Es war ein etwas seltsames Bild, als Kevin Love seine Unterschrift unter seine Vertragsverlängerung bei den Cleveland Cavaliers setzte. Der Forward wurde vom Team überrascht und in die Quicken Loans Arena gebeten, die gerade umgebaut wird. Provisorisch gab es ein kleines Podium, davor sammelten sich zahlreiche Bauarbeiter mit Helmen und schauten zu, wie er sein Kürzel setzte.
Richtig gehört. Kevin Love ist der neue und unumstrittene Franchisespieler der Cavs, das macht die Verlängerung um vier Jahre für 120 Millionen Dollar deutlich. Aus der Big Three um ihn, Kyrie Irving und LeBron James ist Love nun der "last man standing". Wer hätte dies vor einigen Jahren für möglich gehalten? Alleine dass er trotz Unmengen an Trade-Gerüchten vier Jahre in Ohio überlebte, ist bemerkenswert.
"Hier wollte ich immer sein", erklärte Love nach seiner Unterschrift. "Es waren natürlich harte Zeiten mit all diesen Gerüchten, die alle paar Monate aufkamen. Ich hoffe aber, dass dies nun endet. Dass ich nun wieder unterschrieben habe und weiter ein Teil dieser Franchise sein darf, macht mich stolz."
Kevin Love war stets der Sündenbock
Schon vor der Championship 2016 wäre es um den Forward zur Trade Deadline beinahe geschehen gewesen, auch vergangenen Sommer war Love im Prinzip schon weg, bevor der Trade mit Paul George und Indiana in letzter Sekunde platzte.
Als wäre dies nicht genug gewesen, war Love immer der perfekte Prügelknabe - für die Medien, aber auch für die Mitspieler. Da war der legendäre Fit-In-Tweet von LeBron, der auch im stillen Kämmerlein immer wieder Love herausforderte. Auch die unsägliche Saga mit Isaiah Thomas, der Love in der Kabine und teilweise auch öffentlich anzählte, machte Love zum Sündenbock.
Love blieb, ließ es über sich ergehen, ging in die Öffentlichkeit und sprach über den immensen Druck und Panikattacken, die die Knochenmühle NBA bei ihm hervorrief. Nur eines tat er nicht: Weglaufen. Es wäre verständlich gewesen, wenn Love in der vergangenen Saison einen Trade gefordert hätte, er tat es nicht. "Die NBA ist ein fragiles Gebilde", erklärte Love damals Jason Llyod (The Athletic). "Ich weiß nicht, ob ich noch einmal eine solche Chance zu gewinnen bekommen werde."
Die Cavs setzen auf Love als Franchisespieler
Daraus wurde bekanntlich im Sommer nichts mehr, die Warriors waren zu stark. LeBron ist weg, Kyrie seit letztem Sommer und Thomas zur Deadline aus der Stadt gejagt. Viele spekulierten, dass Loves Schicksal in The Land stark an die Entscheidung von James geknüpft sein würde - ein Irrglaube.
Die Cavs machten schnell klar, dass sie Love nicht traden wollen, ein kompletter Rebuild war damit vom Tisch. "Seine Loyalität stand in den vier Jahren, die er hier ist, nie in Frage", versicherte GM Koby Altman nach dem Abschluss des Deals. "Das ist für mich ein wichtiges Zeichen. Er möchte Teil dieser Franchise und ein Leader sein. Ich denke, das hat er sich verdient."
Was nämlich in der Vergangenheit oft unter den Tisch gekehrt wurde, war, dass Love weiterhin ein All-Star ist, der vergangene Saison 17,6 Punkte und 9,3 Rebounds als zweite Option auflegte. 61,4 Prozent True Shooting bei einer Usage Rate von mindestens 25 Prozent legten gerade einmal drei andere Spieler auf: LeBron, Kevin Durant und James Harden - eine sehr nette Gesellschaft.
Kann Love ein Team führen?
Stattdessen wurde der Fokus in der Öffentlichkeit daraufgelegt, was Love nicht kann und das ist offensichtlich seine Defense, auch wenn ihm der Wille darin nicht abzusprechen ist. Offensiv entwickelte sich Love nach seinem Trade aus Minnesota durchaus weiter. Der Big verlagerte sein Spiel zunehmend nach draußen und nahm fast sechs Dreier pro Spiel - und traf bärenstarke 41,5 Prozent.
Viel hatte natürlich auch mit LeBron zu tun, der ihm offene Würfe in Hülle und Fülle generierte, weswegen auch die Frage gestellt werden muss, ob Love dies auch alleine bestätigen kann. In Minnesota legte er pro Nacht 24 Zähler und 13 Rebounds auf, wenn er dies nun auch in Ohio bringt, dann ist dies kurzfristig ein echtes Plus.
Trotz dieser Zahlen führte er die Wolves jedoch nie in die Playoffs, wobei das Team nie wirklich gut war und Minnesota stets vom Verletzungspech verfolgt schien. Auch Love bildete da keine Ausnahme. In drei seiner sechs Jahre im hohen Norden machte der Sunnyboy 60 oder weniger Spiele, auch die vergangenen beiden Jahre in Cleveland waren gepflastert mit kleinen Wehwehchen und vor allem einigen Knochenbrüchen.
