Die Situation in Oklahoma City ist in der NBA relativ einzigartig. Die Thunder befinden sich eigentlich mitten im Rebuild, sind dafür aber auf dem Papier viel zu gut besetzt. Mit Chris Paul, Shai Gilgeous-Alexander, Danilo Gallinari und Stevens Adams starten vier Spieler, die allesamt All-Star-Potenzial haben - und Dennis Schröder ist kein zu unterschätzender Kandidat für den Award als Sixth Man of the Year.
Dieses Team steht mit elf Siegen bei 13 Niederlagen auf dem neunten Platz in der Western Conference, gleichauf mit den Kings (Platz 7) und Suns (Platz 8). Dennoch haben die Verantwortlichen zuletzt klar gemacht, dass man bereit sei, das Team auseinanderzubrechen.
Die Stars könnten abgegeben werden, um im Gegenzug auch langfrisitge, teure Verträge aufzunehmen, die mit Draft-Picks und jungen Talenten schmackhaft gemacht werden. Diese ungewisse Zukunft für einen Großteil des Kaders sorgt beim Team von Head Coach Billy Donovan für Gedankenlosigkeit - im positiven Sinne.
NBA: Oklahoma City setzt auf Dennis Schröder
"Wir zocken einfach", konstatierte CP3 nach dem deutlichen Sieg über die Utah Jazz am Dienstag. "Ich denke, wir haben gerade einfach Spaß. Natürlich ist es schön, zu gewinnen, aber am Ende des Tages ist es gut, dass wir uns gegenseitig anfeuern und alle zusammenhalten."
Besonders einer hat dabei richtig Spaß: Dennis Schröder. Der Deutsche scheint den Frust der verpatzten WM endlich abgelegt zu haben und dreht seit Anfang Dezember richtig auf. Er kommt über die bisherigen sechs Spiele in diesem Monat auf einen Punkteschnitt von 20,8 Zählern und trifft dabei vor allem von Downtown richtig stark (43,3 Prozent). Die Bilanz der Thunder in diesen Spielen: 4-2. Das freut auch Donovan.
"Wir wollen, dass er mit Selbstvertrauen spielt. Das Team glaubt an ihn. Ich glaube an ihn", sagte der OKC-Coach, nachdem Schröder gegen Utah mit 27 Zählern bester Scorer des Teams war - genau wie zwei Tage später gegen die Kings. Dass er dabei so wenige Assists auflegt (3,5 im Schnitt) wie seit seiner Rookie-Saison nicht mehr, ist bezeichnend für die neue Rolle von DS17.
Dennis Schröder hat sich an neues Spielsystem angepasst
Im Gegensatz zu Atlanta-Zeiten, als der 26-Jährige als primärer Ballhandler den Spalding nur ungern aus der Hand gab (87 Touches pro Spiel 2017/18), hat er bei OKC nun gar keine andere Wahl. In der vergangenen Saison gab es neben Russell Westbrook (91,1 Touches pro Spiel) und Paul George (59,7 Touches) schlichtweg weniger freie Possessions für Schröder (55,2 Touches), in dieser Saison verteilt sich die Last auf mehreren Schultern.
Das Guard-Trio um DS17, Paul und Gilgeous-Alexander teilt die Aufgabe des balldominanten Spielers unter sich auf (alle zwischen 61 und 72 Touches), wobei Schröder vor allem als Shooter zum Einsatz kommt und sich Off-Ball bewegt - mit Erfolg. In den 128 Minuten, die drei Guards in dieser Saison zusammen auf dem Court stehen, legen sie ein überragendes Net-Rating von +25,2 auf, Platz zwölf in der Liga.
"Ich glaube, ich habe es verstanden", gab Schröder kürzlich zu Protokoll. "Ich will dem Team einfach helfen, Spiele zu gewinnen. Ich glaube, ich habe mich angepasst. Wir haben ein neues System, jeder berührt den Ball öfters und das Ball-Movement ist besser."
Dennis Schröder: Effizient wie noch nie zuvor
Vor allem von Westbrook und Point God CP3 hat der Deutsche dabei stark profitiert. "Mit Chris Paul haben wir einen Anführer, der viel mit uns spricht", führte Schröder weiter aus und erklärte, dass er auch in der Vorsaison viel von seinem damaligen Backcourt-Partner gelernt habe: "Einfach wie er jeden Tag angeht, sein Rhythmus, was er auf und abseits des Courts macht, das ist fantastisch."
Während Schröder in den vergangenen Jahren noch deutlich mehr für seinen Punkte arbeiten musste, profitiert er diese Saison von der Übersicht seiner Teamkollegen. Um das mit Zahlen zu unterlegen: 2017/18 (letzte Hawks-Saison) waren noch 75 Prozent seiner Würfe unassistiert, 18/19 waren es 66 Prozent, in dieser Saison sind es "nur noch" 56 Prozent. Seine Feldwurfquote ist dabei so hoch wie noch nie (46 Prozent), gleiches gilt für seine True-Shooting-Percentage (54,6 Prozent) und auch die Anzahl an (unnötig) schweren Abschlüssen hat sich merklich reduziert.
Durch diese Entlastung in der Offensive kann sich der Deutsche zudem mehr auf die defensiven Aufgaben konzentrieren. Er legt derzeit Career-Highs in Rebounds sowie Blocks auf, das ESPN Real Plus-Minus (3,36, Platz 19 ligaweit) spricht für ihn, auch das Defensive Rating (100,2) ist das zweibeste seiner Karriere, nur getoppt von der Saison 2016/17, als die Hawks ohnehin eine der besten Verteidigungen der gesamten Liga stellten. Natürlich sind all diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen, eine positive Tendenz ist aber klar zu erkennen.
Dennis Schröder: Zukunft bei den Oklahoma City Thunder?
Wie es um die Zukunft von Schröder in Oklahoma City bestellt ist, lässt sich aber auch aus dem tiefsten Zahlensalat nicht herauslesen. Wenn am 15. Dezember die im Sommer verpflichteten Free Agents getradet werden dürfen, wird sich der ein oder andere Thunder-Spieler schon bald in einem neuen Team wiederfinden.
Ob das bei Schröder der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Zuletzt gab es immer mal wieder Gerüchte um ein Interesse der New York Knicks, auch die Orlando Magic und Minnesota Timberwolves sind generell realistische Optionen. Sicher ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nur, dass Schröder seinen Marktwert mit zuletzt guten Leistungen nach oben getrieben hat, alles andere liegt in der Hand von Sam Presti und Co.
"Kontrolliere, was du kontrollieren kannst und zock einfach weiter", meinte auch Veteran Paul, der vor der Saison eher aus Versehen bei den Thunder strandete und jetzt das Beste aus seiner Situation macht. "Diese Dinge kannst du nicht kontrollieren, aber was wir kontrollieren können, ist wie wir jede Nacht spielen." Das nimmt sich ganz offensichtlich auch Schröder zu Herzen.
Dennis Schröders Statistiken in der Saison 2019-20
Spiele | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Assists |
24 | 29,4 | 16,8 | 46 | 32,8 | 3,7 | 3,4 |