Wie lief die Umstellung auf den College-Basketball? Für Sie war es sicherlich ein großer Schritt von Alba Berlin nach Michigan.
Wagner: Ich würde nicht sagen, dass die Umstellung einfach war, aber die Leute in Michigan haben mir extrem geholfen. Die Trainer haben mir von Anfang an viel Vertrauen gegeben und ich durfte viel spielen. Alles war neu, aber das Team hat mir sehr geholfen, mich ein wenig einzufinden. Spielerisch musste ich mich erstmal an den neuen Basketball gewöhnen. Aber auch generell, dass ich jetzt alleine wohne, weg von den Eltern, weg von allem, was ich kenne. Das war die größte Umstellung. Aber es war auch aufregend, dass man jeden Tag etwas Neues erlebt hat. Das war letztendlich auch genau das, was ich wollte. Ich bin sehr glücklich mit der Entscheidung.
Können Sie uns schildern, wie die Entscheidung zustande kam?
Wagner: Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Bei Alba war alles, wie ich es wollte, ich durfte viel spielen in der vergangenen Saison und die Trainer haben mir viel Vertrauen und die Chance gegeben, dass ich mich weiterentwickle. Auf der anderen Seite war ich mir unsicher, ob ich direkt Basketball-Profi werden wollte. Denn das würde ich dann für ein paar Jahre machen. Deswegen habe ich mich für eine andere Lebenssituation entschieden, dass ich noch etwas anderes erleben kann. Und auch basketballerisch fand ich, dass ich am College noch viel lernen kann, weil das Spiel anders ist und andere Sachen wichtig sind. Das war keine Entscheidung gegen Alba - wie gesagt, die Situation war super - sondern mehr für das College, für eine neue Situation.
Franz Wagner: "... das ist ein richtig geiles Gefühl"
Moe hat in Michigan noch unter Coach John Beilein gespielt, mittlerweile steht Juwan Howard an der Seitenlinie. Der Ex-NBA-Star hat sie als Top-Rekrut umworben, wie liefen für Sie Ihre Anfänge am College?
Wagner: Es hat nicht geholfen, dass ich mich gleich am Anfang verletzt hatte, dann musste ich sowieso erstmal meinen Rhythmus finden. Die ersten Trainingseinheiten musste man sich neu justieren, weil die Sachen ein bisschen anders angegangen werden als in Europa. Aber Juwan hat es mir extrem einfach gemacht, weil er uns Freiheiten gegeben hat und er wollte, dass wir unser Spiel spielen. Ich durfte viel spielen und selbst, wenn ich mal etwas falsch gemacht oder ein paar Würfe hintereinander verworfen habe, habe ich das Vertrauen von ihm gehabt. Das war sehr wichtig für mich.
Gleichzeitig hatten Sie auch einige Momente, in denen es richtig gut lief. Ende Februar haben Sie gegen Purdue mit 22 Punkten Ihre Karrierebestleistung aufgelegt, in gleich mehreren Spielen haben Sie vier Dreier versenkt, unter anderem gegen Oregon vor eigenem Publikum. Wie war da die Stimmung?
Wagner: Das ist auf jeden Fall etwas anderes als in Europa, wenn du in so einer College-Halle spielst und die ganzen Studenten rasten aus. Wenn du ein paar Dinger hintereinander triffst, das ist ein richtig geiles Gefühl. Ich glaube, das wird hier mehr willkommen geheißen, wenn ein Spieler ein bisschen mehr Emotionen zeigt als vielleicht in Europa.
Franz Wagner: Seine College-Statistiken 2019/20
Spiele | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | Steals | FG% | 3FG% |
27 | 30,8 | 11,6 | 5,6 | 1,0 | 1,3 | 45,2 | 31,1 |
Coach Howard, selbst eine Wolverines-Legende, kann auf eine 19-jährige NBA-Karriere und zwei Championships mit LeBron James und den Miami Heat zurückblicken. Kann er den jungen Spielern mehr mitgeben als vielleicht andere Coaches ohne diese Erfahrung?
Wagner: Wenn man ihn am Campus sieht, merkt man sofort, was für eine wichtige Figur er ist. Alle kennen ihn. Das war beeindruckend. Aber wenn du mit ihm redest, dann ist er ein ganz normaler Mensch, wie ein Kumpel, mit dem du quatschen kannst. Er hat natürlich ein paar Geschichten aus seiner Zeit in der NBA erzählt. Das macht ihn aus, dass man mit ihm ganz normal reden kann und man für eine kurze Zeit vergisst, dass er der Head Coach ist.
Wie ist es für Sie, mit dem Wagner-Trikot aufzulaufen? Werden Sie oft auf Ihren älteren Bruder angesprochen?
Wagner: Also am Anfang hat es mir auch geholfen, dass mich ein paar Leute wegen ihm kannten. Aber natürlich will ich mein eigenes Ding machen. Deswegen arbeite ich jeden Tag hart, dass ich weiterhin so gut spielen und mich weiter verbessern kann. Aber na klar, ich wusste, dass diese Vergleiche kommen werden. Aber damit hab ich auch kein großes Problem, ich mag Moe ja.
Welche Ziele setzen Sie sich kurzfristig, aber auch langfristig mit Blick auf die NBA?
Wagner: Ich will einfach den nächsten Schritt machen. Ich versuche, nicht so weit nach vorne zu schauen. Es gibt ein paar Sachen, bei denen ich mich verbessern kann und das will ich in der nächsten Saison umsetzen: Dass ich ein bisschen facettenreicher spielen kann, dass ich körperlich stärker werde. Das ist momentan das größte Manko. Ich muss noch stärker werden, wenn ich irgendwann auf höherem Level spielen will. Daran werde ich hart arbeiten. Ich will nur gewinnen, darum geht es mir eigentlich. Dieses Jahr hatten wir noch nicht einmal die Chance, in der Postseason was zu bewirken, deswegen sind wir alle umso heißer auf die nächste Saison.
Franz Wagner über Moe: "Ich bin der bessere Videospieler"
Worin lag für Sie die größte Herausforderung nach dem Umzug nach Ann Arbor?
Wagner: Das Zimmer sauber zu halten, war eigentlich das schwierigste. (lacht) Das ist immer recht unordentlich gewesen. Und ansonsten: Das Zeitmanagement ...
(Moritz Wagner kommt ins Zimmer und unterbricht das Interview "Alter, wie sieht es denn hier aus, wie bei einem Messi zuhause.")
Ist es cool, dass der große Bruder wieder in der Nähe ist, oder nervt es eher?
Wagner: Manchmal nervt es auch, aber ich glaube, das kennen alle, die Geschwister haben. (lacht) Aber ernsthaft, ich freue mich sehr, dass wir ein bisschen Zeit miteinander haben.
Wie sehen Ihre Pläne für die nächsten Tagen und Wochen aus? Oder leben Sie von Tag zu Tag und schauen, welches Videospiel als nächstes gezockt wird?
Wagner: Ein bisschen ist es leider so. Natürlich will ich irgendwann nach Deutschland, aber dort ist die Situation ja sehr, sehr ähnlich, dass man nicht rausgehen sollte. Einen richtigen Plan habe ich nicht.
Was wird im Hause Wagner gezockt und wer ist besser an der Konsole?
Wagner: Wir haben "Call of Duty: Black Ops" gespielt - zum ersten Mal. Ich glaube, generell bin ich der bessere Videospieler. Mal schauen, ob er in den nächsten Wochen besser werden kann ...