Lieber Kevin Love als ein Rebuild
Das ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko, welches die Cavs nun eingehen. Love wird im September 30 Jahre alt, seine Prime dürfte sich langsam dem Ende nähern. Mit 34 Jahren wird er in seinem letzten Vertragsjahr über 33 Millionen Dollar kassieren. Dass Love dann noch immer eine Double-Double-Maschine sein wird, darf bezweifelt werden.
Und dennoch ist man in Cleveland froh, diesen Deal gemacht zu haben. Der Rebuild bleibt damit aus, stattdessen wird wie The Q lediglich renoviert und die Kräfte neu gebündelt. Zu frisch sind die Erinnerungen an die furchtbare Saison 2010/11, als LeBron seine Heimat erstmals verließ. Die Cavs mutierten zu einer Lachnummer und verloren zwischenzeitlich 26 Spiele am Stück.
Der Preis waren zwar drei No.1-Picks (Irving, Anthony Bennett, Andrew Wiggins), doch selbst bis zur Rückkehr des verlorenen Sohnes waren die Cavs nicht mehr als bestenfalls ein Borderline-Playoff-Team. Eine solche Konstellation wollte das Management diesmal vermeiden.
Die Statistiken von Kevin Love in der NBA
Jahr | Team | Spiele | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds |
2008/09 | Wolves | 81 | 25,3 | 11,1 | 45,9 | 10,5 | 9,1 |
2009/10 | Wolves | 60 | 28,6 | 14,0 | 45,0 | 33,0 | 11,0 |
2010/11 | Wolves | 73 | 35,8 | 20,2 | 47,0 | 41,7 | 15,2 |
2011/12 | Wolves | 55 | 39,0 | 26,0 | 44,8 | 37,2 | 13,3 |
2012/13 | Wolves | 18 | 34,3 | 18,3 | 35,2 | 21,7 | 14,0 |
2013/14 | Wolves | 77 | 36,3 | 26,1 | 45,7 | 37,6 | 12,5 |
2014/15 | Cavs | 75 | 33,8 | 16,4 | 43,4 | 36,7 | 9,7 |
2015/16 | Cavs | 77 | 31,5 | 16,0 | 41,9 | 36,0 | 9,9 |
2016/17 | Cavs | 60 | 31,4 | 19,0 | 42,7 | 37,3 | 11,1 |
2017/18 | Cavs | 59 | 28,0 | 17,6 | 45,8 | 41,5 | 9,3 |
Cavs wollen in die Playoffs
In Cleveland ist man überzeugt, dass man mit diesem Kader um die Playoffs spielen kann, wie auch Love noch einmal betonte. "Es ist kein Rebuild für mich. Wir haben Spieler, die in den Finals ihre Qualität gezeigt haben und wir haben junge Leute, die bereit sind zu lernen und sich zu verbessern." Damit meinte Love vor allem Rookie-Spielmacher Collin Sexton, Larry Nance oder Cedi Osman, die nun mit Love für die neuen Cavs stehen werden.
Andererseits blieb Cleveland auch nicht viel übrig. Trotz all des Hohns und Spotts, der sich über den Supporting Cast von LeBron in den Playoffs ergoss, muss festgehalten werden, dass die Cavs jede Menge gestandene Spieler haben, die lediglich auf der allergrößten Bühne überfordert waren. Spieler wie George Hill, J.R. Smith oder Tristan Thompson sind solide NBA-Spieler, die aber einfach überbezahlt sind und (auch mit Recht) daran gemessen wurden.
Kurzfristig verbauen sich die Cavs mit der Love-Verlängerung ohnehin sehr wenig. Der Pick 2019 gehört noch den Hawks (Protection: 1-10) und die dicken Verträge von Hill, Jordan Clarkson, Smith sowie Thompson laufen erst 2020 aus, erst dann stünde Love ziemlich alleine da. Möglich wäre auch, dass RFA Rodney Hood, Nance und Osman dann neue Verträge unterschrieben haben, doch selbst dann dürften die Cavs rund 70 Millionen Dollar an Cap Space zur Verfügung haben.
Love-Trade nur kurzfristig vom Tisch
Doch wer weiß: Vielleicht haben die Cavs Love bis dahin dann tatsächlich getradet. Für sechs Monate wird der fünffache All-Star seine Ruhe haben, dann könnte Cleveland ihn wieder verschiffen. Durch den neuen Vertrag ist zumindest sein Trade-Value wieder gestiegen. Ein Markt für einen Love mit auslaufenden Deal war einfach nicht da, dafür gab es um Love zu viele Fragezeichen (Defense, Alter, Verletzungen).
Auszuschließen ist dies nicht, aber wie es scheint, haben sich die Cavs bewusst für Love als das neue Gesicht der Franchise entschieden. Als Small-Market-Team soll nicht getankt werden, stattdessen sammelt man sich und will weiter relevant bleiben. Einiges ist neu bei den Cavs, doch vieles bleibt beim Alten. Wie in The Q werden lediglich einige Dinge ausgebessert.