NBA

LeBron James und die neuen Cavaliers: Kein Homerun, sondern ein Grand Slam

Die neuformierten Cleveland Cavaliers haben ihre ersten beiden Spiele gewonnen
© getty

Die Cleveland Cavaliers haben nach der verheerenden Niederlage mit 148 kassierten Punkten Revanche an den Oklahoma City Thunder genommen und in fremder Halle überzeugend gewonnen. Die Cavs präsentierten sich runderneuert und zeigten eine Leistung, die an alte Glanzzeiten erinnerte.

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Ja, es sind bisher nur zwei Spiele, doch wie Cleveland nach der Trade Deadline erst die Boston Celtics und nun die Oklahoma City Thunder bespielte und über große Teile dominierte, war beeindruckend. Es waren nicht nur die Neuzugänge Jordan Clarkson (14 Punkte, 6/10 FG), Rodney Hood (14, 4/8 Dreier) oder Larry Nance Jr. (13, 9 Rebounds, 3 Blocks), die Einfluss nahmen, sondern auch ein J.R. Smith, der wie verwandelt wirkte und gleich seine ersten fünf Dreier versenkte (am Ende 6/9 Triples).

Es weht ein frischer Wind durch die Organisation, nachdem vor der Trade Deadline 13 von 20 Spielen in die Binsen gegangen waren, teilweise auf peinlichste Art und Weise. Die Körpersprache aller Akteure ist verbessert, vorbei sind die Sequenzen, als sich die Protagonisten gegenseitig beschuldigten und in Transition gemütlich nach hinten trabten, wenn es zum Beispiel Missverständnisse und sinnlose Ballverluste gab.

In Oklahoma City trat Cleveland konzentriert auf, nur 7 Ballverluste konnte die hochgelobte Thunder-Defense (wenn auch ohne Andre Roberson) generieren. LeBron James hatte zwar wieder einige Phasen, in denen er den Ball sehr lange hielt, doch ansonsten lief die Offense der Cavs flüssig, wenn auch simpel - was bei vier Spielern, die integriert werden wollen, allerdings auch sinnvoll ist. So lassen sich 51 Prozent aus dem Feld und 44 Prozent von Downtown (16/36) durchaus sehen.

Cavs: Thompson sieht weiter alt aus

Auch die schon fast legendär schlechte Defense der Cavs zeigte sich verbessert und diszipliniert. Machte Russell Westbrook vor wenigen Wochen noch, was er wollte, schränkte Cleveland diesmal die Kreise des amtierenden MVPs deutlich besser ein. Westbrook verbuchte am Ende zwar 21 Punkte und 12 Assists, dafür musste er allerdings auch ordentlich arbeiten (7/19 FG).

Die große Schwachstelle offenbarte sich dabei einmal mehr unter dem Korb. Steven Adams deckte dies schonungslos auf und schnappte sich einen Fehlwurf seiner Mitspieler nach dem anderen. 12 Offensiv-Rebounds waren sogar für einen Spezialisten wie ihn ein neues Career High (zuvor 9). Gerade Tristan Thompson, selbst ein Experte in dieser Disziplin, war hoffnungslos unterlegen und wirkte mal wieder ziemlich alt.

Es war also nur folgerichtig, dass der vor Energie nur so strotzende Nance die letzten 16 Minuten des Spiels auf der Center-Position durchspielte. Auch er konnte zwar Adams am offensiven Glas nicht völlig eliminieren, dafür unterband er das berüchtigte Pick'n'Roll mit Westbrook effektiv und war so einer der Garanten dafür, dass Cleveland zum Ende des dritten Viertels eine zweistellige Führung etablierte, die das Spiel entschied.

LeBron James hat wieder Spaß

Da fiel es auch nicht mehr ins Gewicht, dass James im Schlussabschnitt unauffällig blieb und nicht an seine überragenden ersten 30 Minuten anknüpfen konnte. Am Ende standen dennoch starke 37 Punkte (14/23 FG), wovon 14 alleine in den ersten fünf Minuten des dritten Viertels erzielt wurden. Hier wurde eine Weisheit bestätigt: 'Wenn LeBron seine Jumper trifft, ist er nicht zu stoppen' - auch nicht von einem elitären Verteidiger wie Paul George.

