Das ging nun tatsächlich schnell. Die Portland Trail Blazers haben nach dem Trade von Franchise-Ikone Damian Lillard erneut Nägel mit Köpfen gemacht und den im Lillard-Deal enthaltenen All-Star Jrue Holiday umgehend an die Boston Celtics weitergereicht.
Portland erhält im Gegenzug den amtierenden Sixth Man of the Year, Malcolm Brogdon, sowie Center Robert Williams III. Zusätzlich wird den Blazers die Transaktion mit zwei weiteren Erstrundenpicks versüßt: Boston schickt den eigenen First Rounder aus dem Jahr 2029 sowie den Erstrundenpick 2024 von den Golden State Warriors, welchen die Celtics erst im Sommer als Teil des Trades von Marcus Smart nach Memphis erhalten hatte.
Jrue Holiday nach Boston: Der Trade in der Übersicht
Celtics erhalten | Blazers erhalten |
Jrue Holiday | Malcolm Brogdon |
- | Robert Williams III |
- | First Rouder 2024 Warriors |
- | First Rounder 2029 Celtics |
Jrue Holiday: Das bedeutet der Trade für die Celtics
Die Bucks hatten mit dem Lillard-Trade vorgelegt, nun zogen die Celtics nach, indem sie den ehemaligen Bucks-Star aus Portland loseisten. Dabei zeigte sich, dass Präsident Brad Stevens einmal mehr nicht zögerte, einen risikobehafteten Trade einzufädeln. Im Sommer wurde Fanliebling Marcus Smart weggeschickt, nun trifft es in Williams einen weiteren Spieler, der in der Fangemeinde ein hohes Standing hatte. Beim "Timelord" gab es aber auch Zweifel an der Fitness, nach seiner Knieverletzung im Frühjahr 2022 war der Center im Vorjahr nicht mehr defensiv so dominant und spielte unter Coach Joe Mazzulla deutlich weniger Minuten.
Dazu senden die Celtics gleich zwei Erstrundenpicks für einen 33-Jährigen, der in seiner Karriere erst zweimal All-Star war. Das spielt aber eigentlich keine Rolle, denn Holiday ist der Typ Spieler, welchen die Celtics benötigen - der perfekte Ersatz für den früheren Defensive Player of the Year Smart.
Blickt man auf das große Ganze im Vergleich zur Vorsaison, hat Stevens nun Smart, Grant Williams, Brogdon sowie Robert Williams für Kristaps Porzingis und Holiday eingetauscht und dabei nur einen einzigen First Rounder abgegeben. Das steigert offensichtlich die Qualität, dafür wurde jedoch eine gewisse Tiefe geopfert. Eine Top-6 aus der Starting Five um Holiday, Derrick White, Jaylen Brown, Jayson Tatum, Porzingis sowie Al Horford ist aber eine echte Ansage.
Boston Celtics: Der Kader in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Jrue Holiday | Derrick White | Jaylen Brown | Jayson Tatum | Kristaps Porzingis |
Payton Pritchard | Svi Mykhailiuk | Sam Hauser | Oshae Brissett | Al Horford |
- | Dalano Banton | Jordan Walsh | - | Luke Kornet |
Man kann diesen Trade aber auch als einen Konter auf Milwaukees Lillard-Move deuten. Ihr holt Lillard? Wir schnappen uns den Spieler, der Dame über Jahre die Hölle heiß machte. Man erinnere nur an die Serie zwischen Portland und New Orleans 2018, als Lillard überhaupt nicht zum Zug kam und aus den Playoffs gesweept wurde.
Auch das ist ein Grund, warum Boston letztlich so viel für Holiday auf den Tisch legte. Und noch etwas: Ein Jahr später hätten die Celtics einen solchen Trade aufgrund des neuen Kollektivvertrags gar nicht machen können. Als Luxussteuerteam werden sie nicht berechtigt sein, mehr Geld aufzunehmen, was sie mit diesem Deal aber taten (rund 2,7 Millionen Dollar).
