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"Herzstück" auf dem Weg zum Titel? Warum Al Horford für die Boston Celtics auch mit 38 noch unersetzlich ist

Von Stefan Petri
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Beim klaren Sieg in Spiel 1 der NBA Finals stand Celtics-Center Al Horford im Schatten von Rückkehrer Kristaps Porzingis. Dennoch ist der 38-Jährige für sein Team weiterhin ein absoluter Schlüsselspieler. Das hat auch mit Cristiano Ronaldo und Tom Brady zu tun - und weckt Erinnerungen an Mavericks-Coach Jason Kidd.

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Al Horford: Im Spätherbst der Karriere zum NBA-Titel?

Am Tag vor Spiel 2 der NBA Finals versuchte es Mavericks-Coach Jason Kidd mit einem kleinen Psychospielchen: "Jaylen [Brown] ist ihr bester Spieler", betonte er auf einer Pressekonferenz am Samstag gleich mehrfach - wohlwissend, dass dieses Zitat prompt durch die Presse rasen würde. Schließlich ist es in Boston und auch darüber hinaus seit Jahren immer wieder ein Thema, wie es um die Hackordnung von Brown und Jayson Tatum denn nun wirklich bestellt ist.

Natürlich wurden sämtliche Celtics-Spieler auf Kidds Aussage angesprochen, und auch wenn sie sich davon nicht locken lassen wollten, kamen am Ende doch einige Zitate dabei rum: So ganz ruhen lassen konnten sie das Thema nicht.

Die beste Antwort hatte schließlich Center Al Horford parat. "J-Kidd, Mann", lachte er, nickte und wedelte strafend mit dem Zeigefinger. "Ich durchschaue ihn. Jaylen Brown ist ein unglaublicher Spieler und sehr wichtig für uns." Sprach's, ließ es dabei bewenden und verließ das Podium. Und schickte noch ein "Der Typ ist raffiniert" hinterher.

Es passte, dass Horford am gelassensten mit der kleinen Provokation des gegnerischen Coaches umgehen konnte. Schließlich hat er in seinen 17 Saisons in der NBA nicht nur nahezu alles schon erlebt: Es gibt sogar so manche Parallele zwischen seiner und Kidds Laufbahn. Als der heutige Mavs-Übungsleiter in der Saison 2010/11 als Point Guard an der Seite von Dirk Nowitzki seinen ersten NBA-Titel gewann, hatte er seine besten Jahre in der Association zwar schon hinter sich, war mit seinen 38 Jahren aber immer noch enorm wichtig für das Team. Und er hatte den Übergang vom jahrelangen Superstar zum Rollenspieler erfolgreich gemeistert.

NBA Legenden-Serie: Jason Kidd - Der Fast-Alleskönner

Horford erlebte in seiner Karriere zwar nicht die Höhen eines Kidd, der bis heute als einer der besten Point Guards der Geschichte gilt, aber auch er war zu seinen besten Zeiten ein veritabler Star. Fünfmal wurde er insgesamt ins All-Star Team berufen, 2011 sogar ins All-NBA Third Team. Außer ihm sind nur noch vier andere Spieler aus dem Draft 2007 in der Liga verblieben, in dieser Saison war er der älteste Big Man, der in jedem Spiel Minuten sah.

Wie Kidd will auch Horford in fast biblischem NBA-Alter - am 3. Juni feierte er seinen 38. Geburtstag - endlich seinen ersten Ring holen. Und wie Kidd glänzt er mittlerweile als unschätzbar wichtiger Rollenspieler: Nachdem die Celtics im Sommer Kristaps Porzingis per Trade nach Boston holten, kam er zum ersten Mal in seiner Laufbahn regelmäßig von der Bank.

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Al Horford bei den Boston Celtics: Viel mehr als ein Reservist

Horford als "Reservisten" zu titulieren, wird seiner Rolle aber nicht wirklich gerecht. Nicht umsonst spricht man bei den Celtics eigentlich von sechs Startern. Zwar war Porzingis nominell die Nummer eins auf der Center-Position, doch von Saisonbeginn an war man sich in Boston der Tatsache bewusst, dass der Lette auch Pausen brauchen und vermutlich auch die eine oder andere Verletzung wegstecken müsste. Also schonte man Horford so gut es ging und ließ ihn in Back-to-back-Spielen jeweils nur einmal ran. Seine Zeit würde noch kommen.

In Spiel 3 der ersten Playoff-Runde gegen die Miami Heat war es dann prompt so weit: KP musste mit einer Wadenverletzung raus und sollte schließlich bis zum Start der Finals ausfallen. Also rutschte Horford wieder in die Starting Five und musste in der wichtigsten Saisonphase plötzlich wieder über 30 Minuten pro Spiel ran. Offensiv agierte er dabei hauptsächlich als Floor Spacer von der Dreierlinie, doch defensiv bekam er es dank der auf Switches ausgelegten Defense seines Teams immer wieder mit den besten Ballhandlern der Gegner zu tun - von Donovan Mitchell bis Tyrese Haliburton.

