NBA: Boston Celtics - der neue Dominator des Ostens?
SPOX-User Addo84: Unabhängig davon, wie die Saison der Celtics endet, gefühlt haben sie endlich den ersehnten Schritt zum Contender geschafft. Die Mannschaft funktioniert, der neue Coach liefert, Brad Stevens als Teampräsident überzeugt. Kann Boston DIE Mannschaft der Eastern Conference der kommenden Jahre werden?
Ich wünschte, ich könnte in eine Zeitkapsel springen, zum 6. Januar 2022, also gerade einmal fünf Monate zurückreisen und einem Celtics-Fan diese Frage vorlesen. Er würde sich wahrscheinlich fühlen wie Kevin Garnett, wenn er Ray Allen in einem Heat-Trikot sieht - von Grund auf verarscht und zu einem gewissen Grad erzürnt.
An diesem 6. Januar schenkte Boston einen 25-Punkte-Rückstand gegen die Knicks her, um am Ende per Buzzerbeater von R.J. Barrett in Richtung Tiefpunkt der Saison geschubst zu werden. Damals standen die Kelten bei 18-21 und auf Platz elf im Osten. Das gesamte Gebilde stand kurz vor der Implosion, das Gerede über die Auflösung des Starduos Jayson Tatum und Jaylen Brown hatte den Höhepunkt erreicht und die eigenen Fans dieses Team teilweise schon aufgegeben.
Nun hat Boston aber den Thron der Eastern Conference bestiegen, auf einmal kämpfen die Celtics in den NBA Finals ab Freitag (Spiel 1 ab 3 Uhr live auf DAZN) um die Larry O'Brien Trophy. Ein unglaublicher Turnaround, der die eingangs erwähnte Frage tatsächlich aus einem Fiebertraum des optimistischsten Celtics-Fans in die Realität geholt hat.
NBA Mailbag: Was für den Beginn einer Celtics-Dominanz im Osten spricht
Was für den Beginn einer neuen Celtics-Dominanz spricht: Boston hat in den vergangenen Monaten endlich eine Identität gefunden. Die Defense ist das Prunkstück des Teams, den eigenen Korb zu vernageln, machte Boston zum besten Team der zweiten Saisonhälfte. Die Kelten sind also nicht einfach nur wegen eines Hot Streaks erfolgreich. Die starke Verteidigung sollte stattdessen auch mindestens auf die kommende Saison übertragbar sein.
Schließlich steht auch der Kern für die kurzfristige Zukunft. Boston verfügt über einen veritablen Superstar (Tatum), einen jungen Co-Star (Brown), den DPOY und weitere starke Verteidiger. Großartige Kaderveränderungen deuten sich vorerst nicht an, einzig Al Horford ist als alternder Veteran nicht über 2023 hinaus gebunden. Tatum (bis 2026), Brown (bis 2024), Marcus Smart (bis 2026) oder Robert Williams (bis 2026) werden dagegen über viele Jahre das Gesicht dieses Teams bilden.
Ein noch relativ junges Gesicht, insbesondere im Vergleich zur Konkurrenz in der Eastern Conference. Die Heat (Altersschnitt 28,9 Jahre), Bucks (28,8) und Nets (28,5) belegten in der abgelaufenen Saison die Plätze zwei, drei und vier im Alters-Ranking. Soll heißen: Drei der anderen potenziellen Ost-Mächte gehörten zu den vier ältesten Teams ligaweit. Boston landet mit 25,7 Jahren im Ligamittelfeld. Und zum Beispiel bei den Nets ist auch gar nicht gesichert, dass der Kern zusammenbleibt, Stichwort Kyrie Irving.
Die Celtics haben also eine Menge Argumente auf ihrer Seite, lange Zeit um die Spitze der Eastern Conference mitzuspielen. Dennoch muss betont werden, dass fast jeder Contender, der nicht Golden State Warriors heißt oder jahrelang LeBron James in seinem Team hat, ein extrem fragiles Gebilde ist. Zwar wird sich der Katastrophenstart der ersten Saisonhälfte nicht noch einmal wiederholen, doch Garantien für einen Lauf wie in der zweiten Saisonhälfte gibt es ebenfalls keine.
NBA Mailbag: (Fast) jeder Contender ist ein fragiles Gebilde
Findet Boston einen geeigneten Horford-Ersatz, wenn es soweit ist? Kann es den auslaufenden Vertrag von Grant Williams verlängern? Findet Coach Ime Udoka eine Lösung für den häufigen Einbruch der Offense in engen Spielen? Wenn alles ineinander klickt, dann sind die Celtics enorm gefährlich. Aber wenn nicht ...
Den Heat hat in den Ost-Finals nicht viel gefehlt, genauso wenig den Bucks in der zweiten Playoff-Runde - denen immerhin der zweitbeste Offensivspieler gefehlt hat. Die Nets werden mit Kevin Durant, Irving und Ben Simmons so schnell nicht aufgeben, die Sixers wollen mit Joel Embiid und James Harden endlich ganz nach oben. Dahinter scharen junge Teams wie die Cavs, Bulls oder Raptors mit den Hufen.
In der Eastern Conference wie in der gesamten Association wird einem in den kommenden Jahren nichts geschenkt. Auch wenn die Zukunft der Celtics aktuell sehr rosig aussieht, die nächste Chance auf den Titel ist nicht garantiert.