Im Grunde erlebten die Boston Celtics ein Déjà-vu. Wie schon im Vorjahr verloren sie Spiel 1 der Eastern Conference Finals daheim gegen die Heat. Damals ging es 107:118 aus und sie verloren das dritte Viertel 14:39. In diesem Jahr war es ein 116:123 vor heimischer Kulisse mit einem 25:46-Viertel nach der Pause. Im Vorjahr erreichte man anschließend dennoch die Finals. Und dieses Mal?
Fragt man die Celtics, dann war genau dieses dritte Viertel das Problem. Head Coach Joe Mazzulla etwa gab zu Protokoll: "Wir haben drei von vier Vierteln gewonnen. Wir haben nur ein Viertel verloren." Dieses aber entscheidend! Mazzulla weiter: "Wir haben dieses Dringlichkeitsgefühl verloren." Und fügte an: "Man kann nicht einfach denken, dass das, was man in der Vergangenheit gemacht hat, heute noch gut genug ist."
Doch auch wenn das eine recht isolierte Denkweise ist, zumal ein Spiel nunmal aus vier Vierteln besteht, nannte er direkt die Marschroute für Spiel 2: "Wir müssen unsere Dringlichkeit und unsere Einstellung steigern."
Mit Letzterem allerdings stand er nicht alleine da, auch seine Spieler schlugen in die gleiche Kerbe. "Wir kamen zu kalt aus der Kabine", analysierte etwa Jaylen Brown, der nur mit Glück einer Verletzung am Arm entging, nachdem ein Gegenspieler auf selbigen gefallen war. "Es war fast so wie in einem Regular-Season-Spiel. Es sind aber die Eastern Conference Finals. Kommt schon, wir müssen mit mehr Intensität spielen als wir das heute getan haben."
Boston Celtics: "Verdammte" Defense hat gefehlt
Intensität hat also gefehlt. Was noch? Basierend speziell auf dem berüchtigten dritten Viertel fehlte es auch ganz deutlich an Defense. Marcus Smart jedenfalls kam zu diesem Schluss: "Das einzige, was wir anpassen müssen, ist unser physisches Level im Spiel. Und wir müssen verdammt nochmal ein bisschen Defense spielen."
Ähnlich sah es auch Malcolm Brogdon, der von der Bank immerhin 19 Punkte beisteuerte: "An diesem Punkt ist es ein mentales Spiel. Wir kennen ihre Tendenzen, sie kennen unsere. Aber diese Extra-Possessions und Offensiv-Rebounds ... ich denke, dass die Heat mit mehr Überzeugung gespielt haben als wir. Sie haben jeden Wurf gemacht, den sie wollten."
Und als es dann schwieriger wurde aus Sicht der Hausherren, wurden sie laut Smart "wirklich hibbelig. Jeder wollte ein Play machen und wir haben unser Spacing das Spiel kontrollieren lassen. Und das arbeitete heute Abend gegen uns". Konkret stand man sich nach der Pause zu häufig gewissermaßen auf den Füßen, wenn es Richtung gegnerischen Korb ging.
Zudem prangerte Smart ein grundlegendes Problem seines Teams an: "Manchmal werden wir müde, die kleinen Dinge zu machen." Also die Dinge, die enge Spiele zwischen zwei guten Mannschaften gerade in den Playoffs entscheiden.
Wenn diese Serie am Ende tatsächlich auf mentaler Ebene entschieden wird, wie Brogdon suggerierte, könnten die Heat nun einen entscheidenden Vorteil haben. Vor allem spielen sie mit einer erfrischenden Einstellung und einer Überzeugung, nichts zu verlieren zu haben. Der Star von Spiel 1, Jimmy Butler, sagte vielsagend: "Es interessiert uns nicht, ob ihr auf uns tippt oder nicht."
Miami Heat: "Nicht der typische Nummer-8-Seed"
Teamkollege Kyle Lowry fügte an: "Wir sind nicht der typische Nummer-8-Seed." Keineswegs sogar! Die Heat haben in diesen Playoffs bereits 9 Spiele gewonnen. In den vergangenen fünf Jahren kam die Nummer 8 einer jeden Conference auf gerade mal 10 Siege zusammen.
In den laufenden Playoffs ist Miami 9-3 und 6-0 zuhause. Hält diese Erfolgssträhne, dann wäre diese Serie im Grunde schon entschieden.
Eine klare Tendenz, die sich derweil fortsetzt, ist die fast schon unerklärliche Heimschwäche der Celtics in den Playoffs. Und das schon seit drei Jahren. In ihren letzten 22 Heimspielen in den Playoffs sind sie gerade mal 11-11. In dieser Saison stehen sie bei 4-4 in Boston - 8-6 insgesamt.
NBA Playoffs: Bilanzen der verbliebenen Teams
Team | Bilanz gesamt | Heimbilanz |
Denver Nuggets | 9-3 | 8-0 |
Miami Heat | 9-3 | 6-0 |
Los Angeles Lakers | 8-5 | 6-0 |
Boston Celtics | 8-6 | 4-4 |
Die Frage für die kommenden Partien wird aber nicht nur sein, ob es Boston gelingt, die Physis hochzuschrauben und "verdammte" Defense zu spielen. Auch offensiv lief nicht alles rund. Speziell die Tatsache, dass Superstar Jayson Tatum nach der Pause weitestgehend abgemeldet war, sorgte für Verwunderung. Tatum führte sein Team zwar mit 30 Zählern an, er nahm jedoch nach der Pause nur noch 4 Würfe aus dem Feld und keinen im vierten Viertel. Dass Tatum in einem Playoff-Viertel gänzlich ohne Wurfversuch blieb, passierte ihm nun zum fünften Mal in seiner Karriere, zum ersten Mal in den diesjährigen Playoffs.
Ob es nun die Einstellung, die Physis, fehlende Intensität in der Defense oder die scheinbare Abstinenz des Unterschiedsspielers am Ende war, die Celtics haben viel zu tun, um diesen Rückschlag wettzumachen. Spiel 2 steigt in der Nacht auf Samstag ab 2.30 Uhr (live auf DAZN). Vielleicht dann ja wieder mit mehr von alledem.