Eine weitere Folge ist, dass Boston Holiday im kommenden Sommer auch bezahlen wird, eben weil man seinen Slot sonst nicht angemessen ersetzen kann. Das bringt den Guard in eine gute Verhandlungsposition im Hinblick auf eine mögliche Vertragsverlängerung. Der 33-Jährige bekommt in dieser Saison noch knapp 35 Millionen Dollar und hält danach eine Spieler-Option über 37,4 Millionen. Gut möglich, dass Holiday eine vorzeitige Verlängerung anstrebt, laut Adrian Wojnarowski (ESPN) ist es wahrscheinlich, dass beide Seiten eine frühzeitige Lösung suchen.
Jrue Holiday: Wie passt er zu den Celtics?
Wir haben es bereits in den Trade-Szenarien für Holiday angeschnitten, der Guard passt im Prinzip in jede Mannschaft, aber für Boston könnte Holiday besonders wertvoll sein. Der zweifache All-Star ist in der Lage, eine Offense zu organisieren. Hier bestand im Kader nach dem Smart-Trade noch ein Loch bzw. war eine große Abhängigkeit von White gegeben, mit sich Holiday diese Aufgaben nun teilen wird.
Holiday ist offensiv deutlich talentierter als Smart, ist ein besserer Werfer und kann auch besser für sich selbst kreieren. Dazu bringt Holiday defensiv ähnliche Qualitäten mit. Er kann Guards vor sich halten und jederzeit auch gegen größere Gegenspieler seinen Mann stehen. Es lässt sich argumentieren, dass Holiday im Vorjahr auch in diesem Bereich besser als Smart war, der als amtierender Defensive Player of the Year sichtbar abbaute.
Überhaupt ergänzt Holiday eine schon zuvor starke Defense, wobei Mazzulla weiter Optionen hat, klein oder groß zu spielen. Vermutlich wird es mehrfach eine Entscheidung zwischen White und Horford sein, wer letztlich Spiele beenden wird.
Jrue Holiday: Diese Risiken bleiben für die Celtics
Der Kader ist nun sehr ausgedünnt. Nach den Top-6 sind schon Payton Pritchard und Sam Hauser die Spieler, welche in der Vorsaison überhaupt Minuten bei den Celtics gesehen haben. Sollten Horford oder Porzingis fehlen, muss Mazzulla vermehrt auf Luke Kornet setzen, welcher der einzige verbleibende Center im Kader ist.
Oshae Brissett und Svi Mykhailiuk sind Wild Cards, wobei Ersterer vermutlich die besseren Chancen auf Minuten hat. Dass wir an dieser Stelle schon solche Namen erwähnen, zeigt das Unterfangen. Viel Flexibilität bleibt aufgrund der Gehaltsstruktur auch nicht. Hinter der Top-6 verdient lediglich Pritchard mehr als 4 Millionen Dollar, weitere Trades sind also kompliziert.
Dazu haben die Celtics nun zwei freie Kaderplätze, die es noch zu besetzen gilt. Stevens sprach zuletzt davon, dass einer davon für Blake Griffin bereitsteht, wenn dieser seine Karriere fortsetzen will, ansonsten werden die Celtics sicherlich auch bei Reggie Bullock anklopfen, der sich am Wochenende mit den San Antonio Spurs auf einen Buyout geeinigt hat.
Jrue Holiday: Ist Boston nun die Eins im Osten?
Wer nach dieser Woche nicht eine Playoff-Serie zwischen den Celtics und den Bucks sehen möchte, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Beide Teams haben mit diesen Moves noch einmal ihre (Championship-) Ambitionen unterstrichen, wobei Milwaukee nun tatsächlich alles investiert hat, was möglich war. Boston hat dagegen in der Theorie noch Möglichkeiten, das Team zu verbessern.
Auf dem Papier haben die Bucks zwei der besten drei Spieler (Giannis, Lillard), Boston hat dagegen eine solch stimmige Top-6, dass es schwer ist, gegen die Celtics zu argumentieren. Zwar haben sie keine wirklichen Mittel gegen Giannis mehr (Grant Williams und Smart sind weg, Horford 37 Jahre alt), dafür aber gleich zwei gute Optionen gegen Lillard (Holiday, White), während Milwaukee Schwierigkeiten haben wird, Bostons Flügelstars in Schach zu halten.
