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NBA - 5 Gründe für den schwachen Saisonstart der Boston Celtics: Die Smart-Kritik führt ins Leere

Dennis Schröder hat seine Rolle in Boston noch nicht komplett gefunden.
© getty

Bei den Boston Celtics brennt nach dem schwächsten Saisonstart seit über zehn Jahren bereits früh der Baum, Marcus Smart attackierte unlängst seine Teamkollegen Jaylen Brown und Jayson Tatum. Diese tragen aber nur bedingt die Schuld am schwachen Saisonstart.

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Die Saison ist keine zehn Spiele "alt", da wird bereits fleißig überreagiert. Miami und Golden State spielen in den Finals gegeneinander, Phoenix steigt ab, und so weiter. Eigentlich sollte sich das auf die Beobachter beschränken, Spieler, Teams und Funktionäre predigen zum jetzigen Zeitpunkt normalerweise, dass Geduld angesagt und die Saison noch lang ist.

Außer in Boston. Dort scheinen nach einem 2-5-Start auch die Spieler voneinander genervt zu sein; nach der peinlichen Niederlage gegen die Bulls, in der die Celtics im letzten Viertel keinen Defensiv-Rebound holten, 11 eigene Punkte erzielten und einen 14-Punkte-Vorsprung verzockten (sonst war alles gut!), übte Marcus Smart sehr offene und sehr direkte Kritik an seinen Teamkollegen Jayson Tatum und Jaylen Brown.

"In jedem Scouting Report steht, dass man die beiden zum Passen zwingen muss. Sie wollen den Ball aber nicht abgeben", sagte Smart über die beiden All-Stars. Brown hatte diese Breitseite kaum verdient - er selbst sah den Ball im letzten Viertel quasi nicht mehr - aber sei's drum: Der Frust sprach aus Smart. Die gute Stimmung aus der Offseason hat die Celtics scheinbar schon wieder verlassen.

Doch was sind die Gründe für den Start, den sich die traditionsreiche Franchise so anders vorgestellt hatte?

1. Isolationen funktionieren nicht

Viel wurde in der Offseason darüber gerätselt, wie der neue Head Coach Ime Udoka sein Team offensiv spielen lassen würde. Erkennen lässt sich, dass vor allem Tatum häufiger in den Post geschickt wird und von dort initiieren soll, positiv fällt auf, dass die Freiwurfrate endlich gestiegen ist (immerhin Platz 11 aktuell).

Der Ball wird über weite Strecken des Spiels besser bewegt als in der vergangenen Saison - die Celtics verzeichnen fast genau 10 potenzielle Assists mehr. Sie schlagen bisher nicht genug Kapital daraus, der Ansatz ist dennoch richtig.

Ärgerlich hingegen ist, dass Boston weiterhin keine 30 Prozent seiner Abschlüsse am Ring nimmt, nur drei Teams schneiden schlechter ab. Dadurch machen sich die Celtics wie schon unter Brad Stevens abhängiger vom Sprungwurf, als sie es bei ihrem Personal sein müssten.

Gerade in den schwächsten Phasen verfallen die Celtics und ihre Stars zudem recht oft in alte Tendenzen. Es gibt viel Eins-gegen-Eins, was nicht per se schlecht sein muss, aber derzeit nicht funktioniert: Boston macht mickrige 0,74 Punkte pro Play aus Isolationen, läuft davon aber die fünftmeisten aller Teams.

2. Defensiv: Switching will gelernt sein

Im Prinzip haben die Celtics sehr gutes defensives Personal, zumal Al Horford bei seinem alten Team wieder wie der Alte wirkt und mehr Würfe denn je blockt. Dennoch reicht es bisher nur zu einem unterdurchschnittlichen Defensiv-Rating, Boston belegt Platz 19.

(Disclaimer: Zwei gute Spiele würden dieses Rating zum jetzigen Zeitpunkt deutlich verbessern und umgekehrt. Es ist noch früh.)

Ein Faktor dabei ist das Switching Scheme, das Udoka eingeführt hat. Boston schenkt gegnerischen Teams zu oft ohne Not das gewünschte Matchup, dabei macht es eben doch einen Unterschied, ob Grant Williams oder Dennis Schröder im Post verteidigen muss. Auch die Weakside-Hilfe passt oft noch nicht, es wirkt häufig, als müsse sich das gesamte Team noch an die neuen internen Defensiv-Regeln gewöhnen.

Apropos Regeln: Kein Team schickt den Gegner häufiger an die Freiwurflinie, es ist auch nicht knapp. Auch das ist ein Symptom von zu späten Rotationen, die irgendwie anderweitig ausgebügelt werden müssen.