Die Statistiken zeigen: Wirklich abgebaut hat Horford in der Postseason trotz der enormen Belastung nicht. Seine Shooting Splits sind etwas schlechter, was sicherlich auch mit den großen Arbeitslast in der Defensive zusammenhängt. Aber darüber hinaus blieb er bemerkenswert konstant.

Sogar ein paar 20-Punkte-Spiele waren dabei: Im entscheidenden Spiel 5 gegen die Cavaliers versenkte er auf dem Weg zu 22 Zählern sechs Dreier und brach einen Playoff-Rekord von LeBron James, in Spiel 3 gegen die Pacers waren es sogar sieben Treffer von Downtown.

Al Horford: Statistiken der Saison 2023/24

ZeitraumSpieleMINPTSFG / 3PTREBASTSTLBLKTO
Regular Season6526.88,651,1 / 41,9 (%)6,42,60,61,00,7
Playoffs1530.39,947,1 / 34,9 (%)7,32,00,61,00,6
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Al Horford: "Herzstück auf unserem Weg in die Finals"

In Spiel 1 der Finals war dann Porzingis endlich wieder zurück und dominierte dank seines spektakulären Comebacks mit 20 Punkten in 21 Minuten folgerichtig die Schlagzeilen. Celtics-Coach Joe Mazzulla entschied sich aber wohlweislich dafür, Horford in der Starting Five zu behalten. Der Führungsspieler eröffnete die Serie nicht nur mit einem krachenden Dunk, sondern traf auch zwei Dreier und kam in 30 Minuten Spielzeit auf 10 Punkte, 7 Rebounds und 3 Assists.

Glaubt man zudem dem - manchmal etwas unzuverlässigen - Tracking Data von nba.com, sahen die Mavericks gegen die Defense des agilen Big Man ganz alt aus. Luka Doncic etwa traf von acht Würfen gegen Verteidiger Horford nur einen einzigen, insgesamt standen die Mavs am Spielende bei 5/18. Unbestritten waren definitiv die Highlights: Horford blockte sowohl einen Stepback-Dreier von Doncic als auch einen kurzen Jumper von Kyrie Irving.

Verständlicherweise waren seine Teamkollegen anschließend voll des Lobes: "Dass er in dieser Phase seiner Karriere ein Herzstück auf unserem Weg in die Finals war, sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen", betonte Tatum. Horford ziehe die gegnerischen Center vom eigenen Korb weg und sei auch dann wichtig, wenn der Dreier mal nicht falle: "Man kann Al gar nicht genug für seinen Einfluss auf unseren Playoff-Run loben."

Möglich machen derartige Leistungen ein ungebrochener Fokus auf Fitness und körperliche Leistungsfähigkeit - und damit fing Horford nicht erst im Spätherbst seiner Karriere an. So schaffte er sich schon im zweiten NBA-Jahr einen eigenen Koch an und holte sich bereits in seinen 20ern Tipps und Tricks von NBA-Größen wie Manu Ginobili oder Vince Carter, die bis an ihre 40er auf hohem Level agiert hatten. Natürlich zapfte Horford auch das Gehirn von LeBron an, aber er beschränkte sich längst nicht nur auf Basketball: Cristiano Ronaldos Ansatz wurde durchleuchtet, und natürlich auch der von Quarterback-Koryphäe Tom Brady und dessen TB12-Methode. "Sie alle predigen ähnliche Inhalte: sich behandeln lassen, nach dem Training länger bleiben, vollstes Engagement", erklärte er. Die Konsequenz: Freie Tage gibt es bei ihm nicht.

Diese Herangehensweise hat es Horford ermöglicht, fast 17 Jahre nach seinem Debüt immer noch Leistungsträger zu sein - egal ob er in den folgenden Spielen wieder für Porzingis auf die Bank wandern wird oder nicht. 141 Playoff-Spiele absolvierte er, bis er 2022 mit den Celtics endlich erstmals in die Finals einzog. Kein anderer Spieler der NBA-Historie brauchte so lange.

Mittlerweile steht er bei 181 Playoff-Spielen, weiterhin ohne Titel. Vor ihm liegen in dieser Statistik nur noch die beiden Utah-Jazz-Legenden Karl Malone (193 Spiele) und John Stockton (182). Deren Karrieren sind aber längst Vergangenheit. Horford fehlen dagegen nur noch drei Siege, um sich aus dieser Statistik zu verabschieden.

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NBA Finals - Celtics vs. Mavericks: Die Serie in der Übersicht

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
17. Juni (Fr)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks107:89
210. Juni (Mo)2 UhrBoston CelticsDallas Mavericks
313. Juni (Do)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
415. Juni (Sa)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
5*18. Juni (Di)2.30 UhrBoston CelticsDallas Mavericks
6*21. Juni (Fr)2.30 UhrDallas MavericksBoston Celtics
7*24. Juni (Mo)2 UhrBoston CelticsDallas Mavericks
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