"Wir waren heute überall und haben uns gegenseitig geholfen", frohlockte James nach dem Spiel bei TNT. "Auch wenn es Phasen gab, in denen wir nicht so gut waren, haben wir es während des Spiels korrigiert. Das ist sehr wichtig." LeBron kann es seinen neuen Mitspielern aber gerade im Angriff leicht machen, sich zu integrieren. Egal ob Hood oder Hill, der King wird seine Schützen finden, auch wenn sie nur einen Bruchteil einer Sekunde freistehen.

"Es macht gerade richtig Spaß", freute sich auch Clarkson. "Jeder spielt für den Anderen, es ist egal, wer scort. Wir penetrieren, machen Plays. So soll Basketball sein."

Lue legt die Sturheit ab

Im Moment ist Hill der einzige neue Teil der Starting Five, die zudem aus Smith, Rookie Cedi Osman und Thompson besteht. Irgendwann wird auch Kevin Love zurückkehren, vermutlich wird er den Türken ersetzen. Die jetzige Formation ist vom Talent her sicher nicht die beste Aufstellung, doch Coach Tyronn Lue zeigte sich nicht stur wie noch in der Vergangenheit und belohnte in der Crunchtime die Bankspieler (Clarkson, Nance, Jeff Green), die sich diese Minuten mit guten Leistungen verdienten.

Von den fünf Reservisten, die Lue einsetzte, punkteten jeder außer Kyle Korver zweistellig. Die Bank Unit alleine funktioniert ebenfalls schon sehr gut und outscorte Boston und OKC mit 12 Punkten in nur 19 Minuten. In OKC verschaffte dieses Lineup LeBron eine ausgedehnte Pause, in der sie den Vorsprung auf 10 Zähler ausdehnen konnten.

Ein Grund, in Euphorie zu verfallen, ist das alles noch nicht. Es sind erst 96 Minuten Basketball gespielt, auch wenn die Gegner alles andere als Fallobst waren. Dennoch lassen sich erste Rückschlüsse ziehen: Die Cavs sind athletischer, tiefer und können flexibler auf Lineups des Gegners reagieren. Am wichtigsten dürfte aber die Komponente sein, dass Cleveland nun mehr switchen kann, ohne dass daraus schwerwiegende Nachteile entstehen.

Cavaliers: Mehr Flexibilität, mehr Tiefe

Der Unterschied von Hill zu Derrick Rose/Isaiah Thomas oder Hood zu Dwyane Wade dürfte niemandem entgangen sein. Es ist kein Zufall, dass elitäre Verteidigungen (Warriors, Rockets, Raptors, Heat) einen Stil pflegen, bei dem viel geswitcht wird.

Es ist schon verrückt, wenn man keine zwei Wochen zurückblickt und ein quasi totes Team ohne Leben und Freude zu sehen bekam. Nun lässt sich ein grinsender LeBron zu folgendem Statement hinreißen: "Das Schlimmste für uns ist, dann nun der All-Star Break kommt." Solch eine Aussage wäre vor nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen, als der King noch von "Strugglesville" sprach, wenn es um sein Team ging. Dass Isaiah Thomas in fast jedem Interview gegen die Cavs stichelt, wird er nur noch mit einem müden Lächeln wahrnehmen, es gibt schließlich Wichtigeres.

Der Osten muss sich warm anziehen, die Karten im Rennen um die Krone der Eastern Conference scheinen neu gemischt. Ein anonymer gegnerischer Verantwortlicher kam gar nicht aus dem Schwärmen heraus, als er nach GM Koby Altman und dessen Tätigkeiten rund um die Deadline gefragt wurde. "Wir sollten uns alle vor ihm verneigen", sagte der Executive gegenüber Dave McMenamin von ESPN. "Das war ein unfassbarer Tag. Es war kein Homerun, diese Trades waren ein Grand Slam."

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