Phoenix Suns |
Guard | Stephen Curry | Golden State Warriors |
Forward | Anthony Davis | Los Angeles Lakers |
Forward | Kevin Durant | Phoenix Suns |
Guard | Anthony Edwards | Minnesota Timberwolves |
Center | Joel Embiid | Philadelphia 76ers |
Guard | Tyrese Haliburton | Indiana Pacers |
Guard | Jrue Holiday | Boston Celtics |
Forward | LeBron James | Los Angeles Lakers |
Forward | Jayson Tatum | Boston Celtics |
Forward | Kawhi Leonard | LA Clippers |