Andrew Wiggins ein All-Star? Und dann auch noch ein Starter? Das klingt noch immer etwas befremdlich. Der Aufschrei in den sozialen Medien beziehungsweise der NBA-Bubble war mal wieder groß. Wollte die NBA nicht eigentlich einen zweiten Fall Zaza Pachulia verhindern, als der 2016 um nur wenige Stimmen einen Starter-Spot im Westen verpasste? Genau deswegen wurde den Fans etwas die Macht genommen, nun dürfen auch Spieler und Medien mitwählen.
Und doch ist Wiggins jetzt All-Star. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen ist die Fanbase der Golden State Warriors riesig, vermutlich haben nur die Lakers als Team mehr Fan-Power. Das erklärt jedoch nicht, warum Wiggins doppelt so viele Stimmen wie Klay Thompson und auch eine Million mehr Votes als Draymond Green erhielt. Gleiches gilt für den Kanada-Bonus, wenn es denn einen solchen gibt. Gute NBA-Spieler aus dem hohen Norden gibt es viele, aber selbst ein Shai Gilgeous-Alexander erhielt nur einen Bruchteil der Stimmen von Wiggins (280.000).
Nein, die Antwort für die Beliebtheit von Wiggins ist in Asien zu verorten, wie Warriors-Beatwriter Anthony Slater (The Athletic) veranschaulichte. Golden State pflegt eine Partnerschaft mit dem thailändischen K-Pop-Sänger BamBam, der alleine auf Twitter fast zehn Millionen Follower besitzt.
Am 7. Januar, einem Tag als All-Star Votes doppelt zählten, setzte BamBam also einen Tweet ab, der durch die Decke ging. Die warmen Worte für Wiggins erhielten über 50.000 Retweets - mehr als Stephen Curry wenige Tage später bei einem ähnlichen Tweet bekam. Wiggins war plötzlich Trending Topic in Thailand.
Andrew Wiggins: K-Pop-Unterstützung aus Thailand
Nicht aus Zufall überholte Wiggins in dieser Phase seine Konkurrenten und belegte im Fan-Voting hinter LeBron James und Nikola Jokic souverän Platz drei. Wiggins ist dabei nicht der einzige NBA-Spieler mit Promi-Boost. Auch andere große Namen erhielten von Weltstars Unterstützung, zum Beispiel Ja Morant von Justin Timberlake oder Devin Booker von Top-Model und Freundin Kendall Jenner.
Das alleine reichte aber nicht, um tatsächlich Starter zu werden, Medien und Spieler mussten schließlich mitmachen und auch hier konnte Wiggins punkten. Immerhin vier der 98 Medienvertreter sahen im Kanadier einen Starter, auch von den Spielern erhielt er die fünftmeisten Stimmen.
Unterstützung bekam Wiggins auch aus den eigenen Reihen, unter anderem merkte Curry an, dass Wiggins diese Auszeichnung verdient hätte. Das PR-Team der Warriors trommelte ebenfalls fleißig, dass ein so dominantes Team wie Golden State ja nicht nur einen All-Star stellen könne.
Sicherlich lässt sich über so eine Begründung streiten, genau wie über die Gewichtung der Punktevergabe, aber letztlich ist es ein Event für die Fans. Die wahre Abbildung der besten Spieler der Liga bleiben die All-NBA-Teams am Ende der Saison.
NBA: Das Ergebnis des All-Star Votings im West-Frontcourt
Spieler | Player Votes | Platz | Fan Votes | Platz | Media Votes | Platz | Score |
LeBron James | 171 | 1 | 9.128.231 | 1 | 98 | 1 | 1 |
Nikola Jokic | 167 | 2 | 5.311.167 | 2 | 98 | 1 | 1,75 |
Andrew Wiggins | 46 | 5 | 3.452.586 | 3 | 4 | 6 | 4,25 |
Draymond Green | 58 | 3 | 2.421.934 | 6 | 20 | 4 | 4,75 |
Paul George | 36 | 8 | 2.805.203 | 4 | 3 | 7 | 5,75 |
Rudy Gobert | 52 | 4 | 767.505 | 9 | 65 | 3 | 6,25 |
Andrew Wiggins: Endlich nicht mehr The Man
In einem solchen würde Wiggins Stand jetzt nicht auftauchen, dennoch spielt der 26-Jährige die beste Saison seiner Karriere. Die rohen Zahlen untermauern das vielleicht nur bedingt (18 Punkte, 4 Rebounds), zudem lassen sich viele ob seines Status als früherer Nr.1-Pick mit einem Mega-Vertrag über fünf Jahre und knapp 150 Millionen Dollar gerne blenden. Doch was einst wie ein Albatros aussah, ist nicht mehr so schlimm wie mal vermutet.
Im Gegenteil: Der Trade für Wiggins, in dem Golden State D'Angelo Russell abstieß und sogar noch einen Erstrundenpick (Jonathan Kuminga wurde im Sommer gezogen) erhielt, ist einer der einseitigsten Deals der vergangenen Jahre, auch weil Wiggins bei den Warriors endlich aufblüht - und zwar in einer komplett neuen Rolle.
Wiggins war nie "The Man", er wird es niemals sein, aber genau das erhofften sich die Wolves 2014, als sie Kevin Love nach Cleveland tradeten und im Gegenzug den Top-Pick Wiggins erhielten. Die Anlagen waren schließlich da. Ein athletischer Scorer mit Two-Way-Potenzial, das war die Theorie, doch schon auf dem College gab es in Kansas viele Warnsignale, unter anderem als Wiggins bei March Madness bei einer Zweitrundenniederlage nur 4 Punkte erzielte und überhaupt nur 6 Würfe nahm. Konstanz blieb auch bei den Wolves ein Problem, auch wenn Wiggins in schöner Regelmäßigkeit 20 Punkte pro Spiel auflegte.
Wirklich effizient agierte der Kanadier dabei nie, auch nicht mit Karl-Anthony Towns oder kurzzeitig Jimmy Butler an seiner Seite. Mit seiner maximalen Vertragsverlängerung, die damals bereits umstritten war, entstand eine toxische Verbindung, Wiggins musste als Sündenbock herhalten. "Es ist nicht einfach, als Top-Pick solch eine Verantwortung zu schultern", merkte auch Warriors-Coach Steve Kerr im vergangenen Jahr an.