Mit diesem Matchup darf Dennis Schröder nicht alleine sein.
© nba.com/stats
Mit diesem Matchup darf Dennis Schröder nicht alleine sein.

3. Tief ist immer noch etwas Anderes

Boston sollte eigentlich tiefer sein als in der Vorsaison, als kein Team mehr Corona-bedingte Ausfälle verkraften musste. Die Tiefe ist bisher allerdings nur bedingt zu sehen, zumal abgesehen von Tatum, Williams und Schröder alle Spieler schon mindestens bei einem Spiel nicht zur Verfügung standen.

Und die Spieler, die eingesetzt werden, sind im Normalfall nicht formstark. Schröder hatte schon seine Momente als Playmaker und Dreierschütze, aus dem Zweipunktebereich trifft er fürchterliche 35 Prozent. Aaron Nesmith blieb in vier Spielen ohne Punkt, Payton Pritchard trifft 28 Prozent, immerhin Williams und Romeo Langford sind solide gestartet. Josh Richardson ist auch bei diesem Team weit von dem Spieler entfernt, der er von 2017 bis 2019 mal in Miami war. Smart selbst trifft keine 30 Prozent aus dem Feld und empfiehlt sich gerade nicht für mehr Würfe.

Eine Folge davon: Boston hat die Werte eines richtig guten Teams, wenn Tatum und Brown gemeinsam spielen - in diesen Minuten erzielen die Celtics pro 100 Ballbesitze 9,4 Punkte mehr als der Gegner. Brown ohne Tatum steht hingegen bei -10,5; Tatum ohne Brown sogar bei -17,8!

Bei vielen Spielern in der Celtics-Rotation ist damit zu rechnen, dass sie sich steigern werden, das Ganze ist eine Momentaufnahme, auch bei Schröder. Aktuell haben die Celtics nur eben wieder das Problem, dass sie sehr abhängig von ihren Stars sind. Und dass einer von ihnen momentan schlichtweg nicht gut spielt.

4. Jayson Tatum hat keine Balance

26 Punkte, 8 Rebounds und 4 Assists legt Tatum im Schnitt auf, das klingt keineswegs übel. Er braucht dafür allerdings fast genau 25 Würfe, seine effektive Wurfquote liegt bei 44,2 Prozent, mit Abstand Career-Low. Er wirft die meisten Midrange-Jumper seiner Karriere und nimmt unter 30 Prozent seiner Abschlüsse am Ring. Er zieht anteilig knapp die wenigsten Shooting Fouls seiner Laufbahn.

In der Kombination klingt das durchaus übel, zumal er im letzten Viertel noch größere Probleme hat. Gerade gegen Chicago war es eklatant, wie viele machbare Würfe Tatum liegen ließ, er traf im Schlussviertel nur einen seiner acht Versuche, während das Spiel nahezu komplett am bis dahin besten Celtic Brown vorbeilief (zwei Würfe).

Immerhin hat er auch in dieser Saison schon gezeigt, dass es auch anders geht, als er gegen die Hornets 41 Punkte und 8 Assists auflegte und dabei einen klugen Pass nach dem anderen aus dem Ärmel schüttelte. Bisher eine Ausnahme, Tatums Assistzahlen sind gesunken, wobei die miesen Quoten seiner Mitspieler (siehe dieses Smart-Beispiel gegen Chicago!) dazu beitragen.

Tatum konzentriert sich zudem viel zu oft auf seinen Ärger mit den Schiedsrichtern, wenn diese ihm nach einem Drive nicht den erwünschten Pfiff geben. Sein restliches Team spielt dann in Transition Vier-gegen-Fünf, wenn überhaupt. Es ist schlichtweg kein guter Saisonstart für Bostons Franchise-Player. Und trotzdem ...

5. Closing Time

... Boston hat in sieben Spielen bereits fünf Overtimes absolviert. Gegen die Knicks, gegen die Bulls und mindestens im zweiten Spiel gegen die Wizards hätte man gewinnen können, wenn nicht sogar müssen. In all diesen Spielen wurden Führungen verzockt, die Celtics haben sich mehrfach eigentlich solide Leistungen selbst kaputtgemacht.

Gehen ein, zwei oder sogar drei dieser Spiele anders aus, dann hat Boston zwar auch keinen wirklich tollen Saisonstart hingelegt, und trotzdem fällt die Konversation völlig anders aus. Auch hier gilt also: Es ist Geduld angesagt, die Saison ist noch lang! Selbst wenn man die Celtics offenbar selbst daran erinnern muss.