1. Celtics vs. Heat: Ein defensives Ausrufezeichen
4/17 erfolgreiche Dreier, 37,2 Prozent Feldwurfquote - so las sich die eher magere Ausbeute der Celtics-Offense nach den ersten 24 Minuten. Den meisten Fans im brodelnden TD Garden dürfte das relativ egal gewesen sein, trotz der überschaubaren Quoten lag Boston mit 24 Punkten in Front! Das Spiel war eigentlich schon zur Halbzeitpause entschieden, die Defense der Hausherren setzte beim 102:82-Blowout in Spiel 4 ein beeindruckendes Ausrufezeichen.
Coach Ime Udoka war nach Spiel 3 nicht sonderlich erfreut darüber, wie seine Jungs in die Partie gestartet waren. Alle Beteiligten nahmen sich die Worte des 44-Jährigen offenbar zu Herzen, dieses Mal machte Boston von der ersten Sekunde an keine Gefangenen. Der Abend des Gegners startete so: Turnover Bam Adebayo, Jumper an den Ring von Adebayo, Fadeaway von Jimmy Butler an den Ring, Floater von P.J. Tucker an den Ring. So oder so ähnlich ließe sich das Ganze noch über gut achteinhalb Spielminuten fortführen.
So lange dauerte es, bis Miami überhaupt mal einen Stich in Form eines erfolgreichen Field Goals setzte. Aus den ersten 14 Versuchen brachten die Heat dagegen nichts Zählbares heraus. Laut ESPN handelte es sich um die längste Dürreperiode zum Start eines Playoff-Spiels seit 2009. Als Victor Oladipo dann endlich aus dem Feld traf, betrug der Rückstand bereits 17 Punkte. Davon konnte sich Miami nicht mehr erholen.
"Das war offensiv nicht unser bester Abend, aber defensiv waren wir die meiste Zeit elitär", freute sich Udoka. "Wir haben immer noch Platz für Verbesserungen, aber wir können uns immer auf die Defense verlassen." Selbst ohne den amtierenden Defense Player of the Year, Marcus Smart musste verletzt passen (Knöchel), schenkte Boston dem Gegner keinen Freiraum. Das unterstreicht, wie stark diese Defense wirklich ist.
Die Celtics profitierten dabei von der Rückkehr von Robert Williams, der nach einem Spiel Pause wieder auf dem Court stand. Zwar humpelte der Center mit angeschlagenem Knie im dritten Viertel sichtlich, er selbst gab aber Entwarnung. Zuvor hinterließ er ohnehin einen sehr guten Eindruck. Williams und Al Horford stellten den in der vorigen Partie noch dominanten Adebayo kalt - wenn der Heat-Big beispielsweise Richtung Zone abrollte, war Williams als Hilfe meist schon da -, vernagelten die Zone mit einem Block nach dem anderen und um sie herum schwirrte hervorragende Hilfe in Form von guten Rotationen oder starken Closeouts.
Celtics vs. Heat: Keine Transition, keine leichten Punkte
Den Heat dürfte beim Blick auf das Shotchart das nackte Grauen ereilen, in Halbzeit eins (die zweite Halbzeit klammern wir wegen der ausgedehnten Garbage Time aus) kamen die Gäste gerade einmal auf 2 Treffer bei 4 Versuchen in der Restrcited Area, also direkt am Ring, und 2 Treffer bei 16 (!) Versuchen in der restlichen Zone. "Wir haben uns mit zu vielen Mitteldistanzwürfen begnügt", kritisierte Jimmy Butler.
Ganz anders dagegen die Celtics. Angeführt von Jayson Tatum attackierten sie schier unaufhörlich die Zone, hatten so in Halbzeit eins einen deutlichen Vorteil bei den Punkten in der Painted Area (20:8) und vor allem erzwang Boston Foulpfiffe und damit Freiwürfe (BOS: 21/26 FT in Halbzeit eins, MIA: 6/9). Teils vertraute Udoka zudem auf ein relativ großes Lineup, das - unter anderem gegen eine phasenweise präsentierte Zonenverteidigung der Heat - die Bretter dominierte und mehrere Offensiv-Rebounds sicherte.
Ein weiterer Erfolgsfaktor für Boston: Turnover minimieren. Das große Problem aus Spiel 3 wurde in Spiel 4 marginalisiert, die Hausherren leisteten sich in der ersten Halbzeit nur 3 Ballverluste. So kam Miami nicht in Transition und musste sich im Halbfeld gegen Bostons Defense aufreiben. In den kompletten Ost-Finals erzielt Miami laut Cleaning the Glass nur 93,1 Punkte pro Possession im Halbfeld, in der regulären Saison wäre das Platz 23. Kommt Miami nicht ins Laufen, haben sie es gegen die Celtics enorm schwer.
2. Celtics vs. Heat: Die Bounce-Back-Könige der Playoffs
Fünf Pleiten haben die Celtics in dieser Postseason kassiert, fünfmal antwortete Boston mit teils dominanten Siegen als Revanche. Boston gewann diese Partien im Schnitt mit 17,8 Punkten Differenz, Tatum legte 32,6 Punkte pro Partie auf - knapp 6 Zähler mehr als sein Playoff-Schnitt.
"Natürlich wusste jeder, wie wichtig dieses Spiel war", sagte der 24-Jährige nach dem neuerlichen Blowout. "Jeder ist mit einem anderen Sinn für Dringlichkeit an die Partie gegangen." Nun wäre es aus Celtics-Sicht sicherlich nicht schlecht, wenn diese Dringlichkeit auch in den anderen Partien an den Tag gelegt wird.
"Ehrlich gesagt ... wir sollten nicht erst einen Schlag ins Gesicht bekommen müssen, um zu antworten. Das ist einfach meine Meinung", sagte Williams. Mit dieser Meinung war er nicht alleine. "Wir können nicht immer nur den Schalter nach einer Niederlage umlegen, wenn wir verzweifelt sind. Wir müssen das in Spiel 5 auch nach einem Sieg wiederholen", forderte Coach Udoka.
Und schließlich wiederholte auch Tatum dieses Mantra: "Wenn wir ein Spiel verlieren, dann haben wir natürlich das Gefühl, dass das nächste ein Do-or-Die-Game ist. Diese Einstellung brauchen wir auch für Spiel 5, das ist ein Must-Win. Heute war es das im Grunde auch." Es wäre äußerst fahrlässig, wenn sich die Bounce-Back-Könige nur auf ihre Bounce-Back-Fähigkeiten verlassen würden.