Bis es soweit ist, werden aber noch viele, viele Monate vergehen und eine Garantie für ein solches Matchup in der Postseason gibt es ohnehin nicht. Da sowohl Boston als auch die Bucks sehr top-heavy sind, wäre es keine Überraschung, wenn die beiden Teams nicht die Plätze eins und zwei im Osten einnehmen würden. Dass sie aber die besten Mannschaften im Osten sind, daran sollte es keinen Zweifel geben.
Jrue Holiday: Die Blazers haben alles richtig gemacht
Wer vor einer Woche noch behauptete, dass Portland ein mittelmäßiges Angebot für Lillard angenommen hat, wurde nun eines Besseren belehrt. Tatsächlich haben die Blazers mit diesen beiden Trades deutlich mehr herausgepresst, als mit einem simplen Trade mit Miami möglich gewesen wäre. Stand jetzt hat Portland mit den zwei Transaktionen folgende Assets an Land gezogen:
- Deandre Ayton
- Toumani Camara
- Malcolm Brogdon
- Robert Williams III
- Erstrundenpick 2024 Warriors
- Pick-Swap 2028 mit Milwaukee
- Erstrundenpick 2029 Celtics
- Erstrundenpick 2029 Bucks
- Pick-Swap 2030 mit Milwaukee
Und Portland dürfte noch immer nicht fertig sein. Erste Berichte deuten darauf hin, dass auch Brogdon keine Zukunft in der Rose City hat und früher oder später weitergereicht wird. Auch hier werden die Blazers sicherlich nochmal etwas bekommen.
Den "Timelord" wollen die Blazers dagegen angeblich behalten. Es hat schon eine gewisse Ironie, dass Portland jetzt, wo Lillard weg ist, mit Ayton und Williams III endlich zwei Center hat, die eine Defense verankern können. Für den Moment spielt es aber keine Rolle, dass beide die gleiche Position einnehmen. Alles ist dem Rebuild untergeordnet, es braucht also keine schnelle Lösung.
Alles in allem muss man vor GM Joe Cronin den Hut ziehen. Er widerstand dem öffentlichen Druck und wartete tatsächlich so lange, bis die richtigen Angebote da waren. Das war sicherlich nicht immer einfach, weil nicht populär, letztlich aber die richtige Entscheidung.
NBA: Der Blazers-Kader in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Scoot Henderson | Anfernee Simons | Matisse Thybulle | Jerami Grant | Deandre Ayton |
Malcolm Brogdon | Shaedon Sharpe | Rayan Rupert | Kris Murray | Robert Williams III |
- | - | Jabari Walker | Toumani Camara | Moses Brown |
Jrue Holiday: Wer sind die Verlierer?
An dieser Stelle müssen wir kurz über Philadelphia und Miami sprechen. Die Heat warteten den ganzen Sommer auf Lillard, nun mussten sie tatenlos zuschauen, wie sich die beiden größten Konkurrenten mächtig verstärkten und als klare Favoriten im Osten gelten dürfen. Cronin dürfte somit Staatsfeind Nummer eins in Miami sein, diese beiden Trades sind zwei Schläge in die Magengrube.
Ähnlich sieht das in Philadelphia aus, wo mit dem bockigen James Harden noch ein großes Problem ungelöst ist. Gerade in Philly dürfte bald noch mehr Druck auf dem Kessel sein, wenn Joel Embiid langsam aber sicher die Hoffnung verliert.
Wir erinnern an dieser Stelle an ein Interview des Kameruners im Juli, als dieser einen Abschied aus der Stadt der brüderlichen Liebe nicht mehr ausschließen wollte. "Ich will einen Titel gewinnen, aber ich weiß nicht, ob das in Philly oder woanders sein wird." Lasst diesen Satz sacken. Embiid wusste hier genau, was er da sagte. Die Uhr in Philadelphia tickt - und das immer lauter.